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Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Titel: Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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laut auf.
    »Die Mannschaft legt sich nicht in die Sonne, die ist die ganze Zeit beschäftigt, und zwischen den Wachen schläft man am ehesten. Wer sich so eine Yacht kauft, der verschwendet kein zusätzliches Geld für ein Deck für die Angestellten.« Er zuckte mit den Schultern. »Verständlicherweise.«
    Matthias begeisterte sich mehr für die Yacht als Dóra. Vielleicht, weil er sie zum ersten Mal sah und die Verzweiflung über das Schicksal der Verschollenen nicht selbst erlebt hatte. Sie konnte das Design und die Konstruktion des Schiffes hingegen unmöglich bewundern, weil sie immer an das kleine Mädchen denken musste, das jetzt wahrscheinlich Waise war.
    »Wie schnell fährt sie?«, fragte Matthias und strich mit dem Finger über einen edlen Fensterrahmen.
    »Ungefähr sechzehn Knoten, nehme ich an. Aber so schnell wird sie selten gefahren. Wahrscheinlich meistens zwölf Knoten.«
    Dóra interessierte sich überhaupt nicht für Knoten und vermutete, dass sich das Gespräch bald um Motoren drehen würde.
    »Ich sehe mich mal um. Vielleicht fällt mir ja was Ungewöhnliches auf. Wenn wir uns aufteilen, sind wir schneller, und bei Matthias sind Sie besser aufgehoben als bei mir«, sagte sie zu Snævar.
    Sie ließ die Männer im Wohnzimmer alleine und ging in den Schlaftrakt, falls man das so nannte. Wahrscheinlich hießen die Zimmer Kajüten, aber angesichts ihrer Größe fand Dóra die Wortwahl unpassend. Als sie den Gang betrat, bereute sie sofort ihren Vorschlag, sich aufzuteilen. Erst nachdem sie das Licht eingeschaltet hatte, fühlte sie sich besser, obwohl es flackerte. Snævar hatte sie darauf hingewiesen, dass es gut sein konnte, dass die Yacht bald keinen Strom mehr hätte, weil sie längere Zeit nicht bewegt worden sei. Der Gang war, wie nicht anders zu erwarten, menschenleer, und alle Türen waren geschlossen. Deshalb wirkte er noch furchteinflößender, und Dóra konnte den Gedanken nicht verdrängen, dass sich der Einbrecher vielleicht noch hinter einer geschlossenen Tür versteckte.
    Sie schüttelte das Unwohlsein ab und spähte in die verschiedenen Räume. Sie konnte sich nicht genau erinnern, wie es vor diesem seltsamen Einbruch darin ausgesehen hatte, aber alles wirkte unberührt. Erst im Zimmer der Eltern merkte sie, dass etwas anders war, als es sein sollte. Sie stand in der Tür, ließ ihren Blick durch den Raum schweifen und trat dann zögernd ein. Die Tür fiel hinter ihr zu. Dóra zuckte zusammen, und ihr Herz schlug wie wild, aber sie biss die Zähne zusammen. Sie wusste, dass die Tür vom Schaukeln der Yacht zugefallen war, und hatte sogar mit dem Knall gerechnet. Das war ein ganz normales Schiff, zwar sehr schick, aber auch nur aus Stahl und Aluminium. Genau wie ihr Auto und ihr Toaster. Davor fürchtete sie sich ja auch nicht, und es war völlig unsinnig, sich so zu verhalten, als wolle die Yacht ihr etwas antun. Dennoch konnte sie sich nicht ganz von dem unheimlichen Gefühl befreien, dass an Bord etwas Böses lauerte.
    In dem Zimmer war nichts, das darauf hinwies, dass sich ein Unbefugter darin aufgehalten hatte. Alles war so wie beim letzten Mal, außer, dass das Bett ziemlich schlampig gemacht worden war und immer noch ein großes Handtuch über dem Stuhl vor dem Kosmetiktisch hing. Ægirs und Láras persönliche Sachen waren entfernt worden – vielleicht war das die Veränderung, die sie wahrgenommen hatte. Dóra drehte sich langsam in der Mitte des Raums im Kreis und versuchte sich zu erinnern, wie es vorher dort ausgesehen hatte. Die Yacht schien schon wieder ihre Phantasie anzuregen. Sie verbot sich, an die Kinderfüße zu denken, die sie gesehen hatte. Stattdessen ging sie zu den wuchtigen Kleiderschränken und zwang sich, sie zu öffnen. Der erste Schrank war genau wie beim letzten Mal. Auch die anderen waren voller Kleidung, die ordentlich sortiert in Regalen und Fächern aus Zitrusholz lagen oder auf eleganten Kleiderbügeln an Stangen hingen, bei denen sie sich nicht gewundert hätte, wenn sie aus Silber gewesen wären. Die Frauenkleidung verströmte einen schweren, blumigen Parfümgeruch, der Dóra in die Nase stieg, bis sie sich fast ekelte. Nur ein Bügel hing leer zwischen all den anderen, die den feinen Kleidern die Schultern ersetzten, und fiel unangenehm auf. Falls Karítas ihre Kleider in Lissabon von der Yacht geholt hatte, war nicht viel dabei herumgekommen. Oder sie mochte nur dieses eine Kleid.
    In einem der zweigeteilten Schränke, der offenbar Karítas’

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