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Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Titel: Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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dafür hatte – was sollte ein Briefkasten in dieser Situation schon Wichtiges enthalten? Am Ende musste sie ihn doch leeren, fischte Werbeprospekte und andere unwichtige Sendungen heraus und legte sie auf den Boden. Um sicherzugehen, dass Ægirs Eltern den Bericht bekamen, wollte sie sie anrufen. Schließlich sollte der Umschlag nicht zwischen vergilbten Zeitungen verschüttgehen. Sie musste sowieso mit den beiden sprechen, da sie vom Auflösungsausschuss eine Bestätigung bekommen hatte, dass Ægirs Gehalt wie üblich bezahlt würde, und auch ihr Gespräch mit dem Jugendamt über das Umgangsrecht positiv verlaufen war. Es war schön, zur Abwechslung mal gute Nachrichten überbringen zu können.
    »Na, wie läuft’s? Wir drehen hier fast durch, weil wir keine Infos bekommen. Die Polizei lässt uns einfach links liegen«, beklagte sich Fannar.
    Er saß Dóra in einem kleinen Besprechungsraum gegenüber, wie immer gut angezogen, und erinnerte an die jungen Banker, denen vor der Krise die Straßen und Bars der Stadt gehört hatten.
    »Klärt sich der Fall langsam?«
    Dóra nippte an ihrem Kaffee und schüttelte den Kopf. Sie war auch nicht besser als Bella, denn von ihren feuchten Haaren flogen ein paar Tropfen durch die Luft. Einige landeten auf dem glänzenden Verhandlungstisch, und sie stellte ihre Tasse ab, um sie wegzuwischen.
    »Nein, leider nicht. Außer dass ziemlich klar ist, dass Ægir und seine Familie tot sind. Niemand hat noch Hoffnung, sie lebend zu finden.«
    »Hat das denn wirklich jemand für möglich gehalten?«, fragte Fannar herablassend.
    Dóra zuckte vorsichtig mit den Achseln, um nicht schon wieder einen Regenguss auszulösen, und antwortete:
    »Man geht eben so lange wie möglich vom Besten aus. Aber jetzt wurden zwei der sieben Personen, die an Bord waren, tot aufgefunden, was die Hoffnung auf Rettung stark verringert. Außerdem liegt die Überfahrt jetzt schon so lange zurück.«
    Sie erwähnte nicht, dass jemand das Schiff verlassen haben könnte, denn sie wollte Fannar auf keinen Fall Infos geben, die nicht öffentlich bekannt waren. Die Kunst war nur, ihn das nicht merken zu lassen.
    »Aber bitte behalten Sie das für sich.«
    »Selbstverständlich. Keine Frage.« Fannars Augen glänzten, und er fügte hinzu: »Das, was wir hier besprechen, bleibt unter uns. Deshalb habe ich diesen Raum ausgewählt. Hier sind natürlich alle furchtbar neugierig, immerhin war Ægir einer von uns.«
    Der Mann musste sie für völlig naiv halten. Bevor sie im Auto säße, hätte er die Neuigkeit bestimmt schon ein, zwei Kollegen mitgeteilt. Und sobald sie zurück im Skólavörðustígur wäre, hätten diese beiden die Geschichte weitergetratscht.
    »Bei den Unterlagen, die ich von Ihnen bekommen habe, war ein Blatt mit Karítas’ Namen und Telefonnummer. Wissen Sie, warum? Ich wollte Sie das schon die ganze Zeit fragen, habe es aber immer vergessen.«
    Dóra hielt ihm eine Kopie des Zettels hin.
    Fannar wirkte erstaunt, setzte aber schnell wieder sein gewohntes Lächeln auf.
    »Ach, das.« Er lehnte sich vor und steckte sich ein Stück Würfelzucker in den Mund. »Das war bei den Unterlagen in Ægirs Mappe. Keine Ahnung, woher er die Nummer hatte und was er damit wollte.«
    »Kannte er Karítas?«
    Fannar hörte auf, an dem Zuckerwürfel zu lutschen.
    »Nein, ganz bestimmt nicht.«
    »Musste er sie aus beruflichen Gründen kontaktieren? Brauchte er ihre Unterschrift, oder musste er sie über die Beschlagnahme informieren?«
    »Eher nicht. Der Kredit und die Yacht liefen auf den Namen ihres Mannes. Es hätte keinen Sinn gehabt, ihr irgendwas zu schicken. Vielleicht wollte er ja nur wissen, wo sich ihr Mann aufhielt.«
    Dóra trank einen Schluck Kaffee und überlegte, was das bedeutete. Die Unterlagen über die Yacht, die sie in Ægirs Nachttisch gefunden hatte, ließen darauf schließen, dass er seinen Job sehr ernst nahm oder sogar davon besessen war.
    »Arbeiten Sie und Ihre Kollegen eigentlich auch von zu Hause aus? Nehmen Sie schon mal Unterlagen mit nach Hause, wenn viel zu tun ist?«, fragte sie.
    »Nein, nie. Wir haben natürlich Laptops, aber es wird nicht gerne gesehen, wenn man Unterlagen aus dem Büro mit nach Hause nimmt. Warum fragen Sie?«
    »Ich habe nur überlegt, ob Ægir Papiere über die Yacht zu Hause haben könnte. Ob es sich lohnt, mal nachzusehen.«
    »Das glaube ich nicht. Es würde mich zumindest sehr wundern. Ægir war überaus korrekt und hätte nicht heimlich Unterlagen mit nach

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