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Todesreigen

Titel: Todesreigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Nate unsicher.
    »Du lebst in einer anderen Welt als wir«, fuhr der Deputy verzweifelt fort. »Wir kennen Lesters Sorte. Wir leben täglich in dieser Kloake.«
    »Kloake?«
    »Du glaubst, du kannst einfach den Mund halten, und alles ist in Ordnung«, mischte Ed sich ein. »Aber so funktioniert das nicht. Wir kennen Lester. Wir wissen, wozu er in der Lage ist.«
    »Wozu denn?«, fragte Nate und versuchte, tapfer zu klingen. Doch seine zitternden Hände verkrampften sich in seinem Schoß.
    »Dich mit seinem verdammten Messer zu bearbeiten, was glaubst
du
denn?«, brüllte Boz. »Gott im Himmel. Du
kapierst
es einfach nicht, was?«
    Sie spielten das Guter-Bulle-böser-Bulle-Spiel. Im
Handbuch der Polizeiarbeit
gab’s einen ganzen Abschnitt darüber.
    »Nimm mal an, du verrätst ihn jetzt nicht«, erklärte Ed freundlich. »Er kommt auf freien Fuß. Was meinst du wohl, wie lange er braucht, um dich zu finden?«
    »Weil er mich für einen Augenzeugen hält, meint ihr?«
    »Er wird dich finden und aufschlitzen«, fuhr Boz ihn an. »In null Komma nichts. Und langsam wird es mir auch egal.«
    »Ruhig«, sagte Ed zu seinem Partner, »lass uns ruhig mit dem armen Kerl reden.«
    Dann schaute er in Nates verängstigtes Gesicht. »Wenn wir ihn allerdings wegen bewaffnetem Raubüberfall und Mordversuch drankriegen… Dann wandert er für dreißig Jahre in den Knast. Und du bist in Sicherheit.«
    »Ich will ja das Richtige tun«, sagte Nate. »Aber…« Seine Stimme verlor sich.
    »Boz, er will uns helfen. Ich weiß, dass er das will.«
    »Das will ich auch«, erklärte Nate ernsthaft, kniff die Augen zusammen und dachte angestrengt nach. »Aber ich kann nicht lügen. Ich
kann
es nicht. Mein Dad… Ihr erinnert euch doch an meinen Dad? Er hat mir beigebracht, niemals zu lügen.«
    Sein Dad war ein Niemand gewesen, der nicht mal schwimmen konnte. Das war alles, was sie über seinen Dad wussten. Boz zog das klebrige Hemd ein Stück von seinem fetten Oberkörper weg und untersuchte die dunklen Schweißflecken unter seinen Armen. Seufzend ging er langsam in einem Kreis um den Jungen herum.
    Nate zuckte kaum merklich zusammen, als fürchtete er, noch einmal seine Turnschuhe zu verlieren.
    Schließlich sagte Ed in lockerem Tonfall: »Nate, du weißt ja, dass wir unsere Meinungsverschiedenheiten hatten.«
    »Na ja, ihr Jungs habt in der Schule oft auf mir herumgehackt.«
    »Oh Mann, wirklich? Das waren doch nur Neckereien«, erklärte Ed mit ernsthafter Stimme. »Das haben wir nur bei denen gemacht, die wir gut leiden konnten.«
    »Wirklich?«, fragte Nate.
    »Aber manchmal«, fuhr Ed fort, »sind wir vielleicht ein bisschen übers Ziel hinausgeschossen. Du weißt doch, wie es ist? Wenn man Blödsinn macht, steigert man sich irgendwie rein.«
    Keiner der beiden glaubte, dass dieser kleine Salamander sich
jemals
irgendwo reingesteigert hatte (verdammt noch mal, ein Mann treibt wenigstens
irgendeinen
Sport).
    »Hör zu, Nate, lass uns die Vergangenheit begraben.« Er streckte ihm die Hand entgegen. »Ich entschuldige mich für den ganzen Mist, den wir gebaut haben.«
    Nate starrte auf Eds fleischige Hand.
    Ich glaub’s nicht, dachte Ed, jetzt fängt er an zu heulen. Er warf Boz einen Blick zu, der daraufhin erklärte: »Das gilt auch für mich, Nate.« Das
Handbuch der Polizeiarbeit
besagte, dass der böse Bulle, wenn ein Thema bis zur Erschöpfung durchgenudelt ist, sich besinnt und anfängt, sich wie ein guter Bulle zu benehmen. »Tut mir Leid, was wir gemacht haben.«
    Ed sagte: »Nun komm schon, Nate. Was sagst du? Lass uns unsere Differenzen begraben.«
    Nates gespenstisches Gesicht wandte sich erst dem einen, dann dem anderen Deputy zu. Er nahm Eds Hand und schüttelte sie vorsichtig. Ed hätte sie anschließend am liebsten abgewischt. Stattdessen lächelte er und sagte: »Also, von Mann zu Mann, was kannst du uns sagen?«
    »Okay, ich hab jemanden gesehen. Aber ich kann nicht beschwören, dass es Lester war.«
    Ed und Boz tauschten kühle Blicke aus.
    Nate fuhr hastig fort: »Wartet. Lasst mich erzählen, was ich gesehen hab.«
    Boz – der über die schlechtere Handschrift, aber die bessere Rechtschreibung verfügte –öffnete ein Notizbuch und begann zu schreiben.
    »Ich saß lesend auf meiner Veranda.«
    Pornographie wahrscheinlich.
    »Und hörte Musik.«
    »Ich liebe dich, Satan. Nimm mich, nimm mich, nimm mich…«
    Ed zeigte ein ermutigendes Lächeln. »Sprich weiter.«
    »Gut. Ich hörte ein Auto auf der Barlow Road. Ich

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