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Todesreigen

Titel: Todesreigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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hatte keine Zeit. Am nächsten Tag wieder nicht, und auch nicht am übernächsten. Erst wurde ich sauer, dann paranoid. Hatte sie vor, du weißt schon, mich loszuwerden?
    Aber dann erklärte sie es mir. Sie arbeitete zwei Schichten, wann immer möglich. Ich dachte: Das ist doch irgendwie eigenartig. Ich meine, ihr Vater hat Geld wie Heu. Aber – es gab einen
Grund
. Sie ist genau wie ich. Unabhängig. Sie hat das College geschmissen, um im Krankenhaus zu arbeiten. Sie sparte ihr eigenes Geld, um reisen zu können. Sie wollte nichts ihrem alten Herrn verdanken.
Deshalb
liebte sie es so, mich reden zu hören, wenn ich ihr erzählte, wie ich mit siebzehn Kansas verlassen hatte und durchs Land und sogar in Übersee getrampt und hin und wieder in schwierige Situationen geraten war. Allison hatte es in sich, genau dasselbe zu tun. Mann, war das großartig. Ich find’s toll, eine Frau mit einem eigenen Kopf zu haben.«
    »Tust du das immer noch?«, fragte ich, doch Manko war immun gegen Ironie.
    »In meinem Hinterkopf sammelte ich all die Orte, an die ich mit ihr reisen wollte. Ich schickte ihr Ausschnitte aus Reisemagazinen. Aus dem
National Geographic
. Bei unserem ersten Treffen hatte sie mir von ihrer Liebe zur Poesie erzählt, also schrieb ich ihr Gedichte übers Reisen. Ist schon komisch. Nie in meinem ganzen Leben hatte ich irgendwas geschrieben – ein paar Briefe höchstens und irgendwelchen Mist in der Schule –, aber die Gedichte, Mann, sie flossen einfach aus mir raus. Hunderte.
    Na ja, und als Nächstes, wumm, sind wir verliebt. Verstehst du, darum geht es bei…
transzendenter
Liebe. Es passiert entweder gleich, oder es passiert gar nicht. Zwei Wochen, und wir waren total verliebt. Ich war bereit, ihr einen Heiratsantrag zu machen… Ah, ich sehe den Ausdruck auf deinem Gesicht, Frankieboy. Du hattest keine Ahnung, was im Manko-Mann so alles drinsteckt? Was soll ich sagen? Er ist eben doch der Ehemann-Typ.
    Ich ging zur Kreditgenossenschaft, borgte mir fünfhundert Dollar und kaufte ihr diesen Diamantring. Dann lud ich sie für Freitagabend zum Essen ein. Ich wollte der Kellnerin den Ring geben und sie bitten, ihn auf einen Teller zu legen und an den Tisch zu bringen, wenn wir den Nachtisch bestellen. Süß, was?
    Freitags arbeitete ich in der Spätschicht, von drei bis elf, wegen dem Bonus. Aber um fünf haute ich einfach ab, so dass ich um zwanzig nach sechs vor ihrem Haus stand. Überall parkten Autos. Allison kam raus und wirkte total nervös. Mein Magen drehte sich um. Irgendwas Eigenartiges lief ab. Sie sagte, dass ihre Mutter eine Party veranstaltete und es ein Problem gäbe. Zwei Dienstmädchen wären krank geworden oder so was. Allison müsste zu Hause bleiben und ihrer Mutter helfen. Mir kam das ziemlich merkwürdig vor.
Beide
werden am selben Tag krank? Sie sagte, sie würde mich am nächsten oder übernächsten Tag treffen.«
    Ich konnte genau den Moment erkennen, in dem ihm der Gedanke kam; seine Augen wurden tot wie Steine.
    »Aber es steckte mehr dahinter«, flüsterte Manko. »Verdammt viel mehr.«
    »Allisons Vater, meinst du?«
    Doch er erklärte noch nicht, was er meinte, und fuhr mit seiner Geschichte des gescheiterten Heiratsantrags fort.
    »Das war einer der schlimmsten Abende meines Lebens«, murmelte er. »Ich hatte die Arbeit geschwänzt, Schulden gemacht für den Ring, und jetzt konnte ich sie nicht mal fünf Minuten für mich haben. Mann, es war die reine Folter. Die ganze Nacht bin ich rumgefahren und bei Morgengrauen in meinem Wagen aufgewacht; unten bei den Eisenbahnschienen. Und als ich nach Hause kam, hatte sie keine Nachricht hinterlassen. Gott, war ich fertig.
    An dem Morgen rief ich sie im Krankenhaus an. Es tat ihr Leid wegen der Party. Ich wollte sie für den Abend einladen. Sie sagte, sie wollte nicht ausgehen, weil sie so müde wäre – die Party hatte bis zwei Uhr morgens gedauert. Aber wie es denn mit dem nächsten Abend wäre?«
    Mankos Augen begannen wieder zu leuchten. Ich schrieb es einer angenehmen Erinnerung an ihre Verabredung zu.
    Doch ich hatte mich geirrt.
    Seine Stimme klang bitter. »Oh, was für eine Lektion wir einstecken mussten. Es ist ein Fehler, deinen Feind zu unterschätzen, Frankie. Hör auf Manko. Tu das niemals. Das haben sie uns im Korps beigebracht.
Semper Fi.
Aber Allison und ich, wir wurden ohne Deckung erwischt.
    Am folgenden Abend fuhr ich zu ihr, um sie abzuholen. Ich wollte mit ihr zu diesem Felsvorsprung am Fluss fahren. Ein kleiner

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