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Todesrosen

Todesrosen

Titel: Todesrosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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Wusstet ihr das nicht? All diese Geschichten sind über mich im Umlauf, und ich kann nichts dagegen tun. Ich kann mich einfach nicht dagegen wehren, das Getratsche ist mächtiger. Besonders hier in Island. Isländer sind die schlimmsten Klatschmäuler auf der ganzen Welt, alle durch die Bank verrückte Tratschweiber. Diese Nation ist eine einzige Gerüchteküche!«
    Nach Kalmanns Suada herrscht zunächst einmal Schweigen. Er hatte mit unbeweglicher Miene und unveränderter Tonlage gesprochen, er resümierte einfach wie ein Mann, der es leid ist, ständig irgendwelche Leute auf die Wahrheit hinzuweisen, die ihm aber nie Glauben schenkten.
    Erlendur wollte die Existenz von Herberts Notizbuch noch nicht ins Spiel bringen. Sie würden wiederkommen und sich intensiver mit ihm befassen und sehen, wie er auf die Eintragungen reagieren und versuchen würde, sich da herauszulavieren. Darauf freute er sich schon jetzt. Im Augenblick wollte er nur noch in Erfahrung bringen, wie Kalmann auf Birtas Namen reagieren würde, und fragte Kalmann deshalb, ob er ein Mädchen dieses Namens kenne.
    »Nein, ist mir nicht bekannt«, erklärte Kalmann und drückte umständlich die Zigarette in einem großen Aschenbecher aus. »Was hat es mit der Dame auf sich?«
    »Es ist das Mädchen, das tot auf dem Friedhof gefunden wurde.«
    »War sie bei mir angestellt?«
    »Ich weiß nicht, ob man das so ausdrücken kann«, sagte Erlendur.
    »Es so ausdrücken kann?«, entgegnete Kalmann. »Was willst du damit andeuten?«
    »Sie kannte diesen Herbert.«
    »Also, jetzt lass dir mal zwei Sachen gesagt sein, lieber Freund, und versuch, die in deinen Schädel reinzukriegen: Ich habe das Mädchen auf dem Friedhof nicht gekannt, und ich kenne keinen Herbert.«
     
    »Es wird verdammt Spaß machen, diesen Typ hochgehen zu lassen«, sagte Sigurður Óli, als er und Erlendur wieder im Wagen saßen. »Wir hätten ihm die Nuttenbuchhaltung zeigen sollen.«
    »Verwählt«, sagte Erlendur und ahmte Kalmanns Tonfall nach. »Für wen hält der uns eigentlich?«
    »Sollen wir ihm die Kladde nicht jetzt schon zeigen? Es gibt doch keinen Grund, damit zu warten.«
    »Dazu ist noch genügend Zeit. Janus hat auch noch andere Papiere erwähnt. Wir werden zunächst untersuchen, was es damit auf sich hat. Anschließend knöpfen wir uns Kalmann wieder vor, und dann können wir ihm sagen, was wir von seinen miesen Ausflüchten halten.«
     
    Eine Dreiviertelstunde später hielt ein anderes Auto vor Kalmanns Haus, und ihm entstieg ein breitschultriger Mann mit kurzgeschorenem Haar, der zum Eingang stapfte. Unter seinem grauen Trainingsanzug zeichneten sich mächtige Muskelpakete ab. Auf der Oberlippe waren Milchreste zu erkennen.
    Er drückte auf die Klingel, und Kalmann ließ ihn ins Haus.
     
    Am Nachmittag desselben Tages erhielt Kalmann in seinem Büro einen Anruf aus New York. Anspannung lag auf seinem Gesicht, als er auf dem Display sah, woher der Anruf kam. Dieser Gesichtsausdruck verschwand urplötzlich und wich stattdessen einer gequälten Grimasse; die Brauen senkten sich, und die Knöchel der Hand, die den Hörer umklammerten, wurden weiß.

Dreiunddreißig
    Noch am selben Abend nahm Janus wieder Verbindung zu Erlendur auf. Sigurður Óli hörte auf einer Nebenleitung mit, und in weniger als einer Minute hatten sie den Anruf lokalisiert: Janus rief aus einer Telefonzelle in der Nähe des Hafens an. Ein Streifenwagen, der sich in der Nähe befand, wurde sofort hingeschickt, und weitere machten sich ebenfalls auf den Weg dorthin. Doch die Polizisten kamen zu spät. In dem Telefongespräch hatte Janus um ein Treffen mit Erlendur gebeten, und zwar mit ihm allein. Er nannte Ort und Zeit und machte Erlendur klar, dass es kein Treffen geben würde, falls die restliche Polizei eingeschaltet würde.
    »Aber du hast doch nichts zu befürchten«, sagte Erlendur. »Es geht nicht darum, dich zu verhaften. Du kannst völlig unbesorgt ins Dezernat kommen und mit uns reden. Du kannst uns vertrauen.«
    »Hast du die Namen in dem Heft gesehen? Hast du gesehen, was für Leute Herbert da verbucht hat? Ich habe noch mehr Unterlagen, die ich dir heute Abend aushändigen will. Da wurden noch mehr Fotos gemacht. Ich hab noch ein anderes Bild von diesem Kerl. Ich weiß zwar nicht, wie er heißt, aber du kennst ihn wahrscheinlich. Ich vertraue niemandem.«
    Im nächsten Moment hatte Janus aufgelegt und die Beine in die Hand genommen. Kurze Zeit später fuhr der Streifenwagen bei der

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