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Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Titel: Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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Oberlippe, so als röche sie etwas Unangenehmes. Es gab kaum eine Einrichtung, in die sie schlechter gepasst hätte. Sie starrte auf die Fotos von Karítas, die sie entweder alleine oder mit ihrem Mann zeigten – wahrscheinlich weckten die Bilder Erinnerungen an ihre Jugend, die sie lieber verdrängte. Allerdings handelte es sich ausschließlich um Fotos nach Karítas Einheirat in die Welt der Reichen. Keines von ihr als Kind oder Jugendliche.
    »Also dann.« Die Frau brachte ein silbernes Tablett mit geblümten Porzellantassen, einer dazu passenden wuchtigen Kaffeekanne, einem Milchkännchen und einer Zuckerdose mit einem kleinen Silberlöffel. »Darf ich Ihnen ein Tässchen anbieten? Ich brauche selbst dringend einen Kaffee. Obwohl ich versuche, weniger Kaffee zu trinken, weil mein Blutdruck so hoch ist.«
    Sie schenkte Dóra und Bella ein, die bei dem Wortschwall nur nickten, und nahm sich dann selbst eine Tasse.
    »Wer von Ihnen ist denn nun Dóra?«
    »Ich!«, sagte Dóra zu schnell und zu laut, weil sie auf keinen Fall mit Bella verwechselt werden wollte. »Ich bin Dóra, wir haben miteinander telefoniert. Das ist Bella. Sie arbeitet in der Kanzlei.«
    Die Frau streckte Bella die Hand entgegen und sagte:
    »Hallo, nennen Sie mich einfach Begga.« Dann schaute sie Bella forschend an. »Sie kommen mir irgendwie bekannt vor, kann es sein, dass wir uns kennen?«
    »Ich habe als Kind im selben Viertel gewohnt wie Sie. Karítas war in meiner Jahrgangsstufe. Vielleicht kennen Sie mich daher.«
    Begga wurde plötzlich unruhig und schien nicht an ihr früheres Leben erinnert werden zu wollen. Dóra verfluchte sich selbst, dass sie nicht an diese Möglichkeit gedacht hatte.
    »Bella hat mir erzählt, wie gut sie sich an ihre Tochter erinnert, sie muss so unglaublich hübsch gewesen sein. Und ist es natürlich immer noch«, warf sie ein.
    Die Frau entspannte sich ein wenig. Im Gegensatz zu Bella, die sich aber immerhin zusammenriss.
    »Karítas war immer auffällig. Schon als Säugling sah sie aus wie ein Engel.«
    Die Mutter lächelte bei der Erinnerung. Der Lippenstift, den sie bestimmt extra für den Besuch aufgelegt hatte, zog sich in die kleinen Fältchen um ihre Lippen, wodurch sie älter wirkte, als sie war. Auch wenn man nicht sagen konnte, dass Karítas ihrer Mutter aus dem Gesicht geschnitten war, gab es eine gewisse Ähnlichkeit, vor allem um die Augen herum. Es war allerdings schwierig, Beggas Gesichtszüge richtig auszumachen, denn sie war unverhältnismäßig stark geschminkt. Vielleicht war sie in jungen Jahren eine Schönheitskönigin gewesen und konnte sich nicht mit ihrem Alter abfinden. Ihre Beine waren jedoch immer noch schlank und attraktiv, worüber sie sich vollkommen bewusst war, denn sie trug einen knielangen Rock und hochhackige Schuhe, die für diesen Anlass völlig unangemessen waren. Ihr restlicher Körper wirkte im Vergleich zu ihren Beinen aufgedunsen.
    »Ich kann gar nicht beschreiben, wie sehr ich sie vermisse. Wir sind uns so nahe. Wir waren ja immer nur zu zweit. Ihr Vater war nie da. Deshalb sind wir uns so wichtig. Wir waren mehr wie beste Freundinnen als wie Mutter und Tochter«, sagte Begga, und es klang eher wie Wunschdenken als wie Realität.
    »Das glaube ich.« Dóra lächelte. »Wohnt sie hier bei Ihnen, wenn sie in Island ist?«
    »Ja, meistens. Wenn sie alleine kommt. Den beiden gehört ja das Haus. Eigentlich wohne ich nur hier, um ihnen einen Gefallen zu tun, sonst würde ja ständig eingebrochen. Wenn Gulam mitkommt, übernachten sie in einem Hotel. Er kommt ja nicht oft mit, eigentlich gar nicht mehr. Verständlicherweise.« Begga warf den Kopf zurück. »Sogar Karítas kann sich das nicht mehr vorstellen.«
    »Meinen Sie wegen der Sache mit der Bank?« Dóra traute sich nicht, die Worte Schulden oder Insolvenz in den Mund zu nehmen.
    »Ja. Das ist wirklich schrecklich.« Begga nippte an ihrem Kaffee, und als sie die Tasse abstellte, blieb ein roter Streifen am Rand haften. »Ich darf aus verständlichen Gründen nicht darüber reden, man weiß ja nie, was diesem Sonderstaatsanwalt zu Ohren kommt. Als ob ein so reicher Mann wie Gulam auf die Idee kommen würde zu betrügen, um Geld zu verdienen. Das hat er doch gar nicht nötig!«
    Sie stieß Luft durch die Nase aus und strich sich mit der Hand durch ihr schlecht frisiertes Haar.
    »Nicht, dass Sie denken, ich hätte Sie im Verdacht, für diesen Staatsanwalt zu arbeiten. Dafür sind Sie viel zu sympathisch.«
    Dass die

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