Todesrennen
Spannschrauben der Tragflächenstützen angezogen hatte, sagte: »Bist du ganz sicher, dass alles okay ist, Eustace? Mr. Bell macht sich offenbar Sorgen wegen dir.«
»Seine Blicke durchbohren einen regelrecht.«
»Er passt nur auf dich auf.«
Eustace Weed betete im Stillen, dass Andy damit recht hatte. Denn was Isaac Bell in seinem Gesicht entdeckt hatte, war die plötzliche, von Entsetzen begleitete Erkenntnis, was sie ihn da zu tun zwangen – mit dem Kupferrohr, das mit Wasser gefüllt und mit Wachs versiegelt war.
Er hatte gehofft, dass die Kriminellen, die Daisy bedrohten, es sich anders überlegt hatten. Niemand war in Peoria oder Columbus oder Hannibal, Missouri, auf ihn zugekommen, um ihm zu erklären, was er damit tun solle. Er nahm also an, dass es in Kansas City geschehen werde, nachdem in Hannibal der Mississippi überquert worden war. Seit Chicago war es auf der Landkarte die einzige echte Stadt, und er sah vor seinem geistigen Auge ein Bild von Inhabern großer Saloons, die einander kannten und behilflich waren, jedoch geringschätzig auf ihre Kollegen in Kleinstädten herabschauten. Daher graute ihm vor Kansas City.
Doch auch dort näherte sich ihm niemand, ebenso wenig als das Rennen auf die andere Seite des Missouri wechselte. Dort hatte sogar ein Brief von Daisy auf ihn gewartet, offenbar ging es ihr gut. Als er an diesem Morgen in ihrem Lager am Kansas River vor den Toren von Topeka damit beschäftigt war, Mr. Bells Maschine für den Flug nach Süden und Westen über die kahle Prärie nach Wichita zu präparieren, hatte sich der ständig in Angst lebende Mechaniker gefragt, ob sich der Albtraum nicht einfach verflüchtigen würde. Das Problem war nur, dass er nicht aufhören konnte, ständig daran zu denken. Und genau in diesem Moment, als Mr. Bell zusah, wie er das Benzin filterte, ehe er es mit Rizinusöl mischte, wusste Eustace Weed plötzlich, dass ihm Harry Frosts Mann befehlen würde, das Rohr in den Treibstofftank von Mr. Bells Maschine zu stecken.
Er war mittlerweile dahintergekommen, wie das kleine Kupferrohr Bells Flugmaschine zum Absturz bringen würde. Es war ebenso genial wie grässlich. Bei dem Gnome-Motor der Eagle kam das Prinzip der Gemischschmierung zum Einsatz. Er hatte keinen Öltank, kein Kurbelwellengehäuse, keine Pumpe, um einen Öldruck zu erzeugen und zu erhalten – tatsächlich hatte er überhaupt kein Öl. Dessen Aufgabe übernahm das im Treibstoff enthaltene Rizinusöl und schmierte die Kolben in den Zylindern. Das Rizinusöl ließ sich sehr leicht mischen, da es in Benzin löslich war. Genauso wie Paraffin. Das Paraffinwachs, das die Kupferröhre verschloss, würde sich ebenfalls in Benzin auflösen. Wenn das Benzin die Pfropfen aufgelöst hätte, was etwa eine Stunde dauern mochte, sickerte das Wasser heraus und verunreinigte den Treibstoff. Zwei Teelöffel Wasser im Treibstofftank einer Flugmaschine reichten aus, um Isaac Bells Motor zu stoppen. Befand er sich in diesem Moment in großer Höhe, könnte er es vielleicht schaffen, im Gleitflug sicher und unversehrt auf festen Boden zurückzukehren. Aber wenn er gerade startete oder landete oder dicht über dem Boden eine Kurve flog, dann würde er abstürzen.
Isaac Bell hörte besorgt, aber nicht sehr überrascht zu, als Eddie Edwards ihm die schlimmen Neuigkeiten präsentierte, die ihm soeben von einem Kontaktmann in der United States Army übermittelt worden waren. Jemand hatte einen Überfall auf das Waffenlager in Fort Riley, Kansas, inszeniert.
»Die Army hat es vertuscht«, erklärte Eddie, »da das Eindringen von Kriminellen in ihr Waffenlager nicht gerade die Art von Ereignis ist, über das sie etwas in der Zeitung lesen wollen.«
»Was haben sie erbeutet?«
»Zwei luftgekühlte Colt-Browning-M1895-Maschinengewehre mit Gurtmagazin.«
»Das muss Frost gewesen sein«, sagte Bell und stellte sich vor, wie die mit einer Frequenz von vierhundertfünfzig Schuss pro Minute feuernden Waffen Josephines Eindecker in eine Bleiwolke hüllten.
»Eins muss man ihm lassen, dieser Mann hat wirklich Nerven. Direkt unter den Augen der U. S. Army.«
»Wie ist er reingekommen?«, fragte Bell.
»Auf die übliche Art und Weise. Er hat einen Quartiermeister bestochen.«
»Es fällt mir schwer, mir vorzustellen, dass sogar ein Quartiermeister, der noch dreister stiehlt als die meisten seiner Kollegen, sich darauf verlässt, dass die Army nicht bemerkt, wenn Maschinengewehre fehlen.«
»Frost hat ihn
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