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Todesreigen

Titel: Todesreigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Himmel. »Glaubst du an das Schicksal?«
    »Irgendwie schon.«
    »Heißt das ja oder nein?« Er legte die Stirn in Falten. Manko sprach immer geradeheraus und erwartete dasselbe auch von anderen.
    »Ja, mal mehr und mal weniger.«
    Die Liebe bezähmte seine Gereiztheit, und er grinste. Gutmütig tadelte er: »Das ist auch besser so. Also, wenn ich nicht dieses sechzig Pfund schwere Papier bearbeitet hätte, wenn ich nicht genau in diesem Moment ausgerutscht wäre, wenn sie nicht die Schicht einer kranken Freundin übernommen hätte, wenn, wenn, wenn… Verstehst du, was ich sage? Hab ich Recht?«
    Er lehnte sich in dem knarrenden Stuhl zurück. »Oh, Frankie, sie war fantastisch. Ich meine, da sitze ich, einfach so… mit diesem zehn Zentimeter langen Schlitz im Arm, zwanzig Stiche, ich hätte verbluten können, und ich denke nur das Eine: Dass sie die schönste Frau ist, die ich jemals gesehen hab.«
    »Ich hab ihr Foto gesehen.« Aber das hielt ihn nicht davon ab, sie zu beschreiben. Die bloßen Worte bereiteten ihm Vergnügen.
    »Ihr Haar ist blond. Goldblond. Natürlich, nicht aus der Flasche. Und gelockt, aber nicht künstlich wie bei einer toupierten Schlampe. Und ihr Gesicht, herzförmig. Ihr Körper… na ja, sie hat eine hübsche Figur. Dabei wollen wir es belassen.« Sein Blick enthielt eine Warnung. Ich wollte ihm schon versichern, dass ich keine unanständigen Gedanken über Allison Morgan hegte, als er fortfuhr: »Einundzwanzig Jahre alt.« Wie ein Echo meiner eigenen Gedanken fügte er verlegen hinzu: »Ganz hübscher Altersunterschied, was?«
    Manko war siebenunddreißig – drei Jahre jünger als ich –, was ich erst erfahren hatte, als ich ihn schon kannte und eigentlich vermutet hatte, er sei Ende zwanzig. Es fiel mir schwer, diese Schätzung nach oben zu korrigieren.
    »Ich hab sie eingeladen. Auf der Stelle. Noch in der Notaufnahme, glaub’s mir. Wahrscheinlich hat sie gedacht, wie werde ich diesen Primitivling los. Aber irgendwie war sie interessiert, jawohl. Ein Mann merkt das. Worte und Blicke, das sind zwei verschiedene Dinge, und irgendwie hab ich die Botschaft mit dem großen
H
empfangen. Sie behauptet, sie hätte diese Regel, nie mit einem Patienten auszugehen. Also sage ich. ›Und wenn Sie jemanden heiraten, und er verletzt sich bei einem Unfall die Hand, kommt in die Notaufnahme und trifft Sie dort? Dann wären Sie mit einem Patienten
verheiratet
.‹ Sie lachte und sagte, nein, das wäre irgendwie verkehrt herum gedacht. Dann kam dieser Notruf, irgendein Autounfall, und sie musste los.
    Am nächsten Tag kam ich mit einem Dutzend Rosen zurück. Sie tat so, als könne sie sich nicht an mich erinnern, und behandelte mich wie den Lieferanten vom Blumengeschäft. ›Oh, für welches Zimmer sollen die Rosen denn sein?‹
    Ich sagte: ›Die sind für Sie… wenn Sie in Ihrem Herzen ein
Zimmerchen
für mich haben.‹ Gut, gut, das war ein bescheuerter Spruch.« Der kompakt gebaute Exmarine spielte verlegen mit seiner Kaffeetasse. »Aber, hey, wenn er funktioniert, dann funktioniert er eben.«
    Da konnte ich ihm nicht widersprechen.
    »Die erste Verabredung war reine Magie. Wir haben im vornehmsten Restaurant der Stadt zu Abend gegessen. Französisch. Hat mich den Lohn von zwei Tagen gekostet. Es war peinlich, weil ich meine Lederjacke anhatte, obwohl man einen Anzug hätte tragen sollen.
So
ein Restaurant. Sie gaben mir einen Anzug, den sie in der Kleiderkammer hängen hatten und der noch nicht mal passte. Aber Allison war es egal. Wir haben darüber gelacht. Sie war fein herausgeputzt in einem weißen Kleid und trug einen blau-weiß-roten Schal um den Hals. Mein Gott, war sie schön! Wir haben locker, ich weiß nicht, drei, vier Stunden dort verbracht. Sie war ziemlich schüchtern. Hat nicht viel gesagt. Die meiste Zeit hat sie gestarrt wie unter Hypnose. Und ich, ich hab geredet und geredet, und manchmal hat sie mich ganz komisch angesehen und gelacht. Ich hab gemerkt, dass ich ziemlichen Unfug gequatscht hab, weil ich sie die ganze Zeit ansehen musste und mich nicht darauf konzentrieren konnte, was ich sagen wollte. Wir haben eine ganze Flasche Wein getrunken. Hat mich fünfzig Dollar gekostet.«
    Geld hatte Manko schon immer zur gleichen Zeit beeindruckt und kalt gelassen. Ich selbst bin nie auch nur annähernd reich gewesen, so dass Wohlstand mich einfach verwirrt.
    »Es war absolut großartig«, fuhr er verträumt fort und ließ die Erinnerung im Geiste an sich

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