Todesschlaf - Thriller
Blick nicht von diesen blitzblank polierten Halbschuhen auf ihrem Fußboden abwenden. »Ich habe ihn fast zwei Jahre lang nicht gesehen.«
»Bis heute Abend.«
»Er hat ein paar Mal angerufen. Hat gesagt, er sei in der Stadt. Aber das ist das erste Mal, dass ich ihn auch zu sehen bekomme.«
»Hat er einen deprimierten Eindruck auf Sie gemacht? Hatte er Drogen- oder Alkoholprobleme?«
»Ich weiß nicht.«
Mattie beugte sich vor. »Er hat doch eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen, wo er gesagt hat, dass er dir schon noch zeigen wird, wie sehr du ihn verletzt hast.«
Timmie konnte anscheinend nichts weiter tun, als sie anzustarren.
Mattie verzog das Gesicht. »Barb hat mir davon erzählt. Sie war so wahnsinnig wütend darüber.«
Cindy nickte. »Ja, da war ich auch dabei. Aber wir dachten, er will damit sagen, dass er dich wieder vor Gericht zerren will.«
Timmie runzelte die Stirn.Was mochten ihre Freundinnen noch alles besprochen haben? Doch sofort übermannte sie das schlechte Gewissen. Warum war sie wütend auf die, die ihr doch nur helfen wollten? Meine Güte, sie redete vermutlich genauso viel über die anderen wie die über sie.
Micklind schrieb sich ein paar Stichwörter auf. »Ich werde das überprüfen.Aber ich glaube nicht, dass da noch sehr viel passieren wird. Auf seiner rechten Schläfe sind Pulverspuren sowie durch den aufgesetzten Schuss verursachte Verbrennungen zu erkennen. Kein Anzeichen eines Kampfes, die Waffe liegt in unmittelbarer Nähe seiner Hand. Vermutlich werden wir Schmauchspuren an seinem Hemdärmel und seine Fingerabdrücke auf der Waffe finden. Es sieht also wohl alles danach aus, als sei er in Ihr Haus eingebrochen, um dort Selbstmord zu begehen, damit Sie ihn so auffinden.«
»Genauso sieht es aus, nicht wahr?«, sagte sie und trank schließlich doch einen Schluck Whiskey, weil das brennende Gefühl bis in den Magen hinunter ihr beim Denken behilflich sein sollte.
Micklind hatte sich eigentlich schon wieder seinen Notizen zugewandt. Doch jetzt richtete er noch einmal den Blick auf sie. »Aber?«
Ihr Lächeln wirkte weder freundlich noch fröhlich. »Aber bei mir hat niemand eingebrochen, und mein Exmann hat sich auch nicht selbst erschossen.«
»Du brauchst ihm gar nichts zu sagen«, meldete sich Cindy mit scharfer Stimme zu Wort.
Micklind beachtete sie nicht. »Wie kommen Sie darauf?«, sagte er zu Timmie.
Timmie machte sich nicht die Mühe, auf ihre obszön verschmierten Wände zu zeigen. »Sehen Sie sich doch das Muster der Blutspritzer an. Jason ist eins vierundachtzig groß. Die Spritzer liegen zu tief, und ihre Bahnen verlaufen au ßerdem nach oben, sodass er sich bei dem Schuss auf jeden Fall unterhalb befunden haben muss. Er ist nicht im Stehen gestorben.«
Jetzt ruhten alle Blicke auf ihr. »Dann hat er eben gekniet«, sagte Cindy. »Wieso soll er sich nicht knieend erschossen haben?«
»Wenn er sich knieend erschossen hätte«, sagte Timmie, »dann wäre er doch eher nach vorne oder zur Seite gefallen, stimmt’s? Er liegt aber mit ausgestreckten Beinen auf dem Rücken. Ich glaube einfach nicht, dass das so möglich ist.«
Van Adder hörte, was sie sagte, und fing an zu lachen. »Ach, richtig, Mick. Das weißt du ja noch gar nicht. Unsere Miss Leary hier ist nämlich eine Kriminal-Krankenschwester. Und jetzt erzählt sie uns gleich, wie wir unsere Arbeit machen müssen.Was denn noch, Ms. Leary? Sie empfangen irgendwelche Schwingungen, stimmt’s? Botschaften aus dem Totenreich?«
Timmie sah zu, wie der kriminaltechnische Assistent sich bückte und die Waffe aufhob, die direkt neben Jasons ausgestreckter Hand lag. »Na ja, da gibt es noch etwas«, sagte sie.
»Und das wäre?«
Sie blickte Van Adder nicht an. Sie blickte Micklind nicht
an und auch nicht ihre Freundinnen. »Mein Exmann war Linkshänder.«
Murphy hatte eigentlich nicht vorgehabt, zu Fuß zu Timmie zu gehen. Aber schließlich hatte er auch nicht vorgehabt, seinen Porsche in Charlie Clevelands Straße stehen zu lassen. Das Eis hätte eigentlich unter der Einwirkung der Sonnenstrahlen schmelzen müssen. Aber aus irgendeinem Grund schien es in diesem Teil der Welt am Morgen niemals wärmer zu werden. Das Eis blieb, wo es war. Und damit auch sein Auto.
Also ging er zu Fuß. Fünf Kilometer weit. Nur, um Timmie zu sagen, dass es immer noch mehr als einen Verdächtigen gab, und dass der Goldjunge immer noch Murphys Favorit war. Wenigstens war das seine Absicht gewesen. Doch
Weitere Kostenlose Bücher