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Todesreigen

Titel: Todesreigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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drüben. Schau mal.«
    Er deutete auf die Grasfläche jenseits des Zauns.
    »Was ist denn?«, fragte Doug.
    »Ich hab ein paar Kaninchen gesehen.«
    »Wirklich? Wo?«
    »Ich zeige sie dir. Komm.«
    »Okay. Dann mal los«, sagte Doug.
    Sie erreichten den Zaun. Plötzlich streckte Doug die Hand aus und ergriff Petes Gewehr. »Ich halte es fest, während du rüberkletterst. Das ist sicherer.«
    Gott… Pete erstarrte vor Schreck. In diesem Moment wurde ihm klar, dass Doug genau das tun würde, was er selbst geplant hatte. Denn es war seine Absicht gewesen, Dougs Gewehr für ihn zu halten. Genau in dem Moment, wo Doug über den Zaun kletterte, hatte er ihn erschießen wollen. Damit es nachher so aussähe, als hätte Doug versucht, mit dem Gewehr hinüberzuklettern, das ihm aber aus der Hand rutschte, wobei sich ein Schuss löste.
    Roy verließ sich auf eine alte Regel der Polizeiarbeit: Wenn etwas nach einem Unfall aussah, dann handelte es sich auch um einen Unfall…
    Pete machte keine Bewegung. Er glaubte, etwas Sonderbares in Dougs Augen zu erkennen, etwas Bösartiges und Sarkastisches. Es erinnerte ihn an Mos Gesichtsausdruck. Ein einziger Blick in diese Augen genügte, um zu begreifen, wie sehr Doug ihn hasste und wie sehr er Mo liebte.
    »Soll ich zuerst rüber?«, fragte Pete, immer noch wie erstarrt. Er überlegte, ob er einfach weglaufen sollte.
    »Klar«, sagte Doug. »Du zuerst. Dann reiche ich dir die Gewehre rüber.«
    Seine Augen fragten: Du hast doch wohl keine Angst, über den Zaun zu klettern, oder? Du hast doch keine Angst, mir den Rücken zuzuwenden, oder?
    Dann schaute auch Doug sich um.
    Auf der Suche nach Zeugen, wie Pete es getan hatte.
    »Na los«, ermunterte ihn Doug.
    Pete – dessen Hände jetzt vor Angst zitterten – begann zu klettern. Er dachte: Das war’s. Letzten Monat beim Motel bin ich zu früh abgehauen! Doug und Mo hatten weitergeredet und den Plan entwickelt, dass er mich hierher lockt, nett zu mir ist und mich bei der ersten Gelegenheit über den Haufen schießt.
    Jetzt fiel ihm wieder ein, dass Doug es gewesen war, der den Jagdausflug vorgeschlagen hatte.
    Aber wenn ich weglaufe, dachte Pete, wird er mich verfolgen und erschießen. Selbst wenn er mich in den Rücken trifft, wird er behaupten, es wäre ein Unfall gewesen.
    Roys Anwalt hatte vor den Geschworenen so argumentiert, dass sich die beiden Männer zwar auf dem Bergpfad begegnet waren und ein Kampf stattgefunden hatte, dass Hanks Sturz aber ein Unfall gewesen war. Er drängte die Geschworenen zu der Schlussfolgerung, dass Roy sich schlimmstenfalls der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht hatte…
    Er setzte den Fuß auf den untersten Draht und begann vorsichtig, hinaufzusteigen.
    Zweiter Draht…
    Petes Puls lag bei einer Million Schläge pro Minute. Er musste eine Pause einlegen, um sich die Hände abzuwischen.
    Er glaubte, ein Flüstern gehört zu haben, so als ob Doug mit sich selbst spräche.
    Er schwang sein Bein über den obersten Draht.
    Dann hörte er, wie ein Gewehr gespannt wurde.
    Heiser wispernd erklärte Doug: »Du bist tot.«
    Pete keuchte.
    Krach!
    Der kurze, zackige Knall einer Zweiundzwanziger hallte über das Feld.
    Pete schluckte einen Schrei hinunter und schaute sich um, wobei er beinahe vom Zaun gefallen wäre.
    »Verdammt«, murmelte Doug. Er entfernte sich ein Stück vom Zaun und deutete auf eine Baumreihe. »Eichhörnchen. Ich hab’s um fünf Zentimeter verfehlt.«
    »Eichhörnchen«, wiederholte Pete dem Wahnsinn nahe. »Und du hast es verfehlt.«
    »Fünf verdammte Zentimeter.«
    Mit zitternden Händen setzte Pete seine Kletterpartie fort und erreichte auf der anderen Seite den Boden.
    »Alles klar mit dir?«, fragte Doug. »Du siehst ein bisschen eigenartig aus.«
    »Mir geht’s prima«, erklärte er.
    Prima, prima, prima…
    Doug reichte Pete die Gewehre und stieg über den Zaun. Pete dachte kurz nach. Dann legte er seine Waffe auf den Boden und umklammerte Dougs Gewehr. Er hielt sich so dicht am Zaun, dass er direkt unterhalb von Doug stand.
    »Schau mal«, sagte Doug, als er den höchsten Punkt erreichte. Er schwang sein rechtes Bein hinüber, das linke befand sich noch auf der anderen Seite. »Dort drüben.« Er zeigte auf eine Stelle ganz in der Nähe.
    Keine sieben Meter entfernt von ihnen hockte ein graues Kaninchen mit hängenden Ohren.
    »Na los doch!«, flüsterte Doug. »Da hast du ein tolles Ziel.«
    Pete schulterte das Gewehr, dessen Lauf noch auf den Boden zeigte, und zielte dann

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