TODESSAAT
gerichteten Gedanken aus: Hörst du mich? Als Erwiderung spürte er ihr züngelndes Leben; doch war es sehr weit niedergebrannt. »Aye, und noch nicht zu Tode verblutet. Noch nicht ganz.«
»Und dieser große Bottich voller Dreck und der Ferenc, sie wissen, dass er hier irgendwo ist?«
»Natürlich, sonst hätte ich Euren Beistand ja nicht nötig.«
»Hah!«, rief Arkis aus. »Ich hätte es wissen müssen! Gibt es etwas umsonst? Was? Geh in dich, Arkis, mein Freund. Dies ist der Große Lord Shaithis, der zu dir spricht. Oh, lasst uns Freunde sein, Arkis – denn ich bedarf Eurer Hilfe!«
»Sei’s drum!« Shaithis zuckte die Achseln. »Ich habe mir nichts vorzuwerfen; die gemeinsame Unternehmung fasste ich ins Auge, weil sie eine gemeinsame Rückkehr ins Leben sichert, das ist alles. Es ist ein Geschäft, das auf Gegenseitigkeit beruht, zu gleichen Teilen. Doch ob es etwas umsonst gibt? Was denn? Meint Ihr, dies ist die Sonnseite bei Sonnunter, mit Massen von traumverloren herumwandernden, wohl schmeckenden Travellern?« Er tat, als wolle er sich abwenden. »Alsdann, gute Jagd ...«
»Wartet!« Der andere rückte einen Schritt näher und sprach in einsichtigerem Ton: »Wie sieht Euer Plan aus?«
»Ich habe keinen Plan«, erwiderte Shaithis. »Nur essen.«
»Eh?«
Nun war es an Shaithis zu stöhnen. »Hört zu, denn nun werde ich für meinen Teil meine Frage wiederholen: Können Volse und der Ferenc zwei Geflügelte bewachen?«
»Gewiss – ein Mann für jeden.«
»Aber wir sind zwei Männer!«
»Und wenn sie beide zusammen Wacht halten?«
»Dann ist eine Kreatur unbewacht! Hat der Frost Euer einst so agiles Gehirn verklumpt, Arkis?« (Letzteres war nichts als Schmeichelei, doch ein wenig Honig mochte nicht schaden.)
»Hmmm!« Der Sohn des Aussätzigen überlegte einen Moment, dann verzog sich seine Miene zu einem finsteren Blick, und er stieß einen Finger in Shaithis’ Richtung. »Nun gut – aber sobald wir es mit Volse Pinescu selbst zu tun bekommen, töten wir ihn. Und ich will sein Herz! Gilt dieser Handel?«
»Er gilt«, antwortete Shaithis. »Wahrhaftig, man sollte meinen, dies sei ohnehin das einzige Stück, das es wert ist, verspeist zu werden.«
»Hah!«, schnaubte Arkis. »Ha, ha! Oh, ha – ha – haaa! «, lachte er auf seine ganz eigene Art.
Nur weiter so, lach nur, dachte Shaithis und hielt seine Gedanken im Verborgenen. Wenn Volse und Fess erledigt sind, wirst du der Nächste sein, Knochenhirn! Laut sagte er: »Nun hütet Eure Gedanken, wenn wir ins Eis hinausgehen ...«
Volse Pinescus Flügler war überdeckt mit Frost und steif wie ein Brett. Trotzdem hätte sich Arkis Leprasohn auf ihn gestürzt – doch Shaithis belehrte ihn: »Lasst uns unsere kostbare Zeit nicht hier vergeuden. Warum? Weil Ihr an diesem Kadaver nur eure Fangzähne stumpf kaut!«
Arkis wandte ihm das verzerrte Gesicht zu. »Es ist Nahrung, oder?«
»Aye«, bestätigte Shaithis. »Und kaum einen Kilometer weiter gibt es eine ganze Menge mehr – nur dick und rot und mit saftig pulsierenden Adern. Gute Bestien habe ich geschaffen, Arkis, von feinstem Fleisch. Hört mich an: Spürt Ihr unsere Feinde? Nein? Genauso wenig wie ich sie spüre. Allzu wachsam sind sie demnach nicht, richtig?«
Arkis schnüffelte die eisige Luft. »Das bereitet mir Sorgen. Was tun sie, was vermutet Ihr?«
»Nachdem wir uns den Bauch vollgeschlagen haben, bleibt uns noch Zeit genug, Vermutungen anzustellen!« Damit stapfte Shaithis los, hinweg über das elmsfeuerblaue Eis. Arkis Leprasohn schlurfte watschelnd hinter ihm drein, ein Köter, der rasch lernte, bei Fuß zu gehen. Einmal nur sah Shaithis zu ihm zurück und nickte, dann wandte er den Blick wieder nach vorn und grinste so verschlagen wie in den alten Tagen. Shaithis, der Führer, immerdar! Und wie leicht es gewesen war, einmal mehr den Herrschermantel aufzunehmen!
Ein Sturmwind kam auf.
Während Shaithis und Arkis Leprasohn, genannt Schrecktod, in jener Höhlung saßen, die Volse Pinescu und der Ferenc in den Bauch von Shaithis’ Geflügelten geschnitten hatten, und die nur mehr schwach pulsenden Säfte der nun empfindungslosen Bestie schlürften, verdunkelten draußen jagende Wolken die strahlenden Sterne. Schnee fauchte in einem kurzlebigen Blizzard übers Land und bescherte dem Eis eine dünne, weiche Decke.
Als der Wind wieder erstarb, war der ausgeschlachtete Flügler tot, und seine Arterien wurden bereits steif. »Ab jetzt nur noch kalte Kost«, kommentierte Shaithis
Weitere Kostenlose Bücher