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Todesritual: Thriller (German Edition)

Todesritual: Thriller (German Edition)

Titel: Todesritual: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Stone
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zerknittert.
    »Wie heißt er?«
    »Ángel.«
    »Ángel?«
    »Ich brauchen Geld für Geschenk, John.«
    »Verstehe«, sagte er und lachte.
    Sie wurde wütend.
    »Du mich halten für Prostituierte?«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Aber du denken?«
    »Nein«, sagte er. Wenn sie eine Nutte war, dann die abgewrackteste und hässlichste im ganzen Saal. Aber vielleicht lag genau darin ihr Reiz, ihre Masche. Oder vielleicht holte sie den Leuten mit ihren herzzerreißenden Geschichten das Geld aus der Tasche, vielleicht beherrschte sie jede Note der Symphonie der Schuldgefühle der Ersten Welt.
    »Ich sag dir was«, sagte er. »Ich gebe dir Geld für deinen Sohn, wenn du mir einen Gefallen tust.«
    »Ja?«
    »Ich brauche ein Telefonbuch. Ein Telefonbuch von Kuba.«
    Sie zog die Stirn in Falten.
    »Uno libro de teléfono «, sagte er.
    »Wozu brauchen?«
    »Ich sammle die. Ich nehme aus jedem Land ein Telefonbuch mit nach Hause. Als Souvenir.«
    »Sí?«
    »Sí. Das ist mein Hobby. Es mi manía.«
    »Manía loca.«
    »Meinetwegen«, sagte Max. »Besorg mir ein Telefonbuch, und ich gebe dir Geld.«
    »Bin in fünf Minuten wieder da.«

    26
    Auf seinem Zimmer suchte er im kubanischen Telefonbuch nach den Namen flüchtiger Verbrecher aus den USA.
    Neununddreißig waren aufgeführt, siebzehn davon ehemalige Black-Power-Aktivisten. Er hatte sie alle recherchiert, sich ihren Lebensweg eingeprägt. Keine Vanetta Brown, aber das hatte er nicht anders erwartet.
    Also fing er an zu telefonieren. Es war eine langwierige Angelegenheit. Manche Nummern waren abgeschaltet, bei anderen ließ er es endlos klingeln. Ein paar Mal ging jemand dran, aber die Verbindung wurde unterbrochen. Die ganze Zeit über hörte er Echos und Klicken, leise Fetzen fremder Unterhaltungen. Das Telefon wurde abgehört, und zwar ganz schön stümperhaft. Der Staat wollte einen wissen lassen, dass man zuhörte.
    Wenn er jemanden an die Strippe kriegte, spulte er seine einstudierte Nummer ab. Er nannte seinen richtigen Namen und erklärte, er sei Schriftsteller und wolle ein Buch über politische Exilanten in Kuba in der Ära Obama schreiben. Ob sie sich mit ihm treffen und ein paar Fragen beantworten würden? Einige legten auf oder rieten ihm, sich zu verpissen. Andere beschimpften ihn als Söldner, als FBI-Agent oder als Privatdetektiv. Man sagte ihm, dass er trotz seines schwarzen Namens klinge wie ein Weißer, also was zum Teufel glaube er da über den Kampf der Schwarzen zu wissen?
    Er war müde. Ihm war heiß, und er schwitzte. Die schwächliche Klimaanlage wimmerte, und im Zimmer roch es nach kaltem Zigarrenrauch und Putzmitteln. Er wollte sich kurz ausruhen, legte sich aufs Bett und schlief prompt für eine Stunde ein. Als er aufwachte, reckte er sich und dehnte den Nacken. Aus dem Stand machte er einhundert Liegestütze, dann spritzte er sich kaltes Wasser ins Gesicht. Durchs Fenster sah er junge Frauen in Gymnastikanzügen, die beim beleuchteten Swimmingpool Tanzschritte einstudierten. Jenseits des Hotelgeländes lag die Stadt im Dunkeln.
    Er fing wieder an zu telefonieren.
    Zur Unterhaltung schaltete er den russischen Fernseher ein und drehte den Ton leise. Die Satellitensender waren relativ klar, die Lokalsender eher launisch, die Qualität schwankte zwischen unscharf und verschneit.
    Er versuchte es noch einmal bei den abgeschalteten Nummern, dann bei denen, wo die Verbindung abgebrochen war.
    Dann bekam er Earl Gwenver an die Strippe.
    Gwenver war ein Black Panther gewesen und mit zweiundzwanzig aus den USA geflüchtet. Er hatte eines Nachts in einem Spirituosengeschäft in Encino den Verkäufer erschossen und wollte daraufhin zusammen mit seiner weißen Gelegenheitsfreundin, die ihr Medizinstudium abgebrochen hatte, über Texas nach Mexiko fliehen. High von Gras und dem Alkohol, den sie gestohlen hatten, hielten sie unterwegs an einer Tankstelle. Dort war gerade ein Polizist in Zivil damit beschäftigt, die Überreste eines Kojoten von seinem privaten PKW zu kratzen. Der Tankstellenwärter berichtete, der Polizist habe die Joints gerochen und Gwenver und seine Freundin aufgefordert, aus dem Wagen zu steigen. Gwenver habe die Waffe gezogen und ihm in die Brust geschossen. Der Polizist habe zurückgefeuert und das Mädchen in den Magen getroffen. Später behauptete Gwenver, sie habe den Mann erschossen, nachdem er sie eine Nigger-Hure genannt habe. Laut Gwenvers Aussage hatte seine Freundin auch das Spirituosengeschäft überfallen und den

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