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Todesrosen

Todesrosen

Titel: Todesrosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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ihr sprechen«, sagte Sigurður Óli, und Erlendur reichte ihm den Apparat.
    »Elínborg«, sagte Sigurður Óli, »was hat diese Charlotte da noch mal ausgesagt? Das über Birta und die Häuser und den Mann, der all diese Häuser besitzt?«
    »Ja, warte mal, wie war das noch?«, sagte Elínborg. »Da war was über all die Häuser in Reykjavík und wer da überhaupt einziehen sollte. Unverständliches Zeug. Weshalb?«
    »Gestern Abend habe ich hier etwas ganz Ähnliches erzählt bekommen«, sagte Sigurður Óli und berichtete Elínborg von seinem Gespräch mit dem Wirt. Erlendur hörte interessiert zu.
    »Hat er das wirklich so formuliert?«, fragte Elínborg. »Das klingt in der Tat ganz ähnlich wie das, was Charlotte uns von Birta erzählt hat. Die Leute in den Westfjorden scheinen sich ja viel Gedanken darüber zu machen, wem hier die Wohnungen verkauft werden sollen. Kapierst du, was das alles bedeutet?«
    »Keine Spur«, antwortete Sigurður Óli. Sie beendeten ihr Frühstück, bezahlten die Übernachtung und die Zeche vom Abend vorher. Die war recht stattlich, wie Sigurður Óli feststellen musste. Auf dem Weg zum Auto konnte er sich nicht länger beherrschen.
    »Was ist aus der Frau geworden, die sich da gestern Abend zu uns gesetzt hat, die in diesem Riesenpullover?«, fragte er, während er die Wagentür öffnete.
    »Keine Ahnung«, sagte Erlendur und warf sich auf den Beifahrersitz. »Das war eine verdammt interessante Frau, die so einiges zu erzählen hatte. Ich war aber so müde, dass ich dann nach oben gegangen bin.« Er trommelte mit den Fingern auf seinen Knien und pfiff vor sich hin.
    »Sie hat sich hoffentlich nicht an dich rangemacht?«
    »Nein, nein, wieso das denn, nein, überhaupt nicht. Aber interessant war sie schon. Was willst du damit eigentlich sagen?«
    »Ach, es wurde bloß über sie geredet, als ich gestern Abend zurück in das Lokal kam, und es hieß, dass sie in den gesamten Westfjorden bekannt ist wie ein bunter Hund. Sie treibt sich in all diesen Käffern herum und hat es auf Ortsfremde abgesehen, zum Beispiel Straßenbauarbeiter oder Seeleute, und, soweit ich weiß, auf Männer jeglichen Alters. Donna ist immer einsatzbereit, hieß es. Sie läuft unter dem Namen Donna Tonna.«
    »Nein«, sagte Erlendur, dessen gute Laune mit einem Mal verflogen war. »Ich bin einfach schlafen gegangen«, sagte er und starrte verbiestert auf die Straße.
    Das Grinsen verschwand aus Sigurður Ólis Gesicht, als er die Wirkung seiner Worte bemerkte. Er hatte Erlendur nur auf den Arm nehmen, ihm aber keinen Tiefschlag versetzen wollen. Was er über diese Donna gesagt hatte, war allerdings keineswegs übertrieben, der Wirt hatte ihm das genauso erzählt, aber jetzt erkannte er so deutlich wie nie zuvor, dass es mitunter auch gut sein konnte, die Wahrheit für sich zu behalten. Er hätte seine Gedankenlosigkeit gern wiedergutgemacht, wusste aber nicht, wie. Er nahm sich vor, die Sache mit keinem Wort mehr zu erwähnen. Es reichte fürs Erste mit den Frotzeleien, erst die Schlafmaske und jetzt Donna. Sie fuhren schweigend weiter, bis Sigurður Óli schließlich einen Vorstoß machte, um seinen Kollegen aufzumuntern. Wieder einmal überquerten sie eine Passhöhe, und alles war in kalte Nebelwolken gehüllt.
    »Dieser Typ in der Kneipe gestern Abend hat mir eine interessante Geschichte über einen Grönländer erzählt, der unglaublich zäh war. Der war mit seinem Kajak irgendwo an der Westküste Grönlands zum Fischen ausgefahren und wurde aufs Meer hinausgetrieben, an der Südspitze von Grönland vorbei und hinaus auf den Atlantik. Als er schließlich vor der schottischen Küste bei Aberdeen aufgegabelt wurde, war er tatsächlich noch am Leben. Sie brachten ihn ins Krankenhaus, doch da starb er. Ein unglaubliches Durchhaltevermögen, findest du nicht?«
    Erlendur brummte irgendetwas, und sie fuhren schweigend weiter.
    »Sollten wir nicht die Namen von Birta und Janus an die Medien weitergeben, um zu sehen, ob sich daraufhin jemand meldet, der mehr weiß?«, fragte Sigurður Óli schließlich.
    »Wenn wir die Angehörigen in Ísafjörður finden, ist es wohl angemessen, dass wir ihnen die Nachricht von Birtas Tod persönlich überbringen«, antwortete Erlendur kurz angebunden.
    Sie schwiegen auf dem Rest der Strecke, Sigurður Óli konzentrierte sich auf das Fahren, und Erlendur schien tief in Gedanken versunken. Immer noch hallte die Frage aus dem Gedicht in seinem Kopf wider: WO HABEN DIE TAGE DES LEBENS

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