Todesreigen
vorbeiziehen.
»Ambrosia«, schlug ich vor.
Er lachte auf seine typische Art – gleichzeitig amüsiert und spöttisch – und erzählte die Geschichte weiter. »Ich hab ihr alles von den Philippinen berichtet, wo ich eine Weile stationiert war, und darüber, wie ich durchs Land gezogen bin. Sie war an allem interessiert, was ich gemacht hatte. Sogar – na ja, vielleicht sollte ich sagen,
besonders
– an ein paar Dingen, auf die ich nicht so stolz war. Gaunereien, Autodiebstähle. Du weißt schon, als ich noch jung und draufgängerisch war. Solche Sachen, die jeder mal gemacht hat.«
Ich verkniff mir ein Lächeln. Rede von dir selbst, Manko.
»Dann leuchtete draußen auf einmal der Himmel. Feuerwerk! Da soll bloß jemand über Zeichen vom Himmel sprechen. Und weißt du, was los war? Es war der vierte Juli. Ich hatte es völlig vergessen, weil ich die ganze Zeit über nur an die Verabredung mit ihr gedacht hatte.
Deshalb
war sie rot, weiß und blau gekleidet. Wir sahen uns durchs Fenster das Feuerwerk an.«
Seine Augen strahlten. »Ich brachte sie nach Hause, und wir standen auf den Stufen zum Haus ihrer Eltern – damals wohnte sie noch bei ihnen. Wir redeten noch eine Weile, bis sie sagte, sie müsse ins Bett. Kapierst du? Sie hätte auch sagen können: ›Ich muss jetzt los.‹ Oder einfach: ›Gute Nacht.‹ Aber sie hat das Wort
Bett
untergebracht. Ich weiß, wenn man verliebt ist, dann sucht man nach solchen Botschaften. Nur war es in diesem Fall nicht so, dass Mankos Phantasie Überstunden gemacht hat, oh nein.«
Draußen hatte ein leichter Regen eingesetzt, und der Wind war aufgefrischt. Ich stand auf und schloss das Fenster.
»Am nächsten Tag konnte ich mich kaum auf die Arbeit konzentrieren. Ich dachte ständig an ihr Gesicht, ihre Stimme. Keine Frau hat mich jemals so berührt. In der Pause rief ich sie an, um mich mit ihr fürs nächste Wochenende zu verabreden. Sie freute sich und sagte, sie sei froh, von mir zu hören. Das hat den Tag perfekt gemacht. Verdammt, es hat meine
Woche
perfekt gemacht. Nach der Arbeit ging ich zur Bibliothek, um ein paar Dinge nachzuschlagen. Über ihren Nachnamen, zum Beispiel. Ich hab herausgefunden, dass Morgan – wenn man es etwas anders buchstabiert – im Deutschen
Morgen
bedeutet. Außerdem hab ich ein paar Einzelheiten über ihre Familie ausgegraben. Sie waren reich. Steinreich. Das Haus in Hillborne war nicht ihr einziges. Sie besaßen außerdem eines in Aspen und eines in Vermont. Oh, und ein Apartment in New York.«
»Eine Zweitwohnung.«
Wieder sein kurzes Lachen. Das Lächeln verschwand. »Und dann war da ihr Vater. Thomas Morgan.« Er starrte in seine Kaffeetasse wie ein Wahrsager auf die Teeblätter. »Er ist einer von den Typen, die man vor hundert Jahren als Tycoon bezeichnet hätte.«
»Wie würdest du ihn denn heute bezeichnen?«
Manko lachte grimmig, als hätte ich einen klugen, aber grausamen Witz gemacht. Er hob die Tasse hoch – um mir zuzuprosten, wie es aussah – und fuhr fort: »Er hat eine Firma geerbt, die Dichtungen und Düsen und solches Zeug produziert. Er ist einsfünfundsechzig und
zäh
. Sehr kräftig, aber ohne ein Gramm Fett. Trägt einen nach unten hängenden Schnurrbart, und seine Augen mustern dich, als wärst du ihm total gleichgültig. Aber gleichzeitig schätzt er dich ganz genau ab, als würde er jeden deiner Fehler kennen, jeden schmutzigen Gedanken, den du jemals hattest.
Wir haben uns nur kurz gesehen, als ich Allison nach Hause brachte, und da wusste ich, irgendwoher
wusste
ich einfach, dass wir irgendwann aneinander geraten würden.«
»Und ihre Mutter?«
»Allisons Mom? Sie gehört zur feinen Gesellschaft. Sie flattert von einem Anlass zum nächsten, hat Allison mir gesagt. Mann, was für ein großartiges Wort.
Flattern
. Ich kann mir vorstellen, wie die Alte zum Bridge oder zu Teepartys geht. Allison ist ihr einziges Kind.« Plötzlich verdüsterte sich seine Miene. »Wie ich später festgestellt hab, erklärt das eine ganze Menge.«
»Was denn?«, fragte ich.
»Warum ihr Vater mich dermaßen aufs Korn genommen hat. Dazu komme ich noch. Nun hetz den Manko-Mann mal nicht, Frankie.«
Ich lächelte respektvoll.
»Unsere zweite Verabredung lief sogar noch besser als die Erste. Wir haben irgendeinen Film gesehen, ich weiß nicht mehr, welchen, und dann fuhr ich sie nach Hause…« Er verstummte. Nach einer Weile fuhr er fort: »Danach hab ich mehrere Tage lang versucht, mich mit ihr zu verabreden, aber sie
Weitere Kostenlose Bücher