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Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Titel: Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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weil er lebensgefährlich ist, und du bist erstens zu jung dafür und hast zweitens überhaupt keine Erfahrung. Schon allein der Flug zum Arbeitsplatz ist lebensgefährlich. Das kommt überhaupt nicht in Frage!«
    Gylfis Lächeln war wie weggewischt.
    »Natürlich kommt das in Frage«, entgegnete er und stand auf. »Du hast überhaupt nicht darüber zu bestimmen. Ich schreibe meinen Lebenslauf und schicke ihn Papa, damit er ihn dem Mann geben kann. Es steht noch nicht hundertprozentig fest, dass er mich einstellt, aber wenn er ja sagt, mache ich es.«
    Gylfi schaute zu Matthias, erntete aber denselben ausdruckslosen Blick und wandte sich wieder an seine Mutter:
    »Du musst dich nur an den Gedanken gewöhnen und nicht immer so negativ sein.«
    Mit diesen Worten stolzierte er aus dem Zimmer. Dóra saß schweigend da und versuchte sich zu beruhigen. Dann sagte sie:
    »Was zum Teufel hat Gylfi auf einer Bohrinsel verloren? Er tankt noch nicht mal selbst, er fährt immer an die Service-Zapfsäule!«
    Matthias zuckte mit den Achseln.
    »Da gibt es bestimmt alle möglichen Jobs für junge Männer. Meines Erachtens würde ihm das nur guttun.«
    Dóra runzelte die Stirn.
    »Machst du Witze?«
    Aber Matthias musste gar nicht antworten, damit sie merkte, dass das nicht der Fall war. Es sah ganz so aus, als sei sie als Einzige dagegen. Sie allein musste ihren Sohn irgendwie davon abhalten. Verhindern, dass er einen Job annahm, der ihn das Leben kosten konnte und außerdem dazu führte, dass Orri seinen festen Punkt im Leben verlor – seine Großmutter. Auch wenn Gylfi und Sigga gute Eltern waren und ihren Sohn liebevoll betreuten, fehlte ihnen die Lebenserfahrung, die man für eine gute Kindererziehung brauchte. Dóras Gedanken kamen abrupt zum Stillstand, als ihr einfiel, dass sie im selben Alter Mutter geworden war. Und das hatte eigentlich ganz gut funktioniert. Na toll, jetzt wandten sich schon ihre eigenen Gedanken gegen sie.
    Dóra drehte sich wieder zum Computer, wütend auf Gott und die Welt. Sie wollte erst einmal nicht weiter darüber nachgrübeln, zumal es durchaus möglich war, dass Gylfi seine Meinung geändert hatte, wenn er morgen früh aufwachte. Um auf andere Gedanken zu kommen, suchte sie nach Geschichten über verlassene Schiffe.
    Und die waren ziemlich ergiebig.

6. Kapitel
    Das Wetter hatte sich seit dem gestrigen Abend deutlich verschlechtert, und die Yacht schaukelte heftig. Schwere, dunkelgraue Wolkenbänke zogen über den Himmel, und der Regen musste jeden Moment losprasseln. Das Wasser war nicht mehr bläulich, sondern spiegelte den dunklen Himmel wider: alles grau und bedrohlich. Die Stimmung an Bord war trübselig, und die Mädchen wirkten gelangweilt und enttäuscht. Die Fahrt war nicht so vergnüglich, wie sie es sich vorgestellt hatten.
    »Warum sind die Wellen obendrauf weiß, Papa?« Bylgja starrte aus dem Fenster im Wohnzimmer, wo sich die Familie versammelt hatte.
    »Weil sie sich mit der Luft vermischen, wenn die Wellen so hoch schlagen. Und das ist gut für die Fische, weil sie dann Sauerstoff aus dem Wasser bekommen.«
    Ægir war sich nicht sicher, ob diese Erklärung stimmte. Er war nie besonders gut in Naturkunde gewesen. Zahlen und Berechnungen lagen ihm besser, die waren eindeutig, und es gab fast nie Ausnahmen.
    »Pass auf! Geh am besten da lang, wo du dich festhalten kannst«, sagte er und beobachtete, wie seine Tochter mit unsicheren Schritten durch den Raum aufs Sofa zuwankte. Die Yacht schaukelte heftig nach beiden Seiten, und sie waren am Morgen alle schon einmal hingefallen. Sie hatten grünliche Gesichter, und obwohl sie versuchten durchzuhalten, machte sich der Magen bei jedem Schlingern des Schiffes bemerkbar.
    Lára lag ausgestreckt auf dem Sofa und hatte den Kopf in den Händen vergraben. Sie hatte über Kopfschmerzen geklagt und beim Frühstück nicht viel runtergekriegt. Die Mädchen hatten zugelangt, als fürchteten sie, länger nichts mehr zu essen zu bekommen, und Ægir hoffte, dass sie die Seekrankheit überwunden hatten – zumindest fürs Erste. Doch als er sah, wie dumpf und schlapp sie waren, schien ihm das zu optimistisch. Bylgja war immer noch erschöpft, und Arna wirkte auch nicht viel munterer.
    »Ist mein Kopf größer als sonst?«, fragte Lára und nahm eine Hand von ihrem Kopf. Er sah genauso aus wie sonst, bis auf den Abdruck ihrer Hand auf der Wange.
    »Nein, er sieht völlig normal aus«, antwortete Ægir und stieß langsam Luft aus, um gegen die

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