Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)
Fernsehen über Catherine dermaßen aus der Bahn geworfen, dass ich freiwillig die Gesellschaft von Reiser suche? Reiß dich zusammen, Mann, konzentriere dich auf das Wesentliche, sonst läufst du Gefahr, diesen Fall zu vermasseln , dachte er und hoffte inständig, dass Reiser absagen würde. Doch diesen Gefallen tat ihm sein Partner nicht.
„Klar, Chef, bin in fünf Minuten da!“
Es waren zwar keine fünf Minuten, aber durchaus weniger als fünfzehn, als Reiser stürmisch an seiner Tür klingelte. Simon öffnete und Reiser, mit einem Sixpack Bier in der Hand, grinste ihn an.
„Ich war gerade noch mal an der Tankstelle, falls du nicht genug im Hause hast.“ Ohne darauf zu warten, dass Simon ihn hereinbitten würde, drückte sich Reiser an ihm vorbei. „Wo ist der Kühlschrank, Chef?“ Diese Frage erübrigte sich. Reiser hatte den Weg instinktiv gefunden. „Nett hast du es hier.“ Er blickte sich interessiert in der Wohnung um. Sein Blick verriet ihm, wie überrascht er war. Wahrscheinlich hatte er eine ganz andere Vorstellung von Hachenbergs Bleibe gehabt.
„Ja, ich hoffe, wenn alle Kisten einmal ausgepackt sind, dass es ganz gemütlich wird.“
Es war eine neue Wohnung, die er und Julian vor wenigen Wochen zusammen bezogen hatten. Er wollte einen Neuanfang, genau wie damals, als er vor fünf Jahren Heiligenburg verlassen hatte, um bei Interpol zu arbeiten. Schon damals hatte er seine ganzen Brücken hinter sich abgebrochen. Nur zu seinen Eltern hatte er den Kontakt aufrechterhalten und dadurch immer gewusst, wie es Julian ging, was er machte und wie seine schulischen Leistungen waren. Ab und zu hatte er ihnen eine Karte geschrieben von den Plätzen, an die sein Beruf ihn geführt hatte.
„Na, dann Prost, auf deinen Neuanfang.“ Reiser schien seine Gedanken lesen zu können und brachte Simon wieder zurück in die Gegenwart.
„Ja, auf gute Zusammenarbeit, Reiser. Ich bin froh, dass du mein Partner bist, das mein ich ganz ehrlich. Prost.“
D ie Gestalt bewegte sich sicher und geräuschlos. Sie kannte sich aus, es war nicht das erste Mal, dass sie in der Dämmerung auf dem Friedhof unterwegs war.
Dünne weiße Nebelschwaden breiteten sich wie ein Schleier zwischen den Gräbern aus und hüllten den Friedhof in ein gespenstisches Licht.
Die Gestalt sog freudig die klare, feuchte Luft in sich auf, indem sie kräftig ein- und ausatmete. Keine Geräusche nahm sie wahr. Auch der angrenzende Wald lag still und friedlich da, die hohen Bäume wirkten in der hereinbrechenden Dunkelheit wie eine hohe unüberwindbare Mauer. Nur ein leiser Windhauch umspielte das Haar und kühlte das glühende Gesicht.
Die Lichter der erleuchteten hohen Laternen waren durch den immer dichter werdenden Nebel kaum mehr sichtbar. In der Ferne ertönte plötzlich ein Martinshorn, ein störendes Geräusch, das in dieser mystischen weltfernen Existenz unerwünscht war.
Die Gestalt setzte ihren Weg zwischen den Gräbern der Verstorbenen fort. Es war nicht mehr weit, nur noch einmal abbiegen und dann noch ein paar Schritte bis zu den beiden Tannen, die so nah beieinander standen. Dann war es geschafft.
„Da bin ich wieder, mein Schatz“, flüsterte sie.
Sie kniete auf der Grabplatte, die das Urnengrab schmückte, nieder und streichelte sanft über den eingravierten Namenszug.
„Ich weiß, mein Schatz, ich war eine Weile nicht bei dir. Ja, ich weiß, das tut mir auch wirklich leid, aber ich hatte so viel zu erledigen, das musst du mir glauben.“
Die Gestalt schaute mit großer Sorgfalt zuerst nach links und dann nach rechts den Weg entlang. Als sie sich sicher war, dass niemand in der Nähe war und sie beobachten würde, legte sie sich eingerollt wie ein Igel auf die kalte Grabplatte.
„Ich bin ja jetzt bei dir, mein Schatz, hab keine Angst.“
Minuten vergingen. Sie lag ganz still.
Undurchdringlicher Nebel legte sich wie eine weiche Decke auf sie nieder, doch bald kroch die Kälte langsam durch ihre Kleidung und ließ ihren müden Körper erzittern. Als sie sich langsam erhob, waren ihre Arme und Beine steif, die Gelenke schmerzten und sie schwankte leicht, als ob sie ein paar Gläser zu viel getrunken hätte.
„Das nächste Mal werde ich dir alles erzählen, dann wirst du verstehen, beim nächsten Mal, mein Schatz. Schlaf jetzt weiter.“
Tränen des Schmerzes kullerten sacht über ihre Wangen, und bevor die unerträgliche Ohnmacht über den Verlust des geliebten Menschen sie überrollen würde, drehte sie sich um
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