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TODESSAAT

TODESSAAT

Titel: TODESSAAT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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verschlug ihm den Atem. In der Welt jenseits des Sphärentores – der Welt der Menschen, die jetzt ein ganzes Universum weit weg war – hatte man eine Frau wie sie noch nie gesehen. Selbst ihre blutroten Augen erschienen ihm wundervoll. Er war überwältigt von ihrer Schönheit, nicht minder beeindruckt als bei ihrer ersten Begegnung, als sie hierher gekommen war, um den Verteidigern des Gartens in ihrem Widerstand gegen die Wamphyri beizustehen. Damals hatte sie ihn in ihren Bann geschlagen, und nun wieder. Er konnte den Blick nicht von ihr wenden, sog sie geradezu in sich ein.
    Von ihrem wie Kupfer schimmernden Haar über die herrlichen Rundungen (ob nun zur Hälfte verborgen oder zur Hälfte den Blicken preisgegeben, das enge Kleid aus weichem, weißen Leder betonte sie stets) bis hinab zu den hellen, vorn offenen Ledersandalen, die ihre golden lackierten Zehennägel frei ließen, war sie atemberaubend schön. Um die Schultern hatte sie einen Umhang aus schwarzem Pelz geschlungen, und um die Taille trug sie einen breiten, schwarzen Gürtel, dessen goldene Schnalle wie der Kopf eines zähnefletschenden Wolfes geformt war. Die Bedeutung des Wappenbildes verlor sich im Dunkel der Vergangenheit. Die Vorfahren von Dramal dem Verdammten hatten es an ihn weitergegeben, und er seinerseits hatte es Karen vermacht. Und nicht allein sein Wappen. Dramal hatte Karen auch sein Ei gegeben.
    Gefesselt von ihrer unheimlichen, überirdischen Schönheit und dem Spiel der widerstreitenden Farben blieb Harry einen Augenblick stehen. Dann ging er weiter auf sie zu. Von Angesicht zu Angesicht war Karen sogar noch schöner und begehrenswerter. Sie kam ihm entgegen – erwiderte jede seiner Bewegungen und bewies dabei die Geschmeidigkeit einer tanzenden Zigeunerin, die er so gut in Erinnerung hatte. Kein Wunder, schließlich hatte sie früher einmal zu den Travellern gehört. Er brauchte nur genau hinzuhören, um bei jeder ihrer Bewegungen das Klingen der Glöckchen zu vernehmen – auch wenn sie völlig lautlos einherschritt!
    Er hörte es tatsächlich. Gleich darauf erklangen ihre Gedanken in seinem Bewusstsein: Um ein Haar hättest du mich damals umgebracht, Harry. Ich warne dich! In erster Linie bin ich hergekommen, um mich dafür zu revanchieren! Sie brachte ihre rechte Hand, die sie bislang hinter dem Rücken verborgen gehalten hatte, in sein Blickfeld. Sie trug ihren Kampfhandschuh. Ein Folterknecht hätte seine helle Freude an den Klingen, Haken und kleinen Sicheln gehabt, die silbern im Glanz der Sterne funkelten, wenn sie die Muskeln ihrer Hand spielen ließ.
    Harry beschwor ein Möbiustor unmittelbar zu seiner Rechten herauf und fixierte es dort. Da es unsichtbar war, stellte es das ideale Schlupfloch dar, falls er eins brauchte. Sollte Karen ihn angreifen, würde er einfach nach rechts ausweichen und verschwinden. Doch diese Gedanken behielt er besser für sich. Laut sagte er: »Soll das heißen, dass du hier bist, um mich zu töten?«
    Sie antwortete ihm mit einer Gegenfrage. Dabei bebte ihre Stimme so sehr, dass sie sie kaum noch in der Gewalt hatte: »Glaubst du etwa, du hättest es nicht verdient?«
    Harry schirmte seine Gedanken weiterhin vor ihr ab, gleichzeitig las er jedoch die ihren und erkannte, welch rasende Leidenschaften sich da zusammenbrauten. Er sah einen Zorn in ihr, der an Wut grenzte, aber nicht das geringste Anzeichen von Hass. Außerdem, und das gab für ihn den Ausschlag, erkannte er, wie einsam sie war. Ihr erging es nicht anders als ihm. »Ich hatte doch gar nicht begriffen, was es heißt ...«, begann er, unterbrach sich und versuchte es von vorn: »Ich meine, ich dachte, ich würde dir damit helfen, dich heilen, als handle es sich um eine schlimme Krankheit. Gut, ich gebe ja zu, ich habe es für meinen Sohn genauso gut wie für dich getan. Denn wäre es mir gelungen, dich zu heilen ...«
    »Zu heilen!« Sie spie das Wort geradezu aus. »Warum versuchst du denn nicht, dich selbst zu heilen! Dafür gibt es kein Heilmittel, Necroscope! Das hast du mittlerweile doch sicher auch begriffen?«
    Er nickte, ließ es darauf ankommen und schob sich langsam ein Stückchen näher. »Ja, das weiß ich jetzt auch«, erwiderte er. »Aber auf gewisse Weise habe ich dich dennoch gerettet. Du hattest einen Vampir in dir, von der Art, die die Wamphyri als ›Mutter‹ bezeichnen. Hättest du tatsächlich so viele Vampire hervorgebracht, hätte dich das schließlich so weit geschwächt, dass du gestorben wärst. Habe

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