Todesschlaf - Thriller
verblüfftes Bellen. »Wieso? Soll ich damit auch einen Crashtest veranstalten?«
»Ich meine es ernst.«
»Okay. Danke. Wenn du mir aber wirklich helfen willst, dann sag Chang, dass sie mich von diesem verdammten Brett losschnallen soll, bevor ich damit durch den Flur laufe.«
Doch Alex, der es besser wusste, tätschelte ihr lediglich den Arm, und Timmie hatte wieder Zeit, um nachzudenken.
Schließlich besaß Timmie Röntgenbilder von jedem ihrer Körperteile mit Ausnahme der Knöchel, vier Klammern im Kopf und eine Krankschreibung für den Nachmittag, die Angie mit erwartungsgemäß schwarzem Humor entgegennahm.
»Ist schon in Ordnung«, sagte sie mit alligatorhaftem Lächeln. »Und ich weiß auch schon, wo Sie am besten wieder zu Kräften kommen.Warum arbeiten Sie Ihre zehn Stunden morgen nicht einfach drüben in Restcrest ab? Die haben Personalmangel und wir nicht, und Sie sollen ja möglichst wenig herumrennen, stimmt’s?«
Wenigstens brauchte Timmie ihr nicht vorzulügen, dass sie freiwillig in Restcrest Dienst tun wollte. Sie maulte und zeterte und es fehlte nur noch, dass sie Angie eine Republikanerin schimpfte. Doch dann erschien Ellen auf der Bildfläche, um sie nach Hause zu bringen und ihr so den Arbeitsplatz zu retten.
Als sie in der Zufahrt waren, holte Barb sie ein. Sie hatte praktisch den gleichen Gesichtsausdruck aufgesetzt wie Alex, auch wenn Timmie zugeben musste, dass er bei ihr nicht ganz so attraktiv wirkte.
»Du dumme Kuh!«, schnauzte die groß gewachsene Frau sie an.
Auch das »Ich habe mir Sorgen um dich gemacht« hatte aus Alex Mund irgendwie besser geklungen. Das Problem war nur, dass Timmie bei Barbs Worten Tränen aufsteigen fühlte. Also musste sie Theater spielen.
»Du hättest dabei sein müssen, Barb«, sagte sie neckisch. »Ich konnte sogar mein eigenes Haus sehen. Dieser arme Bauer hat bestimmt gedacht, wir drehen gerade Ein ausgekochtes Schlitzohr, Teil zwei .«
Barb baute sich ohne Worte vor Timmie auf und in ihren sanften, grauen Augen spiegelten sich die Tränen. »Du … dumme … Kuh!«
Nein, Barb. Du sollst lachen. Sonst wird das alles viel zu wirklich. Timmie schluckte kräftig, um die Angst zu unterdrücken, die Barbs Besorgnis wieder zum Leben zu erwecken drohte.
»Alles bestens«, sagte sie mit Nachdruck und breitete wie zum Beweis die Arme aus. »Ehrlich.«
Barbs Blick wurde schärfer, ihre Tränen heller. »Du darfst … mir niemals wieder so etwas antun«, sagte sie. »Als ich gehört habe, was passiert ist …«
Timmie war ratlos.Wie konnte sie Barb bloß zum Schweigen bringen? Und weil ihr schlichtweg nichts Besseres einfiel, nahm sie ihre Freundin in den Arm, auch wenn es verteufelt merkwürdig aussah. Sie schaffte es nur mit äußerster Mühe. Auf Zehenspitzen.
»Ich habe keine Lust mehr auf Beerdigungen.« Mehr brachte Barb nicht heraus.
Dann dauerte es noch ein paar Augenblicke, aber als Barb sich aufrichtete, waren ihre Augen trocken, und sie hatte sich wieder im Griff. Sie streckte Ellen ihre Hand entgegen. »Gib mir die Tasche. Ich bring sie nach Hause.«
»Aber …«
Barb sagte kein weiteres Wort. Ellen reichte ihr einfach die Tasche. »Danke, Barb«, meinte sie dann. »Ich habe wirklich das Bedürfnis, nach drüben zu gehen. Der kleinen Mrs. Worthmueller geht es momentan nicht besonders gut.«
Timmie bedankte sich, dass sie ihr so viel Zeit geopfert hatte, und Barb hielt den Mund, bis Ellen im Inneren des Gebäudes verschwunden war. Dann aber schob sie - die Plastiktasche mit Timmies blutverschmierten und zerschnittenen Kleidern wie eine tote Maus in der einen Hand - eine Timmie in Operationskluft und Doc-Martens-Schuhen in Richtung Parkplatz.
»Also, was ist passiert?«, wollte sie wissen.
Timmie holte noch einmal tief Luft, um sich zu sammeln, und erzählte es ihr.
»Aber wieso?«, sagte Barb. »Das ergibt doch keinen Sinn. Die Informationen sind doch alle schon längst im Computer.«
Timmie, die gerade mit heftig schmerzenden Hüften einen plötzlich sehr hoch erscheinenden Bordstein zu erklimmen hatte, zuckte die Achseln. »Vielleicht, damit sie die Eintragungen, von denen niemand erfahren soll, ändern können?«
Barb schüttelte den Kopf. »Das hätten sie doch schon längst machen können. Ich habe heute Vormittag alles überprüft. Kein Eintrag wurde verändert. Fünfzehn Restcrest-Patienten wurden in die Notaufnahme überwiesen und sind dort gestorben, sechs weitere sind in der Einrichtung gestorben, weil die Angehörigen
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