Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)

freundlich, dennoch erkannte er den leichten Unterton, den sie immer bekam, wenn sie unter Druck stand.
    Bitte, zieh die Sonnenbrille aus, ich möchte dich ansehen. Simon starrte gebannt auf den Fernseher. Diesen Gefallen tat sie ihm allerdings nicht.
    „Miss Bryan, erzählen Sie uns von Ihren Zukunftsplänen und ist es wahr, dass Sie und Colin Maddock verlobt sind?“
    „Bitte keine Fragen zu meinem Privatleben. Was meine beruflichen Pläne angeht, so kann ich Ihnen stolz verkünden, dass ich mich sehr auf meine Rolle im West End Theater als Mrs. Robinson in der Reifeprüfung freue.“
    Endlich nahm sie die Brille ab und Simon schaute in ihre blauen Augen. Was er sah, war eine gereifte Catherine, die jedoch von ihrer Lebendigkeit und ihrer Schönheit nichts verloren hatte.
    „Bitte entschuldigen Sie mich“, sagte sie zu dem Interviewer, „ich bin sehr müde. Natürlich hoffe ich, Sie im Theater zu begrüßen.“
    Mit diesem Satz verschwand sie in der Menschenmenge, die Kamera weiterhin auf sie gerichtet. Catherine.
    Wer verdammt noch mal ist Colin Maddock?
    Simon ging an den Kühlschrank, nahm sich ein kaltes Bier und trank die Flasche gierig aus.
    18 Jahre, Simon, das ist eine lange Zeit , dachte er bei sich und nahm sich eine zweite Flasche.
    Ob sie manchmal an ihn dachte? An ihn und an Julian? Er glaubte es und er wusste auch, dass er nie zur Ruhe kommen würde, wenn er sie nicht noch einmal in seinem Leben sehen würde, nur um sie zu fragen nach dem Warum.
    Plötzlich klingelte sein Telefon. Er seufzte laut, nahm den Hörer ab und sagte müde:
    „Ja hallo, hier Hachenberg.“
    „Simon?“ Lautstark ertönte Reisers Stimme am Telefon, sodass Simon schnellstens den Hörer vom Ohr nahm, um nicht taub zu werden. „Du wirst es nicht glauben, es gibt Neuigkeiten. Da hat mich gerade einer vom Drogendezernat des Landeskriminalamtes angerufen, so ein Soundso, ach, ich hab den Namen vergessen, der wollte dich eigentlich sprechen. Was machst du eigentlich? Na ja, egal, auf jeden Fall, er schneit morgen einmal bei uns rein, um mit uns zu kooperieren, so hat er sich ausgedrückt.“ Reiser schnaubte verächtlich. „Wollen sich wohl wieder wichtigmachen.“
    „Und hat er dir gesagt, was das Drogendezernat mit unseren Mordfällen zu tun hat?“ Simons Interesse war geweckt. Er dachte an Sebastian Witts Aussage. „Es ist also durchaus möglich, dass Witt in diesem einen Punkt die Wahrheit gesagt hat. Unser zweites Mordopfer Enzo Rossi handelte mit illegalen Drogen. Und unser erstes Opfer, war er nur Konsument oder war auch er darin verwickelt?“
    „Es geht hier wohl tatsächlich um Anabolika-Handel im großen Stil und dass das LKA wohl schon seit längerer Zeit mit dem Zoll zusammen auch in unserem Bezirk ermittelt. Mehr wollte er erst einmal am Telefon nicht verraten, dieser Typ.“ Es war Reiser anzuhören, dass er über die geringen Informationen seitens des LKA erbost war. „Wir müssen uns also gedulden, er kommt morgen früh, so gegen 9 Uhr.“
    „Anabolika, der schleichende Tod, und niemand, der uns von irgendwelchen Ermittlungen in Kenntnis gesetzt hat. Wunderbar!“ Simon schüttelte ärgerlich den Kopf.
    Das bedeutet meist nichts Gutes , überlegte er.
    „Na, dann müssen wir wirklich abwarten, was uns der Herr zu berichten hat, bevor wir weitere Ermittlungen angehen. Die Obduktionsberichte liegen auch noch nicht vor, wir tappen also noch ziemlich im Dunkeln. Geduld! Kennst du den Spruch, Reiser, der da lautet: Nimm dir Zeit – auch die Schnecke erreichte die Arche Noah.“
    „Mensch Simon, du immer mit deiner Geduldsfaselei, das nervt. Du kennst doch diesen bestimmt auch: Nur der frühe Vogel fängt den Wurm – und wir sind die Vögelchen und der Wurm ist ein eiskalter Mörder, der immer noch frei herumläuft. Was ist eigentlich los mit dir? Ich weiß ja, du verkörperst, allgemein bekannt, nicht gerade den Temperamentsbolzen, heute allerdings habe ich das Gefühl, dass du in Bezug auf Lebenskraft alle Rekorde brichst. Ist etwas mit Julian?“
    „Nein, nein, alles in bester Ordnung. Aber du hast recht, zwei Menschen sind tot und alles andere ist jetzt zweitrangig. Hast du Lust auf ein Glas Bier, von mir aus auch bei mir, und wir gehen noch mal zusammen das Verhör mit Sebastian Witt durch? Ich habe irgendwie das Gefühl, etwas zu übersehen. Und vier Augen sehen immer besser als zwei.“
    Was ist denn mit mir los? Habe ich wirklich gerade Reiser gebeten, zu mir zu kommen? Hat mich der Bericht im