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Todesrosen

Todesrosen

Titel: Todesrosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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Þorkell.
    »Wir haben letzten Endes keine Ahnung, was in Herberts Haus geschehen ist«, sagte Elínborg und wehrte mit den Händen den Rauch von der Zigarette ab, die Erlendur sich angesteckt hatte. »Es könnte genauso gut sein, dass er auf diese Weise sein eigenes Verschwinden inszeniert hat. Dann hat er sich sein Geld geholt, und jetzt ist er vielleicht schon außer Landes. Setzen sich nicht alle diese Typen nach Dänemark ab? Oder nach Malaga?«
    »Meine Tochter, ihr kennt sie ja alle, hat gesagt, dass Herbert und Kalmann sich schon seit ihrer Jugend kennen«, sagte Erlendur. »Wisst ihr etwas darüber?«
    »Kalmann?«, sagte Þorkell nachdenklich. »Den Namen habe ich auf der Liste der Passagiere gesehen, die an dem Morgen, an dem das Mädchen auf dem Friedhof gefunden wurde, das Land verließen. Der einzige Name, den ich kannte.«
    »Hat Kalmann das Land verlassen, nachdem das Mädchen tot aufgefunden wurde?«, fragte Erlendur überrascht.
    »Hundertprozentig. Es waren an die vierhundert Leute, und ich kannte ein paar Namen, seiner war mit dabei. Er ist an dem Morgen nach Amerika geflogen. Kalmann. Saga Class.«
    »Und warum rückst du erst jetzt mit diesen Informationen heraus, du Idiot?«, schrie Erlendur.
    »Was? Ich …«
    Nachdem Erlendur seinen Zorn an Þorkell ausgelassen hatte, erklärte er, dass sie sich morgen früh auf einer Besprechung mit dem Polizeipräsidenten sehen würden, um den Fall mit ihm durchzugehen. Erlendur ging zu seinem Auto, und Elínborg folgte ihm ein Stück, ohne dass er es merkte; vor dem Hotel Borg holte sie ihn ein.
    »Erlendur«, sagte sie, »ich muss dir etwas zeigen.«
    »Was ist los?«, fragte er verwundert.
    »Ich kam zuerst hin, in Charlottes Behausung, meine ich, und ich hab den Kasten als Erste gefunden«, sagte Elínborg verlegen. »Du weißt ja, sie hatte bei mir angerufen. Ich habe den Kasten auf dem Boden sofort gesehen, aber er war nicht völlig leer, als ich ihn fand. Da war etwas drin, was ich herausgenommen habe.«
    »Herausgenommen? Weshalb?«
    »Ich hatte meine Gründe«, sagte Elínborg und kramte in ihrer Handtasche.
    »Bist du völlig übergeschnappt, Beweismittel zu unterschlagen?«
    »Kann sein, aber ich hatte meine Gründe.«
    »Was für Gründe können das denn gewesen sein, verdammt noch mal?«
    »Einen Augenblick, es muss hier irgendwo sein.«
    »Du bist ja wahnsinnig, dich an Beweismaterial zu vergreifen! Was ist, wenn das herauskommt? Was ist, wenn es Auswirkungen auf die Sachlage hat?«
    »Oh, ich glaube, die Sachlage wird dadurch erheblich verändert«, entgegnete Elínborg, die endlich gefunden hatte, was sie suchte. Es war ein Foto, das sie Erlendur reichte. »Ich war der Meinung, dass andere das besser nicht gleich zu sehen bekämen«, fuhr sie fort, »auf jeden Fall erst, nachdem du es gesehen hast.«
    Erlendur nahm das Foto entgegen und warf einen Blick darauf.
    »Nein«, entfuhr es ihm unter Stöhnen. »Nein, nicht das, um Himmels willen. Verfluchte Scheiße …«
     
    Zur gleichen Stunde zog Janus die Lade ein kleines Stück in das Hinterzimmer hinein, gerade so weit, dass Herberts Kopf unter den Stangen auf dem Boden der Räucherkammer zum Vorschein kam. Herbert hatte ihm die Informationen gegeben, die er haben wollte, und jetzt hielt Janus Wort. Er verband Herbert gründlich die Augen, solange er noch in der Lade lag. Herbert durfte zwar gerne herausfinden, wo er gefangen gehalten wurde, doch Janus musste auf Gegenwehr gefasst sein. Ein Mann, der nichts sehen konnte, war wohl kaum imstande zu irgendwelchen Attacken.
    Janus hatte sich Herberts Dokumente kurz angeschaut und sich darüber gewundert, dass er so etwas aufbewahrte. Er verstand zwar nicht alles, was da stand, aber vieles und durchaus genug, um zu wissen, dass Herbert seines Lebens nicht mehr froh werden würde, falls diese Papiere der Polizei in die Hände fielen. Zum ersten Mal seit langer Zeit lächelte er, denn er war froh, etwas gegen Herbert und hoffentlich auch gegen Kalmann in der Hand zu haben.
    Janus hatte in dem Blechkasten unter anderem eine Kladde mit Namen und Terminen gefunden, und diese Eintragungen waren nicht schwer zu verstehen. Herbert hatte Leuten Mädchen besorgt und über Jahre hinweg ganz genau notiert, wer wann und wo mit wem zusammen gewesen war. Janus ging die Namen durch, kannte aber nur den von Kalmann; bei einigen kam es ihm allerdings so vor, als habe er sie in den Zeitungen gelesen oder im Fernsehen gehört, aber da er nur wenig Interesse an

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