Todesschlaf - Thriller
als er ihre Straße erreicht hatte und die Absperrbänder der Polizei entdeckte, da waren all seine Pläne dahin. Murphy verfiel in Laufschritt, landete ziemlich schnell auf dem Hintern und schlidderte die halbe verdammte Straße auf demselben hinunter.
»Was ist passiert«, fragte er die Nachbarn, die sich nebenan zusammengefunden hatten, um Kaffee zu trinken und das mittlerweile leere Haus zu betrachten, das wie ein Weihnachtspaket von leuchtend gelben Bändern geziert wurde.
Eine ältere Dame mit Lockenwicklern und einem mottenzerfressenen Pelzmantel drehte sich mit begeistertem Lächeln, das nur unzureichend als Betroffenheit getarnt war, zu ihm um. »Kennen Sie Timmie? Ist das nicht schrecklich? Sie glauben doch nicht, dass sie ihren Mann umgebracht hat, oder?«
Fünf Minuten später schlidderte Murphy auf dem Weg zu Mattie die Straße entlang.
»Machen Sie Frühsport oder wollen Sie mitfahren?«
Murphy hatte all seine Energie darauf gerichtet, möglichst
schnell voranzukommen, sodass er den unscheinbaren Chevrolet Caprice, der sich neben ihn geschoben hatte, gar nicht bemerkt hatte. Doch da lehnte sich der gefürchtete Micklind auch schon über den Beifahrersitz.
»Sie fahren nicht zufällig zu den Wilsons, oder etwa doch?«, sagte Murphy.
Micklind entriegelte die Tür und schob sie auf. »Sie haben davon gehört?«
»Ich war da«, sagte Murphy und stieg ein. »Was, zum Teufel, ist denn passiert?«
Murphy musste warten, bis Micklind im ersten Gang zwei Kurven und ein ziemlich steiles Stück Straße bewältigt hatte, dann bekam er seine Antwort.
»Ihre Freundin glaubt, dass ihr Mann ermordet worden ist. Ich wollte das Ganze eigentlich als Wichtigtuer-Selbstmord zu den Akten legen, da hat Ms. Leary mich darauf hingewiesen, dass das Opfer die Tat niemals hätte selbst begehen können. Und dann hat sie mir gesagt, wieso.« Micklind lächelte sogar. »Zum großen Verdruss des Leichenbeschauers, wenn ich das hinzufügen darf. Er kann sie nicht besonders gut leiden, wussten Sie das?«
»Das hat schon seine Richtigkeit. Sie kann ihn auch nicht besonders gut leiden. Steht sie unter Tatverdacht?«
»Wohl kaum, es sei denn, sie hat jemanden damit beauftragt, was ich mir aber nicht vorstellen kann. Warum hätte sie sich erst die ganze Mühe machen und dann alles wieder zerstören sollen, indem sie uns darauf hinweist, dass es Mord war? Außerdem hat sie für die Tatzeit ein ziemlich gutes Alibi. Hat anscheinend bei Krankenhaus on Ice mitgespielt, vor ungefähr fünfzig Patienten und dem gesamten Personal.«
»Kann es sein, dass sie selbst das Opfer sein sollte?«, fragte Murphy. »Immerhin hat sie in letzter Zeit für ziemlich viel Unruhe gesorgt.«
»An Ihrer Stelle würde ich so gut wie möglich in ihrer Nähe bleiben«, sagte Micklind. »Aber nicht, dass Sie das für einen offiziellen Ratschlag halten. Meine Chefs wollen immer noch, dass ich Sie zum Schweigen bringe.«
»Was glauben Sie denn, wer es war?«
»Tja, nun ja, das ist die entscheidende Frage, nicht wahr?«
Die Wilsons wohnten in einem kleinen, weißen Häuschen auf dem Grundstück der ebenfalls mit Schindeln gedeckten Kirche der African Methodist Episcopal Zion Church. Kinder praktisch jeder Hautfarbe kamen als lärmender Haufen von der Veranda getobt, und die Einfahrt wurde von Minibussen mit dem neon-violetten Logo der Kirche verstopft. Murphy konnte sich nicht vorstellen, dass Leary nach den Ereignissen der vergangenen Nacht hier Ruhe und Frieden finden konnte. Aber Murphy war schließlich auch nicht gerade der Familientyp. Was er von Leary allerdings auch nicht gedacht hätte.
An der Haustür wurden sie von einem Mann empfangen, der über die Ausmaße eines dieser Minibusse verfügte und große Ruhe ausstrahlte. Er musste zu der Kirche nebenan gehören. »Ich bin Walter Wilson«, sagte er zur Begrüßung, nachdem Micklind ihm seine Dienstmarke gezeigt hatte. »Matties Mann. Ich nehme an, Sie möchten mit Timmie sprechen.«
Er führte sie einmal quer durch das kleine Haus bis zu einer Tür, vor der Mattie Wache stand.
»Gehen Sie ruhig weiter, essen Sie eine Kleinigkeit«, sagte sie nur, die Arme über einer beeindruckenden Brust und unter einer noch beeindruckenderen Grimasse verschränkt. »Sie kommt gleich raus.«
Im Gehen erhaschte Murphy einen kurzen Blick in das Zimmer und wusste, warum. Leary saß in einem alten Schaukelstuhl am Fenster und hatte ihr kleines Mädchen im Arm. Die beiden schaukelten gemeinsam, die Köpfe
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