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Todesreigen

Titel: Todesreigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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hochzog, registrierte Alex befriedigt, dass – wie bei seinen anderen Opfern hier und in Connecticut – die Anspannung, die sich in ihm angestaut hatte, augenblicklich verschwand, ziemlich genau in dem Augenblick, in dem sein Opfer starb. Außerdem stellte er fest, dass der Trick, den verletzten Angler zu spielen, immer noch dazu taugte, seine Opfer in Sicherheit zu wiegen. Zugegebenermaßen war er noch ein wenig besorgt wegen der Bekanntmachung des Sheriffs – irgendjemand musste ihn zum Zeitpunkt des letzten Mordes wahrgenommen und sich an ihn erinnert haben. Ach was, sagte er sich, ich muss mir nur einen neuen Angelplatz suchen. Vielleicht war die Zeit reif, es einmal in Jersey zu probieren.
    Langsam ließ er den Mann zu Boden sinken, wo er zitternd auf dem Rücken liegen blieb. Alex warf einen Blick in Richtung der Straße, doch der Park war noch menschenleer. Mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht beugte er sich hinab und untersuchte den Mann vorsichtig. Nein, er war noch nicht ganz tot, würde es aber bald sein, vielleicht noch bevor die Krähen mit ihrer Arbeit begannen.
    Vielleicht auch nicht.
    Alex kletterte wieder hinauf zum Weg und trank eine zweite Tasse Kaffee – diesmal mit ausgesprochenem Genuss. Sue war wirklich eine Meisterin im Umgang mit der Espressomaschine. Dann wischte er das Blut mit peinlicher Sorgfalt vom Messer ab. Nicht nur, weil er keinen Hinweis zurücklassen wollte, der ihn auf irgendeine Weise mit dem Verbrechen in Verbindung bringen könnte, sondern einfach weil Alex seine Lektion verinnerlicht hatte. Er versäumte es nie, zu ölen, zu trocknen und zu schärfen.
    Als Alex Mollan später am Abend nach Hause kam, lief
60 Minutes
, und Jessica und Sue saßen zusammen auf dem Sofa vor dem Fernseher und teilten sich eine riesige Schüssel Popcorn. Er war zufrieden, als er bemerkte, dass sich die Sendung um Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit einem Regierungsauftrag drehte und nicht um Mord oder Vergewaltigung oder sonst etwas, das sein kleines Mädchen verängstigen würde. Er umarmte beide fest.
    »Hey, Jessie-Bessie, wie geht’s der besten Tochter der Welt?«
    »Hab dich vermisst, Daddy. Mommy und ich haben heute Jungs und Mädchen aus Lebkuchen gebacken. Und ich hab einen Hund gemacht.«
    Er blinzelte Sue zu und las in ihrem Gesicht, dass sie zufrieden war, ihn in solch guter Stimmung zu sehen. Sie wurde noch zufriedener, als er ihr berichtete, dass sämtliche Fische, die er gefangen hatte, zu klein gewesen waren, so dass er sie zurück ins Wasser hatte werfen müssen. Auch wenn sie sonst für alles zu haben war: Fische waren in ihren Augen Vorspeisen, die ein Mann in schwarzem Jackett servierte und geschickt filetierte, während man selbst an einem guten kühlen Weißwein nippte.
    »Hast du mir etwas mitgebracht, Daddy?«, fragte Jessica kokett, wobei sie den Kopf zur Seite legte und ihre langen blonden Haare über die Schulter fallen ließ.
    Wie sooft dachte Alex auch jetzt: Eines Tages wird sie eine richtige Herzensbrecherin.
    »Na klar.«
    »Etwas für unsere Sammlung?«
    »Ja.«
    Er kramte in seiner Tasche und reichte ihr das Geschenk.
    »Was ist das, Daddy? Oh, das ist total cool!«, sagte sie. Er spürte, wie ihm vor Zufriedenheit warm ums Herz wurde, als sie die Uhr in ihre Hand nahm. »Guck mal, Mommy, das ist nicht nur eine Uhr. Da ist auch ein Kompass drin. Und man kann sie am Gürtel festmachen. So was Schönes!«
    »Gefällt sie dir?«
    »Dafür mache ich ein eigenes Kästchen«, erklärte das Mädchen. »Ich freu mich, dass du zu Hause bist, Daddy.«
    Seine Tochter schlang die Arme um ihn, und dann rief Sue aus dem Esszimmer herüber, dass das Abendessen fertig wäre und sie bitte kommen und sich an den Tisch setzen sollten.

Nocturne
    Spätabends auf der West Side von Manhattan.
    Der junge Polizist ging durch die dunstige Frühlingsluft den Central Park entlang und fragte sich, was aus dem Wolkenbruch geworden war, den der Meteorologe auf Channel 9 versprochen hatte.
    Streifenpolizist Anthony Vincenzo hielt sich in Richtung Westen. Er überquerte Columbus und Broadway und hörte mit einem Ohr auf das Knistern des integrierten Lautsprecher/Mikrofons seines Motorola-Funktelefons, das unter dem schwarzen Regenmantel an der Schulter seiner Uniformjacke befestigt war.
    Er schaute zur Uhr. Fast elf. »Verdammt«, fluchte er und beschleunigte seine Schritte. Er war schlecht gelaunt, weil er die meiste Zeit seiner Schicht im Revier verbracht hatte, um ein

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