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Todesregen

Todesregen

Titel: Todesregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Norden weitergegangen, in derselben Richtung wie vorher. «
    Im Rückspiegel sah Molly nur strömenden Regen und die von den Reifen in die Luft gewirbelte Gischt.
    Mithilfe eines cleveren Anwalts hatte Render erfolgreich auf Unzurechnungsfähigkeit plädiert und dadurch eine Haftstrafe vermieden. Die letzten zwanzig Jahre hatte er in einer Reihe psychiatrischer Anstalten verbracht. Zuerst war er in einer Hochsicherheitsabteilung gewesen, aber mit jeder Verlegung war er in eine weniger restriktive Umgebung gekommen und immer großzügiger behandelt worden.
    Therapien und Medikamente hatten ihm geholfen, langsam, aber stetig aus seiner psychischen Finsternis herauszukommen.
Das behaupteten jedenfalls die Psychiater. Ihre Berichte bestanden allerdings aus weitschweifigen Formulierungen und verwirrendem Fachjargon, womit lediglich verhüllt wurde, dass es sich bei ihren Schlussfolgerungen nur um Meinungen handelte, die nicht von Fakten gestützt wurden.
    Dennoch behaupteten sie, er bedaure inzwischen seine Taten, womit er sich nach ihrer Philosophie angenehmere Lebensbedingungen und häufigere Therapiesitzungen verdient hatte. Falls aus seinem Bedauern irgendwann Reue werden sollte, würde man ihn womöglich für rehabilitiert und, unter bestimmten Umständen, sogar für geheilt ansehen.
    Im vergangenen Sommer war sein Fall turnusgemäß gerichtlich überprüft worden. Dabei hatten die Gutachter seinen Zustand unterschiedlich beurteilt. Einer empfahl, ihn unter Aufsicht freizulassen, doch zwei andere widersprachen dieser Empfehlung, weshalb Render weitere zwei Jahre der Obhut einer psychiatrischen Anstalt anvertraut worden war.
    »Was haben diese Idioten bloß getan?«, überlegte Molly, und in ihrer Erregung trat sie zu stark aufs Gas.
    Irgendwie fürchtete sie, im Rückspiegel würde früher oder später Render auftauchen und sie mit übermenschlicher Gewandtheit und Geschwindigkeit verfolgte.
    »Wenn sie ihn rausgelassen haben«, sagte sie, »dann sind diese Arschlöcher genauso krank wie er.«
    »Hör mal, wir wissen doch gar nicht, was jenseits dieser Berge draußen in der weiten Welt geschieht«, wandte Neil ein. »Außer, dass offenbar alles zusammenbricht. Da bleibt bestimmt nicht jeder Matrose auf jedem sinkenden Schiff auf seinem Posten. «
    »Jeder ist sich selbst der Nächste«, sagte Molly. »Da sind wir jetzt gelandet – falls wir nicht immer schon da waren.«

    Das Straßenpflaster war glitschig von Öl und Wasser. Sie spürte, wie die Reifen den Kontakt verloren, brachte jedoch nicht den Mut auf, den Fuß vom Gaspedal zu nehmen. Dann fand das Profil im Asphalt wieder Halt, und der Vierradantrieb verhinderte, dass der Wagen ins Rutschen kam.
    »Die letzte Anstalt, in die er verlegt wurde«, sagte Neil, »war nicht gerade von der Sorte, in der es ausbruchsichere Zellen, Stahltüren und Zwangsjacken gibt.«
    Molly entfuhr ein kurzes, bitteres Lachen. »Ein Fernseher in jedem Zimmer. Pornozeitschriften auf Bestellung, wegen ihres therapeutischen Werts. Jeden Nachmittag Fünfuhrtee, Krocket auf dem großen Rasen. Zimmerservice für alle, die bei Strafe der strengsten Missbilligung versprechen, die Dienstmädchen nicht zu vergewaltigen und umzubringen.«
    Sie war in einer düsteren Laune, die ihr neu war, und die, so spürte sie, gefährlich werden konnte, wenn sie sich ihr hingab.
    »Wenn das Personal abgehauen ist«, sagte Neil, »und es ist bestimmt abgehauen, dann haben sich die Insassen von Türen mit normalen Schlössern und von Drahtglasfenstern bestimmt nicht lange aufhalten lassen. «
    »›Wir nennen sie nicht Insassen‹«, zitierte Molly einen der Psychiater, »›wir nennen sie Patienten!‹«
    »Aber die letzte Anstalt, wo man ihn untergebracht hat, die ist weit weg im Norden. «
    »Vierhundert Kilometer von hier«, präzisierte Molly.
    »Das Unwetter, dieser Albtraum … es ist doch noch gar nicht so lange her, dass das begonnen hat.«
    Das stimmte. Wenn Molly überlegte, mit welcher Schnelligkeit die gewohnte Ordnung sich in Chaos verwandelt hatte, kroch blankes Entsetzen durch die dunkleren Flure ihrer Psyche. Konnte die menschliche Zivilisation tatsächlich weltweit innerhalb weniger Stunden, in keinem halben
Tag, so plötzlich zusammenbrechen, als wäre die Erde vom Aufprall eines gewaltigen Asteroiden erschüttert worden? Wenn der noch unsichtbare Gegner, der von den Sternen gekommen war, so rasch und ohne nennenswerten Widerstand eine uralte Zivilisation zu Fall bringen und die ganze

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