Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)
weißt du doch, sonst hätte ich dich niemals zum Essen eingeladen, leider hast du ja abgelehnt.“ Oh Gott, was sagte er denn da nur. Er machte alles falsch und merkte sofort, dass sie zögerte, bevor sie weitersprach.
„Ja, ich wäre gerne mitgekommen, allerdings ging es meinem Vater sehr schlecht in dieser Zeit und ich habe eh schon so viel zu tun.“
Reisers Herz klopfte bis zum Hals. Mochte sie ihn möglicherweise doch? Und er hatte immer gedacht, sie könne ihn nicht ausstehen. Sollte er sie noch einmal fragen?
„Ja, das kann ich verstehen, mir geht es ja auch nicht anders. Meine Mutter ist zwar noch sehr rüstig, dennoch sollte ich ein wenig meiner begrenzten Zeit auch mit ihr verbringen, sonst weigert sie sich noch, meine Hemden zu bügeln oder noch schlimmer, sie enterbt mich.“ Reiser kämpfte um eine zweite Chance und versuchte es auf die lockere Art, völlig unwissend, wie sie darauf reagieren würde. „Sollen wir es denn noch einmal versuchen, hättest du denn jetzt die Zeit, mit mir essen zu gehen?“ Reiser, der sonst so raubeinige Kerl, fühlte sich hilflos und völlig überfordert.
Wenn du jetzt Nein sagst, werde ich dich nie wieder fragen , dachte er und es fühlte sich an wie eine Ewigkeit, bis sie endlich antwortete:
„Gerne, wie wäre es mit morgen Abend. Ich hätte Zeit. Es gibt in der Südstadt direkt bei mir um die Ecke ein kleines hübsches Café. Es liegt am Severinswall, dort in der Nähe wohne ich auch. Sagen wir 20 Uhr.“
Heute muss mein Glückstag sein , frohlockte Reiser, ich habe ein Date mit Maike.
„Ich bringe dann auch diesen Bericht von der Spurensicherung und den ersten Obduktionsbericht mit, wir können es ja dann zusammen durchgehen, das heißt“, sie zögerte, „wenn du das möchtest?“
Reiser war hin- und hergerissen. Einerseits wollte er diese Berichte so schnell wie möglich in den Händen halten, aber andererseits sollte dies ein romantisches Date werden und in diesem hätten nüchterne und unappetitliche Einzelheiten eines Mordes nicht viel zu suchen. Er entschied sich für einen Kompromiss.
„Okay, höchstens eine halbe Stunde, danach legen wir unsere Arbeit beiseite und freuen uns auf einen schönen Abend.“
„Damit kann ich leben, bis morgen dann.“
Beschwingt verließ Reiser seinen Schreibtisch im 2. Stock des Heiligenhauser Dezernats und machte sich auf den Weg zu Simons Büro, das ein paar Türen von seinem entfernt lag.
„Gehst du zum Chef?“, fragte ihn die junge Beamtin, die ihm auf dem Flur entgegenkam. Sie hielt einen braunen Umschlag in der Hand.
„Post für dich, Chef.“ Reiser beförderte den braunen wattierten Briefumschlag unsanft auf Simons Schreibtisch. „Adressiert an Hauptkommissar Simon Hachenberg persönlich. Fanpost, Chef?“
„Brüll nicht so, Reiser.“ Simons Gesichtsfarbe schwankte zwischen aschfahl und giftgrün. Das gestrige gemeinsame Trinkgelage schien seinem Partner nicht sonderlich gut bekommen zu sein. Reiser indes fühlte sich heiter und voller Tatendrang.
„Hast du etwa einen Kater von den paar Bierchen? Mann oh Mann, das darf doch wohl nicht wahr sein. Chef, wir müssen noch viel trainieren.“ Reiser schüttelte seinen kurz rasierten Kopf und streichelte sich anschließend mit einer Hand über sein fast kahles Haupt. Sein schütteres Haar war Grund genug für ihn gewesen, vor Jahren schon zu dieser drastischen Maßnahme gegriffen zu haben. Er hatte es nie bereut, das hatte er Simon zu später Stunde gebeichtet und es stimmte, es stand ihm gut und wie es schien, das ein oder andere Kompliment der Kolleginnen bestätigten seinen Entschluss. So manch eine der Damen meinte, er sähe aus wie Bruce Willis, was ihn natürlich ungemein erfreute, auch wenn er argwöhnte, dass es nicht ganz ernst gemeint war.
„Es waren leider nicht nur ein paar Bierchen. Denk an die zwei, die ich vorher getrunken habe.“
Simon erhob sich langsam aus seinem Stuhl, schlenderte im Schneckentempo zu dem gegenüberliegenden Wandschrank, suchte einen kurzen Moment, fand und entnahm eine Packung Aspirin. Anschließend kehrte er im gleichen Tempo zurück an seinen Schreibtisch und ließ sich stöhnend wieder auf seinem Stuhl nieder. Reiser beobachtete fasziniert und amüsiert, wie Simon zwei Tabletten Aspirin aus der Packung drückte, in ein Glas Wasser warf, die sich sogleich zischend auflösten, und es dann mit schmerzverzerrtem Gesicht und Abscheu austrank.
„Das mache ich nie wieder, hörst du, nie wieder. Ich fühle mich
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