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Todesreigen

Titel: Todesreigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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losheulen. »Pete, ich hoffe, du fliegst möglichst bald wieder mit uns.«
    »Okay.«
    »Hey, was hast du denn an deinem Geburtstag vor?«
    »Ich weiß nicht«, antwortete er. Dann schaute er zu seiner Mutter hoch. »Ich hab gedacht, wir könnten vielleicht wandern gehen. In Colorado. Nur wir beide.«

Die ganze Welt ist eine Bühne
    Das Paar befand sich auf dem Rückweg vom Theater zur Themsefähre. Es war vier Stunden nach dem Anzünden der Laternen, und sie durchquerten eine ausgestorben wirkende, schäbige Gegend Südlondons.
    Eigentlich hätten Charles und Margaret Cooper längst zu Hause bei ihren kleinen Kindern und Margarets Mutter, einer Pestwitwe, sein sollen, die mit ihnen in einem kleinen Haus aus Lehmziegeln in Charing Cross wohnte. Doch sie hatten ihre Zeit im Globe verbummelt, um Will Shakespeare zu besuchen, den Charles Cooper zu seinen Freunden zählte. Shakespeares und Charles’ Familien hatten vor langer Zeit benachbarten Landbesitz am Avon besessen, und ihre Väter waren gelegentlich gemeinsam auf die Falkenjagd gegangen oder hatten in einer der Schenken Stratfords zusammen ihr Bier getrunken. Der Dramatiker war um diese Jahreszeit viel beschäftigt – im Gegensatz zu manchen Theatern in London, die schlossen, wenn der Hof den Sommer über die Stadt verließ, gab das Globe ganzjährig Vorstellungen. Doch er hatte es geschafft, sich ein wenig Zeit für die Coopers zu nehmen, um mit ihnen Jerez-Sherry und Rotwein zu trinken und sich über die neuesten Theaterstücke zu unterhalten.
    Das Ehepaar ging nun schnellen Schrittes durch die dunklen Straßen – in den Vororten südlich des Flusses gab es nur wenige verlässliche Laternenanzünder – und achtete sorgfältig darauf, wohin es seine Füße setzte.
    Es war ein kühler Sommerabend, und Margaret trug ein schweres, hinten geschnürtes Leinenkleid und ein enges Mieder. Da sie verheiratet war, hatte sie ein hochgeschlossenes Kleid an, das ihre Brüste bedeckte, doch mied sie die bei älteren verheirateten Frauen übliche Haube aus Filz oder Biberfell und trug stattdessen nur Seidenbänder und ein paar Stücke Glasschmuck im Haar. Charles trug einfache Kniehosen, Hemd und Lederweste.
    »Es war ein wunderbarer Abend«, sagte Margaret. Sie klammerte sich fester an seinen Arm, als sie an eine Biegung der schmalen Straße gelangten. »Ich danke dir, mein Mann.«
    Das Paar genoss seine Theaterbesuche sehr, doch Charles’ Weinimportfirma hatte erst kürzlich begonnen, Profit abzuwerfen, so dass den Coopers wenig Geld für ihr privates Vergnügen blieb. Bis zu diesem Jahr hatten sie tatsächlich nur den Penny für einen Stehplatz bezahlen können, zusammengedrängt mit vielen anderen Besuchern auf der mittleren Galerie des Theaters. Seit kurzem allerdings begann Charles’ Fleiß erste Früchte zu tragen, so dass er seine Frau heute Abend mit Sitzplätzen zu drei Pence auf der Empore überrascht hatte, wo sie auf Kissen gesessen und gemeinsam Nüsse und eine für die Jahreszeit frühe Birne zu sich genommen hatten.
    Hinter ihnen ertönte ein Schrei, der sie beide erschreckte. Charles fuhr herum und erkannte, ungefähr fünfzehn Meter entfernt, einen Mann mit schwarzem Samthut und ausgebeultem, zerfleddertem Wams, der einem Reiter auswich. Es sah so aus, als hätte der Mann versucht, die Straße möglichst schnell zu überqueren, und dabei das Pferd nicht bemerkt. Vielleicht bildete Charles es sich nur ein, oder die schlechte Beleuchtung gaukelte ihm etwas vor, doch er hatte den Eindruck, dass der Fußgänger aufschaute, Charles’ Blick bemerkte und sich daraufhin hastig in eine Seitengasse schlug.
    Um seine Frau nicht zu beunruhigen, erwähnte Charles den Mann mit keinem Wort und setzte stattdessen die Unterhaltung fort. »Vielleicht besuchen wir im nächsten Jahr das Black Friars.«
    Margaret lachte. Selbst manche Peers scheuten die sechs Penny Eintritt in jenem Theater, auch wenn die Örtlichkeiten klein und luxuriös waren und die begabtesten Schauspieler dort auftraten. »Vielleicht«, entgegnete sie zweifelnd.
    Charles warf noch einen Blick zurück, entdeckte aber keine Spur des Mannes mit dem Hut.
    Als sie allerdings um die Ecke auf die Straße bogen, die zur Fähre führte, tauchte ebendieser Mann aus einer angrenzenden Gasse auf. Er musste gelaufen sein, um ihnen den Weg abzuschneiden, und trat jetzt schwer atmend auf sie zu.
    »Ich bitte Euch, Sir, Madam. Nur eine Minute Eurer Zeit.«
    Bloß ein Bettler, vermutete Charles. Manchmal allerdings

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