Todesritual: Thriller (German Edition)
black and I’m proud«, kam die Antwort.
» Saaay it loud!«, rief Gwenver noch lauter.
»I’m black and I’m proud !«, antwortete das Dutzend alternder Panther, wenn auch kein bisschen lauter als zuvor. Max sah, wie eine der Fäuste zitterte, ein Tremor, wie eine verwelkte Rosenknospe, die bei der nächsten sanften Brise abfallen würde.
»Brüder und Schwestern … na kommt schon … say it loud!«, donnerte Gwenver.
»I’m black and I’m proud!«, brüllten sie heiser und mit brüchiger Stimme zurück, und so mancher keuchte und hustete vor Anstrengung.
Gwenver hatte ein Einsehen.
»Sehr gut, Brüder und Schwestern, sehr gut, sehr gut. Jetzt macht’s euch bequem, Leute.«
Alle nahmen Platz, und sie sahen erleichtert und erschöpft aus. Der Wasserkrug machte die Runde. Als er wieder in der Tischmitte ankam, war er leer.
»In der vergangenen Woche«, hob Gwenver an, »hat Amerika seinen allerersten schwarzen Präsidenten gewählt. Einen schwarzen Präsidenten. Einen echten Afro -Amerikaner. Was denkt ihr, was das für uns bedeuten wird?«
»Für uns als schwarze Amerikaner oder als ›Inlandsterroristen‹?«, fragte eine Frau.
»Das ist Jacke wie Hose«, bemerkte ein Mann. Vor ihm am Tisch lehnte ein ramponierter Gehstock.
»Das ist für’n Arsch, das sage ich dir, Bruder«, erklärte der Mann neben Gwenver. Er sah aus, als würde er auf der Straße leben. Als sie einander vorgestellt worden waren, hatte Max den Alkohol an ihm gerochen. Nicht nur die Fahne, sondern auch den Schnaps, der durch seine Poren ausdünstete und mit seinem Schweiß destilliert wurde. Ein unordentlicher Paartagebart raute sein aufgedunsenes Gesicht auf, und er trug eine dicke Brille, deren Bügel notdürftig mit Klebeband am Rahmen befestigt waren. »Obama sagt, er will mit dem Feind reden. Und das bedeutet mit Kuba. Und das bedeutet, wir laufen Gefahr, dass die uns ausliefern.«
»Wenn doch nur der andere Typ gewonnen hätte«, bemerkte eine Frau.
»Ganz genau«, pflichtete eine männliche Stimme ihr bei.
»Bush war gut für uns«, sagte der Mann mit dem Stock.
»Aber schlecht für die Welt«, grummelte eine Frau mit heiserer Stimme.
»Hier geht’s nicht um die Welt, Schwester, hier geht’s um uns!«, sagte der Brillenträger. »Die republikanischen Revolverhelden haben das alte Embargo immer verschärft. Sobald die Demokraten ins Weiße Haus kommen, schmeißen die sich gleich an Fidel ran. Reisebeschränkungen fallen weg, Geld kommt ins Land, und dann reden die miteinander. Carter hat’s gemacht, Clinton hat’s gemacht, und Obama wird’s genauso machen. Und wir haben nicht mal mehr Castro im Rücken.«
Max hätte angesichts dieser Logik und der Ironie darin gern laut aufgelacht, aber er bewahrte eine steinerne Miene.
»Solange Castro an der Macht ist, wird sich grundlegend nichts ändern«, erläuterte Gwenver. »Bestenfalls machen beide Seiten ein paar Zugeständnisse. Zuerst werden die den kubanischstämmigen Amerikanern die Einreise erlauben, dann den normalen amerikanischen Touristen. Dann wird Castro ein paar Dissidenten freilassen – nur ein paar, damit er gut dasteht. Das Ganze wird sich über mindestens zwei, drei Jahre hinziehen. Und dann muss Obama wieder einen Wahlkampf führen. Zu liberal wird er da auch nicht sein wollen, um den exilkubanischen Block nicht vor den Kopf zu stoßen, also wird er vor 2013 keine drastischen Maßnahmen ergreifen. Die größten Umwälzungen, die wir hier zu unseren Lebzeiten noch mitkriegen werden, sind lärmende Arschlochtouristen, die rumjammern, weil’s hier keinen McDonald’s gibt.«
»Du meinst also, wir müssen uns keine Sorgen machen?«, fragte die erste Frau.
»Oh, irgendwas gibt es immer, worüber wir uns Sorgen machen müssen, Schwester. Wir sind in Kuba, schon vergessen? Irgendwas läuft hier immer schief«, sagte Gwenver mit breitem Grinsen.
Dies nahmen die Anwesenden zum Anlass, das Politische abzuschließen und zum Persönlichen überzugehen. Sie klagten über ihre Wohnungen, ihre Nachbarn, das wenige Geld, die fehlende Seife, die fehlenden Schmerzmittel. Viel Mitgefühl ernteten sie dabei von niemandem. Alle hörten einfach schweigend zu und warteten ab, bis sie an der Reihe waren. Man schwelgte in den guten alten Zeiten – nicht den guten alten Ruhmeszeiten, sondern jenen Tagen, in denen sie noch all die Sachen hatten, die ihnen jetzt fehlten. Eine Million verschiedene Sorten Zahnpasta, zwei Millionen Sorten Seife. Und sie sprachen ausgiebig
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