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Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Titel: Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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klar, blaugrün und warm gewesen. Hier war es so warm wie in der eiskalten Umarmung der Leiche in der Kühltruhe. Er schluckte, und die Tablette rutschte ein kleines Stück tiefer. Er fühlte sich wie damals als kleiner Junge, als er den anderen Kindern erzählt hatte, er könne von einem Garagendach zum nächsten springen. Sie hatten ihn beim Wort genommen. Er war auf die Garage des Nachbarn geklettert und hatte versucht, auf die nächste, zehn Meter entfernte zu springen, womit er so oft geprahlt hatte, wohl wissend, dass er es nie schaffen würde. Für den Rest des Sommers lag er mit gebrochenem Bein zu Hause. Hatte er denn gar nichts dazugelernt?

    Ægir musste wieder an den Beinbruch denken, als Halli und Þráinn ihn ins Wasser hinabließen. Falls das Schlimmste eintraf, waren gebrochene Knochen seine geringste Sorge. Das einzig Beruhigende war, dass er an der Reling festgebunden war, damit man ihn herausfischen konnte, falls etwas schiefging. Das wiederholte er im Geiste immer wieder, um die Panik in den Griff zu bekommen. Bei seinen früheren Tauchgängen hatte er keine Rettungsleine gehabt. Doch diese Beruhigung verpuffte, als seine Füße die aufgewühlte Wasseroberfläche berührten und die Kälte ihn packte. Auch als sein gesamter Körper im Wasser war, wurde es nicht besser. Seine Zähne klapperten, ohne dass er etwas dagegen tun konnte, und hinderten ihn daran, aus ganzer Kraft zu brüllen, er hätte es sich anders überlegt. Aber das kam nicht in Frage. Jetzt war er hier und musste diese Aufgabe hinter sich bringen. Es würde ohnehin nur fünf Minuten dauern. Doch es war schwer, an die eigene Lüge zu glauben – natürlich würde es länger dauern. Er warf einen Blick auf den Sauerstoffmesser und sah, dass noch genug in der Flasche war – selbstverständlich war der Sauerstoff, seit er die Flasche angelegt hatte, nicht weniger geworden. Wäre sie doch leer gewesen! Dann hätte niemand erwartet, dass er sich auf diese Sache einließ.
    Ægir ließ Luft aus der Weste und begann zu sinken. Als sein Kopf ins Wasser glitt, traf ihn die Kälte so heftig, als hätte ihm jemand ein Brett gegen den Schädel geschlagen. Alles wurde still, und er merkte, dass er die Luft anhielt. Einen Moment lang konzentrierte er sich nur aufs Atmen. Ein. Aus. Ein. Aus. Nach einer Weile machte er es automatisch und spürte eine gewisse Erleichterung. Trotzdem war er vollauf damit beschäftigt, nicht durchzudrehen, denn jetzt erblickten seine Augen das düstere, trübgraue Meer, das unmittelbar über seinem Kopf wogte. Er versuchte erneut sich zu beruhigen, diesmal, indem er die Augen schloss und auf seine eigenen Atemzüge lauschte, deren Lautstärke durch die Sauerstoffmaske noch verstärkt wurde. Er fühlte sich etwas besser und beschloss, die Sache anzugehen. Doch augenblicklich begannen im hintersten Winkel seines Gehirns die Alarmsirenen zu heulen.
    Es würde schlecht ausgehen.
    Es würde schlecht ausgehen.
    Es würde sehr schlecht ausgehen.
    Er öffnete die Augen.

14. Kapitel
    »Ich will acht Auen!«
    Orri sprach »Augen« wie »Auen« aus und gab keine Erklärung für die Anzahl. Vielleicht war es die höchste Zahl, die er kannte.
    »Was willst du denn mit acht Augen, Orri?«, fragte Dóra und fuhr auf den einzigen freien Parkplatz vor dem Kindergarten. »Reichen die zwei, die du hast, nicht aus?«
    »Ich will viel sehen.«
    Orri schaute aus dem Fenster, mit nachdenklichem Gesicht. Draußen gab es nicht viel, was einen vierjährigen Dreikäsehoch interessierte, selbst wenn er viermal so viele Augen hätte – nur dürre Espen, die noch keine Blätter trugen.
    »Ich weiß nicht, ob man mit acht Augen mehr sieht als mit zwei.« Dóra stieg aus dem Wagen und hielt Orri die Tür auf. »Und es wäre bestimmt viel schwieriger, abends einzuschlafen, wenn man so viele Augen zumachen müsste.«
    »Ich will trotzdem acht Auen!«
    Dóra schnallte Orri ab und trat beiseite, damit er aussteigen konnte.
    »Für die ist eigentlich gar kein Platz, Schatz. Dein Gesicht ist nicht groß genug.«
    »Spinnen sind klein. Die haben auch acht Auen.«
    Das war also die Erklärung.
    »Spinnen haben acht Beine, nicht acht Augen«, sagte Dóra.
    Der Wind schüttelte die Espen, so dass ein paar welke Blätter vom letzten Sommer weggeweht wurden. Sie brachte Orri zum Eingang, und mit jedem Schritt verstärkte sich der Lärm der zahlreichen Eltern, die ihrem widerspenstigen Nachwuchs die Anoraks auszogen, vermischt mit dem Kreischen der Kinder,

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