Todesrennen
Ahnung, dass Marco geplant hatte, Preston zu töten. Der arme Preston, er ist so … der arme Preston ist ein solcher Narr, Isaac, er liebt mich wirklich.«
Bell lächelte sie neckend an. »Vielleicht glaubt Preston, dass Sie, wenn Sie sich mit den falschen Männern einlassen und nicht sehen oder sehen wollen, was sie tun und wie sie sind, gar nicht so schlimm sind. Sondern dass Sie eigentlich nur zielstrebig sind – und dabei ein wenig kurzsichtig in Ihrer Entschlossenheit, um jeden Preis fliegen zu können. Vielleicht kann er deshalb nicht begreifen, dass Sie das Rennen nicht beenden wollen.«
»Ich verdiene es nicht zu gewinnen … Werden Sie Marco jetzt verhaften?«
»Ich kann es nicht – noch nicht. Ich habe nicht genug Beweise, um ihn vor ein Gericht zu bringen. Außerdem brauche ich ihn in Freiheit, damit er sich um Ihre Maschine kümmern kann, für den Fall, dass Sie es sich anders überlegen.«
»Das werde ich nicht tun. Der Sieger sollte anständig und ehrlich gewinnen.«
»Sie und Joe Mudd stehen einander in nichts nach. Es wäre gut für den Sieger und für die Luftfahrt allgemein, wenn Sie das Rennen bis zum Ziel fortsetzen würden. Egal, welche Fehler Sie gemacht haben, an der Tatsache ist nicht zu rütteln, dass Sie eine Flugmaschine quer über den Kontinent gelenkt haben. Warum schlafen Sie nicht eine Nacht darüber? In der Zwischenzeit sorge ich dafür, dass Marco Ihre Maschine herrichtet.«
Epilog
»Oh! Say! Let us fly, dear«
Marco Celere sah einen Ausweg aus seinem Dilemma. Anstatt untätig dazusitzen und zu hoffen, dass Josephine es sich anders überlegte, gleichzeitig aber zu fürchten, dass sie es nicht tun würde, meldete er über das Hoteltelefon ein Ferngespräch an. Preston Whiteway riss den Hörer von der Gabel, als hätte er bisher nichts anderes getan, als auf eine Nachricht aus Fresno zu warten. »Wird sie fliegen?«
»Hier spricht Marco Celere, Erfinder Ihrer Flugmaschine und Chefmechaniker.«
»Oh … Nun? Wird sie fliegen?«
»Soweit ich weiß«, antwortete Celere aalglatt, »diskutiert Mr. Bell soeben während des Frühstücks mit ihr darüber. Noch bleibt ein wenig Zeit – das Flugfeld liegt nach wie vor unter einer Nebeldecke, die die Sonne noch nicht aufgelöst hat. Aber ich habe einen Vorschlag. Wenn Josephine den Whiteway Cup nicht gewinnen kann, dann könnte es Ihre Maschine doch sicher trotzdem tun.«
»Wovon reden Sie?«
»Wenn sie sich nicht bereit erklärt, das Rennen ordnungsgemäß zu beenden, werde ich in Fresno zur letzten Etappe starten und das Luftrennen für sie abschließen – und auch gewinnen.«
»Das verstößt gegen die Regeln. Ein Fahrer, eine Maschine, und zwar auf der gesamten Strecke.«
»Wir sind doch Männer von Welt, Mr. Whiteway. Die Regeln wurden von Ihnen aufgestellt. Der Whiteway Cup ist Ihr Rennen. Da können Sie auch Ihre eigenen Regeln ändern.«
»Mr. Celere, Sie mögen eine ganze Menge über den Bau von Flugmaschinen wissen, aber Sie haben absolut keine Ahnung von Zeitungslesern. Die kaufen Ihnen jede Lüge ab, die Sie drucken – es sei denn, es ist eine Lüge über jemanden, den Sie ihnen bereits als besonders liebenswert ans Herz gelegt haben. Und sie lieben Josephine. Sie wünschen sich, dass sie gewinnt. Sie interessieren sich nicht im Mindesten für Ihre Flugmaschine.«
»Aber es wäre gut für die Luftfahrt …«, sagte Celere in flehendem Tonfall.
»Und gewiss noch besser für Sie. Ich bin nicht von gestern.«
Celere hörte ein Knacken, dann war die Verbindung unterbrochen.
Lauschend stand Celere vor dem Speisesaal des Hotels. Er hörte Bell mit eindringlicher Stimme reden. Dann hörte er, wie Josephine laut und deutlich erwiderte: »Nein.«
Celere eilte hinaus zur Festwiese und zu seinem Eindecker. Der Nebel hatte sich noch immer nicht verzogen, und er konnte Joe Mudds und Isaac Bells Flugmaschinen kaum erkennen. Josephines Van-Dorn-Mechaniker beobachteten ihn misstrauisch, obgleich er sie seit Yuma, Arizona, bei ihrer Arbeit stets tatkräftig unterstützt hatte.
»Wir sollten den Motor starten«, sagte er.
»Warum? Sie fliegt nirgendwohin.«
»Mr. Bell ist sehr überzeugend. Es besteht noch immer die Möglichkeit, dass er es schaffen wird, Josephine umzustimmen. Daher sollten wir ihre Tanks füllen und sie schon mal warm laufen lassen.« Die Männer wechselten vielsagende Blicke. Celere fuhr fort: »Ich sehe Joe Mudds Mechaniker nirgendwo. Sie werden sicherlich startbereit sein, wenn sich der Nebel
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