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Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Titel: Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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also nicht verrückt. Jedenfalls aller Wahrscheinlichkeit nach nicht. Schade, dass sie Bella nicht fragen konnte, ob sie ein ähnliches Gefühl gehabt hatte. Aber das war ausgeschlossen, dadurch würde sie sich vor der Sekretärin bloßstellen.
    Dóra suchte im Internet nach Infos über Gulam, Karítas’ ausländischen Ehemann und Vorbesitzer der Yacht. Sie wollte unbedingt mehr über die Vorgeschichte wissen. Die Zeitungen hatten damals wegen der Verbindung zu den isländischen Banken über die Pleite des Mannes berichtet, aber Dóra interessierte sich nicht besonders für Wirtschaftsnachrichten und hatte nur die Überschriften gelesen. Als sie seinen Namen eintippte, kamen nur wenige Seiten. Er schien möglichst unauffällig bleiben zu wollen, was vielleicht verständlich war. Er war Finanzinvestor, machte seine Geschäfte aber größtenteils unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
    Die Beiträge ließen sich in drei Gruppen aufteilen: vernichtende isländische Berichte über Gulams Pleite, ausländische Wirtschaftsnachrichten, in denen nur am Rande über seine Investitionen berichtet wurde, und Klatschgeschichten aus der Schickimickiwelt, in denen er eher als Nebenfigur fungierte. Letztere tauchten auch häufig auf isländischen Nachrichtenseiten auf, wo dem Ehepaar wesentlich mehr Beachtung geschenkt wurde. Die Isländer interessierten sich natürlich immer sehr für ihre Landsleute, die es in die große, weite Welt verschlagen hatte, besonders, wenn sie ihre Schäfchen ins Trockene gebracht hatten. Und das traf ganz eindeutig auf diese junge Frau zu, die es genoss, sich im Scheinwerferlicht zu baden.
    In dieser letzten Gruppe von Beiträgen ging es nicht um Aktienwerte oder Preisindexe, sondern um Partys, Galaabende und die Kleidung der Gäste. Karítas’ Ehemann war jedoch nicht so berühmt, dass er und seine Frau in den ausländischen Artikeln eine große Rolle gespielt hätten. Wenn sie auf einem Foto auftauchten, war es fast ausnahmslos ein Lückenfüller am Ende einer Fotostrecke. Und der Mann war nie alleine auf einem Bild – er hatte immer Karítas am Arm, und Dóra vermutete, dass die Fotos ohne sie gar nicht erschienen wären. Seine isländische Ehefrau war nämlich außerordentlich elegant und hätte gut Model sein können, während ihr Mann im Vergleich zu ihr eindeutig den Kürzeren zog. Er war klein, untersetzt und aufgedunsen und kämmte sich seine Resthaare über die Glatze, die Karítas jedes Mal sah, wenn sie auf ihn herunterschaute. Wobei man hätte meinen können, er sei ein echter Traumprinz, so fest schmiegte sie sich auf sämtlichen Fotos an ihn. Ihr schlanker Arm in immer neuen Kleidern krallte sich um sein kräftiges Handgelenk im dunklen Anzug. Er war blass wie ein Leichenbestatter, sie farbenfroh und braungebrannt. Er fast glatzköpfig und sie mit langem, dickem, blondem Haar, immer frisch frisiert. Sein Gesicht aufgeschwemmt, ihres mit markanten Wangenknochen. Er unauffällig, sie überall mit Schmuck behängt. Seine Zähne ziemlich schlecht gepflegt, ihre schneeweiß und gerade. Er eher klein, sie groß. Vielleicht kein Wunder, dass sie den Fotografen herzlich anlächelte, während er ein missmutiges Gesicht machte. Ihre Ehe war wie die Verschmelzung zweier gegensätzlicher Pole.
    Als Dóra klarwurde, dass das zu nichts führte, suchte sie nach Informationen über Karítas selbst. Auf einer isländischen Seite fand sie eine Notiz, aus der hervorging, dass Karítas fünfundzwanzig Jahre jünger war als ihr Mann und ihn bei ihrer Arbeit in einem Reykjavíker Hotel kennengelernt hatte, in dem er Gast gewesen war. Es war unklar, welchen Job sie dort ausgeübt hatte, aber drei Monate später waren sie verheiratet – er zum dritten und sie zum ersten Mal. Sie hatten keine Kinder. In einem anderen Artikel stand, Karítas habe vor der drohenden Pleite ihres Mannes die Scheidung eingereicht. Dóra erinnerte sich dunkel daran, die Geschichte damals auf dem Cover einer Zeitschrift im Supermarkt gelesen zu haben. Die Trennung war wohl kaum aus heiterem Himmel gekommen, denn es war peinlich offensichtlich, was Karítas an ihrem Mann interessiert hatte. Es war die übliche Geschichte, und sämtliches Gefasel von der großen Liebe auf den ersten Blick wirkte in solchen Fällen ziemlich lächerlich, zumindest hatte Dóra noch nie etwas von Ehen zwischen hübschen jungen Frauen und bettelarmen älteren Männern gehört. Wobei es völlig in Ordnung war, wenn beide damit glücklich wurden. Aber in

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