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Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Titel: Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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in den Schläfen ließen etwas nach. »Atmet mal tief ein und aus, Mädchen. Dann fühlt ihr euch besser.«
    »Wenn ich tief ein- und ausatme, muss ich die Augen zumachen, und das will ich nicht«, sagte Bylgja und schaute zu ihrem Vater, noch blasser als vorher. »Dann sehe ich die Frau.«
    »Welche Frau?« Ægir beugte sich zu ihr hinunter und achtete darauf, die Hand ihrer Schwester nicht loszulassen.
    »Die Frau auf dem Bild. Ich hab von ihr geträumt, und wenn ich die Augen zumache, hab ich Angst, wieder von ihr zu träumen.«
    »Welches Bild denn, Schatz?«
    »Das Bild im Wohnzimmer. In dem Rahmen an der Wand«, antwortete Bylgja. Ihre Brillengläser waren mit kleinen Gischttropfen bedeckt.
    Ægir versuchte, sich zu erinnern, welches Bild sie meinte. Im Gegensatz zu Lára interessierte er sich nicht besonders für andere Menschen, während sie stundenlang Klatschheftchen lesen und Fotos von Fremden inspizieren konnte. Sie verbrachte auch unmäßig viel Zeit auf Facebook und schaute sich Fotos von Freunden und Bekannten an. Ægir war das völlig unverständlich.
    »Welches Bild meint sie, Lára?«
    »Das Gemälde von Karítas. Die Ehefrau des Vorbesitzers der Yacht. Es hängt an der Wand direkt neben dem Fernseher. Das musst du doch bemerkt haben.« Lára lächelte zaghaft und wirkte so schon viel munterer. »Oder bist du so vernarrt in deine Frau, dass du keine anderen mehr siehst?«
    Anstatt zu antworten, wandte sich Ægir wieder Bylgja zu, die an seiner Hand zog.
    »Die Frau mit der Halskette, Papa! Auf dem Bild. Die hat sie im Traum auch an. Aber ihr Gesicht ist ein bisschen anders.«
    »Ach so, die Halskette.« Schmuck interessierte Ægir noch weniger als andere Menschen. Er nahm Bylgjas Hand fester in seine. »Wir träumen oft von Dingen, die wir tagsüber gesehen haben. Deshalb hat dich die Frau auf dem Bild im Traum besucht. Du kannst ruhig die Augen zumachen, Schatz, Träume können einen nämlich nicht verletzen. Sie sind einfach nur wie Gedanken. Gedanken, die ein bisschen durcheinandergeraten, weil wir schlafen und nicht aufpassen.«
    Er wollte noch hinzufügen, dass es so ähnlich war, wie betrunken zu sein, wenn die Vernunft schwindet und einem irgendein Unsinn wie eine großartige Idee vorkommt, ließ es aber lieber bleiben. Das hätte bestimmt nicht zu Bylgjas Verständnis beigetragen.
    »Ich hab auch von der Frau geträumt. Das hab ich Mama gestern Abend erzählt«, sagte Arna und schaute zu ihrem Vater. Er lächelte sie an und drückte die Hände seiner beiden Töchter. Arna lächelte nicht zurück, sondern sprach mit besorgter Miene weiter. »Meine Freundin Helga sagt, dass Träume einem was sagen. Wenn wir dasselbe träumen, hat der Traum ganz bestimmt was zu bedeuten. Vielleicht versteckt sich die Frau auf dem Schiff.«
    »Nein, das glaube ich nicht. Ihr träumt dasselbe, weil ihr Zwillinge seid. Ihr seht gleich aus, und manchmal träumt ihr dasselbe. Das ist doch bestimmt nicht das erste Mal, oder?«
    Doch darauf bekam er keine Antwort mehr, denn in diesem Moment ging die Tür zum Deck mit einem lauten Knall auf. Sie war gegen die Wand geschlagen.
    Halli stand in der Türöffnung, machte aber keine Anstalten, rauszukommen, sondern lehnte sich lässig gegen den Türrahmen und hielt die Tür mit dem Fuß auf.
    »Ihr solltet das hier mal nehmen. Dann fühlt ihr euch bestimmt besser.« Er streckte seine geschlossene Hand aus und wartete, dass sie zu ihm kämen. »Das sind Tabletten gegen Seekrankheit, die habe ich in einer Kabine gefunden. Þráinn sagt, sie wären in Ordnung. Pflaster wären besser, aber wir haben keine gefunden.«
    Lára nahm die Tabletten entgegen.
    »Danke.« Sie musterte die Packung und umschloss sie dann fest mit ihrer Hand. »Hoffentlich wirken die schnell.«
    Halli zuckte nur mit den Schultern, nahm seinen Fuß aus dem Türspalt und ließ die Tür hinter sich zufallen. Sie hörten, wie der Riegel vorgeschoben wurde.
    »Sind wir jetzt ausgesperrt?«, fragte Lára. »Na toll.«
    »Nein, man kann den Riegel von innen und außen vorschieben. Das habe ich schon getestet«, antwortete Ægir. Er hatte Angst gehabt, dass sich die Mädchen ein- oder aussperren könnten. Man wusste nie, auf was für Ideen sie kamen.
    »Wie wär’s, wenn wir noch ein paar Mal tief durchatmen und dann reingehen und die Tabletten nehmen? Am besten mit Wasser.« Er füllte seine Lungen tief und atmete dann demonstrativ aus. Anschließend wiederholte er das Spiel und schaute dabei auf das wogende

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