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Todesreigen

Titel: Todesreigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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kamen Dennis’ langjährige Depressionen, seine unkontrollierten Wutausbrüche und sein paranoides Verhalten ans Licht. Selbst der Staatsanwalt rückte von der Idee ab, ihn für verhandlungsfähig zu erklären. Allerdings ergaben sich deutliche Meinungsverschiedenheiten über die Art des Krankenhauses, in das er eingewiesen werden sollte. Der Staatsanwalt wollte ihn auf unbestimmte Zeit in einer Hochsicherheitsanstalt unterbringen, während Dennis’ Anwalt darauf drängte, ihn für ungefähr sechs Monate zur Beobachtung in eine nicht speziell gesicherte Klinik einzuweisen.
    Das Hauptargument der Verteidigung bestand darin, dass Dennis niemanden wirklich gefährdet hatte, da – wie sich herausstellte – der Schlagbolzen seiner Waffe entfernt worden war, so dass sie nicht abgefeuert werden konnte. Dennis, so erklärte sein Anwalt, hatte das gewusst und nur vorgehabt, den Leuten einen Schrecken einzujagen.
    Doch sobald er diesen Punkt vorgebracht hatte, sprang Dennis auf und schrie: Nein!, er wäre davon ausgegangen, dass der Revolver ordnungsgemäß funktionierte.
    »Verstehen Sie, der Schlagbolzen ist der Schlüssel zum gesamten Fall!«
    Sein Anwalt seufzte und ließ sich entnervt auf seinen Platz fallen, nachdem er vergeblich versucht hatte, Dennis zum Schweigen zu bewegen.
    »Können Sie mich als Zeugen vereidigen?«, fragte Dennis den Richter.
    »Dies ist kein Prozess, Mr. Linden.«
    »Aber ich darf etwas sagen?«
    »Also gut, reden Sie.«
    »Ich hab lange darüber nachgedacht, Euer Ehren.«
    »Tatsächlich?«, fragte der Richter gelangweilt.
    »Ja, Sir. Und jetzt hab ich es endlich herausbekommen.« Dennis schilderte die Dinge aus seiner Sicht: Mary, so erklärte er dem Richter, hatte mit irgendjemandem eine Affäre gehabt, vielleicht nicht mit ihrem Boss, aber mit
irgendwem
. Und sie hatte die Geschäftsreise nach San Francisco arrangiert, um ihn dort zu treffen.
    »Ich weiß das, weil ich auf die kleinen Dinge geachtet hab. Mein Freund hat mir geraten, auf die kleinen Dinge zu achten, und daran hab ich mich gehalten.«
    »Die kleinen Dinge?«, hakte der Richter nach.
    »Ja!«, sagte Dennis voller Nachdruck. »Genau damit hab ich angefangen. Verstehen Sie, sie wollte, dass ich Beweise finde.«
    Er holte zu weiteren Erklärungen aus: Mary wusste, dass er versuchen würde, sie umzubringen. Dabei würde er entweder erschossen werden oder hinter Gitter kommen. »Also hat sie den Schlagbolzen des Revolvers entfernt. Das Ganze war eine Falle.«
    »Haben Sie dafür irgendwelche Beweise, Mr. Linden?«, fragte der Richter.
    Natürlich hatte Dennis Beweise. Er zitierte aus den Wetterberichten, die bewiesen, dass es am Tag vor seiner Verhaftung weder geschneit noch geregnet hatte.
    »Und warum sollte das wichtig sein?«, fragte der Richter und tauschte einen Blick mit Dennis’ Anwalt, der resigniert die Augenbrauen hochzog.
    Sein Klient lachte. »Die feuchte Lasche, Euer Ehren.«
    »Was soll das bedeuten?«
    »Sie hat
doch
die Lasche des Umschlags angeleckt. Es lag nicht am Schnee, wie sie behauptet hat.«
    »Welcher Umschlag?«
    »Sie hat ihn zugeklebt, um mich glauben zu lassen, er wäre für ihren Geliebten. Um mir den letzten Anstoß zu geben. Dann hat sie ihn versteckt, weil sie wusste, dass ich sie beobachtete.«
    »Aha, ja, ich verstehe.« Der Richter machte sich an die Lektüre seiner Akten für den nächsten Fall.
    Dennis hielt inzwischen eine längere Rede, in der er sich ausführlich der Bedeutung unbeschriebenen Papiers widmete – und dass das Ungesagte oft viel schlimmer sein kann als das Gesagte. »Solch eine Nachricht, oder vielleicht sollte ich besser von einer
Nichtnachricht
sprechen, würde es definitiv rechtfertigen, die Ehefrau und ihren Geliebten zu töten. Stimmen Sie mir da nicht zu, Euer Ehren?«
    An diesem Punkt ließ der Richter Dennis aus dem Saal führen. Außerdem verfügte er eine Einweisung auf unbestimmte Zeit in die Westchester County Hochsicherheitsanstalt für geistesgestörte Kriminelle.
    »Mich hältst du nicht zum Narren!«, schrie Dennis seine tränenüberströmte Frau an, die in einer der hinteren Reihen des Gerichtssaals saß. Während die beiden Justizbeamten ihn gewaltsam durch die Tür schleppten, hallten seine verzweifelten Rufe scheinbar eine Ewigkeit durch das Gerichtsgebäude.
    Acht Monate später entdeckte der Pfleger, der im Spielzimmer der psychiatrischen Klinik Aufsicht führte, zufällig einen kurzen Hinweis in der Lokalzeitung, dass Dennis’ Exfrau wieder

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