TODESSAAT
insbesondere Arkis – zu dir heranziehen.
Na gut, sprach Shaithis. Laut sagte er zu seinen Gefährten: »Arkis, Fess, wir sind zu weit auseinander gezogen – und ich spüre von Osten her ein Unheil kommen.«
Arkis ging auf der Stelle in einer Lava-Nische in Deckung und blickte sich von da aus nach allen Seiten um. »Ein Unheil? Gibt es Schwierigkeiten?«, brauste er auf. »Ganz in der Nähe, wie Ihr sagt? Huh! Ich spüre nichts.« Doch seine Stimme klang nervös und angespannt, und seine Gedanken überschlugen sich.
Der Ferenc stand höchstens vierzig Meter entfernt und rückte bereits näher auf. »Irgendetwas hat mich schon die ganze Zeit gestört«, knurrte er. »Ich hatte meinen Verdacht, und Ihr, Shaithis, habt ihn nun ausgesprochen: Wir marschieren wahrhaftig zu weit voneinander entfernt, aye, so sind wir zu einfach einzeln angreifbar.«
»Aber ich sehe und spüre nichts!«, protestierte Arkis noch einmal – wie ein Mann, der im Finstern pfeift.
Ungeduldig rief Shaithis ihm zu: »Wollt Ihr allen Ernstes behaupten, Eure Wamphyri-Wahrnehmung sei stärker als unser beider zusammen? Dann müsst Ihr es unbedingt herausfinden. Macht, was Ihr wollt. Seid Herr Eures Schicksals. Jedoch, Ihr wart gewarnt.«
Das reichte; Arkis wandte sich beim Klettern nun weiter nach links und hielt damit einen Kurs ein, der ihn zu den anderen führte. Keinen Moment zu früh: Von dort, wo Shaithis stand, konnte er den dunklen Schemen einer Höhle, nur wenige Meter zu Arkis’ Rechten und über ihm, bereits deutlich sehen. Zweifelsohne wäre der Sohn des Aussätzigen geradezu hineingestolpert.
In Shaithis’ Verstand legte sich der Aufruhr der dunklen Wesenheit. Gut! Dies Problem war nicht unüberwindlich, doch der leichte Weg ist für gewöhnlich der beste.
Und? Was nun?, drängte Shaithis ihn.
Über dir findest du ein weites Felsgesims, antwortete Shaitan. Sobald du darauf triffst, wendest du dich nach links, also dem Westen zu. Alsbald wirst du auf ein weiteres Lavafeld stoßen; ignorier es und geh einfach weiter. Der nächste Höhleneingang wird aussehen wie ein bloßer Riss, verursacht durch die Abkühlung des Felsens, doch dies ist dein Weg in den Vulkan. Nur solltest du dich hinter den anderen halten! Habe ich mich klar und deutlich ausgedrückt?
Shaithis fröstelte; teils wohl wegen der betäubenden Kälte, die sich längst selbst in seine Wamphyri-Knochen hineinfraß, hauptsächlich jedoch ob des Angedeuteten. Nun ist es so, dass man Gedanken wie auch Worte oft unterschiedlich deuten kann; doch in diesem Fall hatte er zweifelsohne einen sehr hinterhältigen Ton in der mentalen Stimme des anderen vernommen. Außerdem wurde ihm endgültig bewusst, dass es unmöglich war, die Tiefe von Shaitans Gedanken auszuloten. Es war befremdlich, Wamphyri zu sein und doch so etwas wie Scheu und Furcht zu empfinden, wenn man an das Böse in den Ränken eines andren dachte.
Shaitan, antwortete er schließlich vorsichtig. Ich lege mein Vertrauen in Euch. Es scheint, als hätte ich damit nun meine ganze Zukunft in Eure Hände gegeben.
Indes die meinige genauso in die deinen gegeben ist, sprach der andere. Nun fahr darin fort, deine Gedanken zu wahren, und widme dich ganz deinem Gekletter.
Und schon war er wieder verschwunden.
Shaithis fragte sich jählings, ob dieses dunkle Bündnis eine kluge Entscheidung gewesen war. Wiewohl es weniger mit Klugheit zu tun hatte als vielmehr mit Instinkt – es war eine Sache der Notwendigkeit. Doch jeder Vorteil fand sich auf Shaitans Seite. Dies war sein Territorium, er kannte es gut, und er hatte immer etwas in der Hinterhand. Shaithis konnte nur hoffen, dass die Pläne des Alten für den Ferenc und Arkis Leprasohn sich nicht auch auf ihn erstreckten. Doch vermeinte er zu spüren, dass dem nicht so war. Wenigstens vorerst nicht.
Sein Wamphyri-Instinkt – der ihn selten im Stich gelassen hatte. Aber gibt es irgendwann nicht immer ein erstes Mal? Und ein letztes ...
Er wischte diese düsteren Gedanken beiseite und hielt nach freundlicheren Vorzeichen Ausschau. Natürlich gab es da immer noch seinen Traum: jenen ersten von Lady Karens Felsenhorst, in dem er nach der wunderbaren Eroberung Starsides und der Vernichtung des westlichen Gartens wieder an die Macht gelangte. Das Gefühl wollte nicht weichen, dass dieser Traum, wie es allen Träumen zu eigen ist, auch eine Vorahnung enthielt. Doch sollte man die Zukunft niemals in zu engen Grenzen deuten, wie eine alte Wamphyri-Weisheit empfahl, denn
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