Todesreigen
Moment besser nicht allein sein. Wie wäre es, wenn du auf einen Drink mit Doris und mir vorbeikommst?«
»Ich will keinen verdammten Drink. Ich will die Wahrheit!«
»Schon gut, schon gut«, lenkte Sid schnell ein. »Aber du klingst ein bisschen durchgedreht, Mann. Lass mich vorbeikommen, und wir schauen uns zusammen ein Spiel an oder so was. Oder wir gehen die Straße rauf zu Joey’s.«
Wie konnte sie ihm das antun? Nach allem, was er für sie getan hatte! Er hatte sie ernährt, ihr ein Dach über dem Kopf gegeben, einen Lexus. Er befriedigte sie im Bett. Er gab sich alle Mühe, seine Zornesausbrüche unter Kontrolle zu halten. Und das eine Mal, als er sie geschlagen hatte… Verdammt, er hatte sich gleich darauf entschuldigt und ihr das Auto gekauft, um es wieder gutzumachen. Das alles tat er für sie, und sie wusste es überhaupt nicht zu schätzen.
Verlogene Nutte…
Wo, zum Teufel, war sie eigentlich? Wo?
»Was hast du gesagt, Den? Ich hab dich nicht verstanden. Hör zu, ich bin schon auf dem Weg…«
Er warf einen Blick auf den Hörer und legte ihn auf die Gabel.
Sid wohnte nur zehn Minuten entfernt. Dennis musste jetzt gleich aufbrechen. Er wollte den Mann nicht sehen. Er wollte nicht, dass sein Freund ihm das, was er jetzt tun musste, auszureden versuchte.
Dennis erhob sich. Er ging zu seiner Kommode und nahm etwas heraus, das
er
vor nicht allzu langer Zeit versteckt hatte. Einen Smith & Wesson Revolver, Kaliber .38.
Er zog seine Daunenjacke an – ein Geburtstagsgeschenk von Mary vom letzten Oktober; wahrscheinlich hatte sie die Jacke auf dem Weg zu einem Motel gekauft und sich dort mit ihrem Liebhaber getroffen – und ließ den Revolver in die Tasche gleiten. Er verließ das Haus, stieg in seinen Bronco und raste die Einfahrt entlang.
Dennis Linden ließ sich nicht zum Narren halten.
Er kannte jede einzelne Kneipe zwischen Marys Büro und ihrem Haus – Orte, an denen sie sich wahrscheinlich mit einem Geliebten verabreden würde. Aber er wusste auch, wo sie vermutlich auf dem Heimweg vom Einkaufszentrum einkehren würde. (Er schaute regelmäßig bei vielen dieser Lokale vorbei, um zu sehen, ob er sie dort entdecken würde.) Bis jetzt hatte er sie nicht erwischt, doch er spürte, dass er heute Abend Glück haben würde.
Und er hatte Recht.
Marys schwarzer Lexus stand vor dem Hudson Inn.
Schlingernd kam Dennis mitten auf der Auffahrt zum Stehen und sprang aus seinem Truck. Ein Paar auf dem Weg zur Ausfahrt musste ihm hupend ausweichen. Er hämmerte mit der Faust auf ihre Motorhaube und schrie: »Verpisst euch!« Verängstigt starrten sie ihn an. Er zog den Revolver aus der Tasche, trat ans Fenster des Lokals und warf einen Blick hinein.
Ja, da war seine Frau: blond, adrett, mit herzförmigem Gesicht. Und neben ihr saß ihr Geliebter.
Der Mann musste zehn Jahre jünger sein als Mary. Er war nicht gut aussehend und hatte einen Bauch. Wie konnte sie sich mit einer Gestalt wie ihm verabreden? Wie, um alles in der Welt? Er wirkte auch nicht reich – sein Anzug war ebenso billig wie stillos. Nein, es konnte nur einen Grund geben, sich mit ihm zu treffen… Er musste gut im Bett sein.
Dennis spürte den vertrauten metallischen Geschmack seiner Wut im Mund.
Und dann bemerkte er, dass Mary das marineblaue Kleid trug, das er ihr letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte! Er hatte absichtlich ein hochgeschlossenes gekauft, damit sie nicht vor jedem dahergelaufenen Kerl ihre Brüste zur Schau stellen konnte. Ihm wurde bewusst, dass sie es heute als eine Art Insiderwitz ausgewählt hatte – um ihn zu beleidigen. Dennis stellte sich vor, wie dieser Fettsack langsam die Knöpfe öffnete und seine Wurstfinger unter den Stoff gleiten ließ, während Mary Worte flüsterte, an die sich das fette Arschloch jedes Mal erinnern würde, wenn er die leere Weihnachtskarte anschaute.
Dennis Linden wollte schreien.
Er wandte sich abrupt vom Fenster ab und lief mit großen Schritten auf die Eingangstür des Lokals zu. Er öffnete sie, trat ein und stieß einen Kellner aus dem Weg. Der Mann ging zu Boden.
Der Oberkellner sah den Revolver und trat keuchend einen Schritt zurück. Mehrere Gäste reagierten auf dieselbe Weise.
Mary blickte ihn an, immer noch das Lächeln von ihrem Gespräch mit dem fetten Jüngling auf den Lippen. Plötzlich wurde ihr Gesicht weiß. »Dennis, Schatz, was…?«
»…ich hier tue?«, fuhr er sie sarkastisch an.
»Mein Gott, ein Revolver!« Der Liebhaber hob die Hände. Er
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