Todesreigen

treffen.«
    »
Was?
«
    »Es muss eine Falle sein«, erklärte Harper.
    Loesser schüttelte angewidert den Kopf. Genau das hatte ihm Sorgen bereitet. Von dem Moment in seinem Büro an, als er ihre Blicke auf den Gewehren der Polizeistation hatte ruhen sehen, war ihm klar gewesen, dass sie fest entschlossen war, Dales Verfolgungen auf die eine oder andere Art ein Ende zu setzen. Loesser hatte versucht, die Situation im Blick zu behalten, und Kari mehrfach in den letzten Wochen zu Hause angerufen. Ihr Auftreten hatte ihn beunruhigt. Sie wirkte gelöst, beinahe fröhlich, selbst dann, wenn Dale am üblichen Platz direkt vor ihrem Haus in seinem Wagen saß. Loesser konnte daraus nur schließen, dass ihre Entscheidung gefallen war und dass sie auf eine günstige Gelegenheit wartete.
    Und die war, so schien es, heute Abend gekommen.
    »Wo will sie ihn treffen? In ihrem Haus?«
    »Nein. Am alten Pier hinter der Charles Street.«
    Verdammt, dachte Loesser. Der Pier war der perfekte Schauplatz für einen Mord – es gab kein einziges Haus in der Nähe, und von den größeren Straßen war das Gelände praktisch nicht einsehbar. In der Nähe waren Stufen, die zu einem Schwimmdock hinunterführten, wo Kari, oder jemand, den sie engagiert hatte, die Leiche problemlos im Meer verschwinden lassen konnte.
    Allerdings wusste sie nichts von der Wanze in Dales Telefon – und dass sie ihren Absichten auf die Spur gekommen waren. Wenn sie Dale umbrächte, würde sie verhaftet werden. Sie würde lebenslänglich für einen geplanten Mord bekommen.
    Loesser schnappte sich seinen Mantel und sprintete zur Tür.
    Schleudernd kam der Streifenwagen neben dem Maschendrahtzaun an der Charles Street zum Stehen. Loesser sprang heraus und blickte zum etwa hundert Meter entfernten Pier.
    Durch den Nebel und Regen hindurch konnte der Detective die verschwommenen Umrisse David Dales in einem Regenmantel ausmachen, der einen Blumenstrauß umklammerte und langsam auf Kari Swanson zuging. Die hochgewachsene Frau stand mit dem Rücken zu Dale, ihre Hände auf dem verrottenden Geländer, und blickte hinaus auf den aufgewühlten grauen Atlantik.
    Der Detective rief Dale zu, er solle stehen bleiben. Doch die Geräusche von Wind und Wellen waren ohrenbetäubend – weder der Stalker noch sein Opfer konnten ihn hören.
    »Hilf mir rüber!«, schrie Loesser seinem Assistenten zu.
    »Du willst…«
    Der Detective selbst formte eine Trittstufe aus Harpers Händen, stellte seinen rechten Fuß hinein und schwang sich dann über die Kante des Maschendrahtzauns. Er verlor die Balance und landete auf der anderen Seite unsanft auf dem felsigen Boden.
    Als der Polizist wieder auf die Beine gekommen war und sich neu orientiert hatte, war Dale noch sieben Meter von Kari entfernt.
    »Ruf Verstärkung und einen Krankenwagen!«, rief er Harper zu und lief dann den matschigen Hang zum Pier hinunter, wobei er die Waffe aus dem Halfter zog. »Keine Bewegung! Polizei!«
    Doch er sah, dass er zu spät kam.
    Plötzlich drehte Kari sich um und ging auf Dale zu. Loesser konnte über das Brüllen der Wellen hinweg keinen Schuss hören. Auch war es unmöglich, durch den dichten Regen irgendwelche Details zu erkennen. Doch hatte David Dale offensichtlich einen Schuss abbekommen. Er griff sich mit beiden Händen an den Brustkorb, ließ die Blumen fallen, stolperte nach hinten, fiel und blieb auf dem Pier liegen.
    »Nein!«, stieß Loesser hoffnungslos hervor, als ihm klar wurde, dass er selbst der Augenzeuge sein würde, der Kari Swanson ins Gefängnis bringen würde. Doch als erfahrener Profi hielt er seine Gefühle in Schach und folgte den Vorschriften buchstabengetreu. Er hob seine Pistole, zielte auf das Model und rief: »Auf den Boden, Kari! Sofort!«
    Sie war verblüfft über das plötzliche Auftauchen des Polizisten, tat aber sofort, was er ihr befahl, und legte sich mit dem Gesicht nach unten auf das nasse Holz des Piers.
    »Hände auf den Rücken!«, befahl Loesser und lief zu ihr hin. Eilig legte er ihr Handschellen an, dann wandte er sich zu David Dale um, der sich zwischen den zerdrückten Rosen mühsam auf seine Knie hocharbeitete. Dabei krümmte er sich und heulte schmerzerfüllt auf. Wenigstens war er noch am Leben. Loesser rollte Dale auf den Rücken und riss sein Hemd auf, um die Einschusswunde zu finden. »Bleiben Sie ruhig. Bewegen Sie sich nicht!«
    Doch er konnte keine Einschussstelle entdecken.
    »Wo sind Sie getroffen worden?«, schrie der Detective. »Reden Sie