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Todessaat

Titel: Todessaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Arnout Smith
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Lokomotivschuppen sehen zu können. Im wandernden Mondlicht erkannte man von der Ruine nur Beton und Eisen, umgeben von Sanddünen und verkrüppelten Palmen.
    Nichts bewegte sich. Sie zog den Kopf zurück und drückte ihn eng an den Waggon. Sie hatte keine Ahnung, wo sich Stuart gerade befand, und das machte ihr wahnsinnige
Angst. Sie bemühte sich, Schritte, ein Knirschen des Sandes oder Atmen zu hören. Doch bis auf das Geräusch des Windes, der über die rostigen Güterwaggons am Rande des verdunkelten Schuppens strich, war nichts zu hören.
    Sie würde sich bewegen müssen, und zwar sofort, deshalb berechnete sie die Entfernung zwischen ihrem Standort und der offenen Waggontür. Grace holte tief Luft und rannte darauf zu.
    Es war Johnstone, der gegen den Waggon lehnte und wirkte, als denke er angestrengt über etwas nach. Stark und imposant trug er die schwarze Uniform der Union-Pacific-Sicherheitsmänner. Er stand völlig bewegungslos am Wagen. Die Erleichterung machte sie sogleich wütend. Er schlief bei der Arbeit.
    »Johnstone.« Sie rüttelte an seiner Schulter und drehte ihn zu sich.
    Er rutschte und landete schwerfällig auf dem Boden. Er schlug zuerst mit der Schulter auf, dann folgte der Kopf, der in einem seltsamen Winkel abstand. Ein Pfeil durchbohrte seine Kehle. Die vordere Seite der Uniform leuchtete rot.
    Da war eine ganze Menge frisches Blut. Sie schrie auf.
    Der Mond verschwand hinter einer Wolken. Ein Schienenstrang blitzte auf und erlosch sofort wieder.
    »Grace.«
    Stuart sprach ihren Namen wie eine Koseform aus. Sie hatte keinerlei Deckung, kniete auf dem Boden, und Johnstones Körper lag schwer in ihren Armen.
    Sie war gefangen. Er würde sie umbringen. Gleich hier würde alles enden. Er lief durch die Dunkelheit. Seine Schritte schienen aus allen Richtungen zu kommen, als wolle er herausfinden, von wo aus er sein Ziel am besten ins Visier nehmen konnte.
    Taubheit breitete sich von ihren Lippen über das Gesicht aus. Selbst die Finger fühlten sich wie gelähmt an.

    Grace änderte ihre Position, und die Analytikerin in ihr meldete sich.
    »Was glaubst du, wie Vonda über dich denken wird, wenn sie das hier herausfindet?«
    Sie riskierte einen Blick nach unten auf die Leiche und suchte nach dem Pistolengürtel. Er war weg. Genauso wie die Waffe, die Handschellen und das Funkgerät. Alle Utensilien, die sie gerettet hätten. Sie verlagerte ihr Gewicht und fühlte etwas im Dreck. Ein Metallschloss. Sie legte die Finger darum.
    Ihr wurde klar, was hier passiert war. Johnstone und Judith Woodruff, der Kopf der Firma, hatten den Inhalt des Waggons überprüft und wollten ihn gerade abschließen, als sie den Wagen gehört hatten.
    Judith hatte sich entschlossen, dem Auto entgegenzufahren, um zu sehen, wer darin saß. Vielleicht waren sie spät dran. Vielleicht hatte sie darauf vertraut, dass Johnstone den Rest auch ohne sie schaffte. Vielleicht war sie einfach müde.
    Doch ihre Entscheidung hatte Judith das Leben gerettet.
    Die Angst gewann erneut die Überhand. Johnstones Pistole, die Handschellen; alles, was sie zum Überleben brauchte, war weg. Aber vielleicht hatte er noch seine Schlüssel. Sie wusste, dass er seinen Wagen immer am Rand des Rangierbahnhofs parkte. Er hat auch ein Gewehr in seinem Auto. Sicher in einer Ablage am Dach verriegelt. Stuart hatte ihr das erzählt. Möglicherweise war auch das eine Lüge.
    Sie schluckte die Angst hinunter und fragte sich, ob das Letzte, was sie hören würde, das dünne Pfeifen eines Pfeils war. Sie wünschte, sie wüsste, wo Stuart war.
    »Du hättest ihn nicht umbringen müssen.« Sie verlagerte Johnstones Gewicht und legte die Hände auf den Körper. Sein Hemd war ganz nass vom Blut. Sie fand die Schlüssel in seiner Hosentasche. Ihre Finger legten sich behutsam um den Schlüsselring. Sie hatte gefunden, wonach sie suchte.

    »Du hast doch keine Ahnung«, antwortete Stuart kalt. Die Stimme kam von unten, er war wohl direkt vor ihr. Anscheinend war er noch einen Meter näher gekommen.
    Kroch er auf sie zu? Würde er aus nächster Nähe auf sie schießen, sodass die Pfeilspitze in ihr explodierte? Nach seiner Stimme zu urteilen, war er vielleicht noch fünfzehn Meter entfernt. Sie setzte sich auf die Knie. Noch immer hielt sie Johnstones Körper.
    Dann riss die Wolkendecke auf und enthüllte ihn. Das Nachtsichtgerät verdeckte die Augenpartie. Stu legte die Armbrust an und stellte den Fuß auf eine Eisenstange, während er die Nocke in die Sehne

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