Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesregen

Todesregen

Titel: Todesregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
Vom Netzwerk:
Neonreklamen der verschiedenen Biermarken in den Fenstern waren die Jalousien heruntergezogen. Man konnte nirgendwo hineinschauen.
    Der Pakt, den Molly mit Neil geschlossen hatte – von nun an überall gemeinsam hinzugehen, Seite an Seite dem Tod ins Auge zu schauen, wenn es sein musste, und den anderen nicht allein sterben zu lassen –, musste modifiziert werden.
    Wenn sie beide hineingingen, um die Leute in der Kneipe davon zu überzeugen, dass eine tödliche Bedrohung im Keller unter ihren Füßen brütete, dann mussten die Kinder allein draußen bleiben und waren leichte Opfer.
    Nahmen sie die Kinder jedoch mit hinein, dann waren diese womöglich mit demselben Horror konfrontiert, vor dem sie in der Kirche gerettet worden waren – oder mit etwas noch Schlimmerem, da die stündliche Steigerung des Grauens offenbar die Spezialität des Feindes war.
    In diesem Fall und gelegentlich auch in der Zukunft mussten Molly und Neil sich daher trennen. Wenn sie nicht den Mut hatten, allein zu handeln, falls es nötig war, dann konnten sie jetzt gleich mit den Kindern, für die sie die Verantwortung übernommen hatten, zur Bank gehen und weitere Kinder, die ihre Hilfe brauchten, vergessen.
    Kinder wie Cassie da in der Kneipe.
    Neil wollte hineingehen, aber sie waren sich einig, dass derjenige, der bei den Kindern blieb, die Schrotflinte haben sollte.

    Molly deutete auf das leuchtende Fahrzeug, das im Nebel schwebte. »Das kann man mit der Flinte nicht herunterholen, aber eine Ladung Schrot wirkt sicher besser gegen Riesenkäfer und andere Biester als die Patronen in meiner Pistole.«
    Daraufhin versuchte Neil, ihr die Flinte aufzudrängen, doch sie weigerte sich. Sie hatte noch nie mit so einem Ding geschossen und fürchtete, der Rückstoß könnte sie zumindest so lange aus dem Konzept bringen, bis sie gelernt hatte, wie man ihn kompensierte.
    Nur ein Narr oder ein Selbstmörder wäre scharf darauf gewesen, in der Hitze des Gefechts den Umgang mit einer neuen Waffe zu lernen.
    Sie kamen überein, dass Neil auf der Straße bleiben sollte, um über die Kinder zu wachen.
    Bewaffnet mit ihrer Pistole, würde Molly in die Kneipe gehen, um den Leuten irgendwie beizubringen, dass es klüger war, das Weite zu suchen, und um zumindest Cassie da herauszuholen.
    Nirgendwo auf der Straße bewegte sich etwas im trübseligen Zwielicht. Nur der dünne violette Dunst trieb träge im atemlosen Morgen.
    Das Schweigen einer Fliege in Bernstein, eines im Stein verborgenen Fossils lag über Black Lake.
    Dann hörte man in der Ferne die klagende Stimme eines Mannes. Eine weinende Frau antwortete ihm, dann noch eine.
    Alle drei klangen überzeugend echt, als würden sie von ihren Gefühlen zerrissen, bis man wahrnahm, dass der Ausdruck ihres Kummers völlig identisch war.
    Der Morgen war wärmer geworden. Molly zog ihren Regenmantel aus.
    Vielleicht beobachteten die roten Bestien in den Bäumen sie aus der Entfernung. Ob sie wohl nur dort oben jagten oder auch heruntersprangen, um auf den Straßen zu töten?
Wahrscheinlich war das nicht so wichtig, denn wenn sie es nicht taten, dann irgendetwas anderes.
    Fünf Meter über ihr waberte der dicke, samtige Nebel wie ein Vorhang, der zwischen der sterbenden Menschheit und dem letzten Akt von Armageddon hing. In diesem Schauspiel, in dem der Mensch sowohl als tragischer Protagonist wie auch als Publikum fungierte, rückten die Bühnenarbeiter die Kulissen für den letzten Akt an Ort und Stelle.
    Wachsam schwebte das leuchtende Fahrzeug in der Luft. An den alles durchdringenden Röntgenblick seiner Insassen hatte Molly sich immer noch nicht gewöhnt. Sie fühlte sich gedemütigt, merkwürdig beschämt, war verängstigt und zornig.
    Dem Zorn ließ sie freien Lauf. Genau wie die Hoffnung wehrte er die Verzweiflung ab.
    Virgil stupste mit der Schnauze an ihre linke Hand, dann kehrte er zu seiner wachsamen Patrouille zwischen den Kindern und der toten Stadt zurück.
    Molly musste Neil nicht sagen, dass sie ihn liebte. Er wusste es, und sie wusste, was sie ihm bedeutete. Also sagten die beiden es sich, so gut es mit einem Blick, einer Berührung der Hände gesagt werden konnte.
    Ihre Pistole und eine Taschenlampe in den Händen, ging sie durch die Tür.

45
    In dunkelgelben Glaskugeln züngelten Flammen, genau wie vorher. Die Wände und die Decke von Russell Tewkes’ Lokal zitterten im Kerzenschein wie bemalte Vorhänge.
    Selbst die Luft schien zu leuchten und schuf die Atmosphäre eines von Engeln

Weitere Kostenlose Bücher