Todesschlaf - Thriller
Polizeibeamte die Stufen wieder herunter, die zu Murphys Wohnung über Sherilees Garage führten. Ein dürrer Kerl mit ölig glänzenden braunen Haaren, großen Rehkitzaugen und diesem besonders betont militärischen Gang, auf den bestimmte Vorstadtbullen so abfuhren. So kam er auf ihn zu, eine Hand fest um den mit zahlreichen Spielzeugen behängten Gürtel gelegt, fast so, als würde er damit das Gleichgewicht halten.
Ein Bulle, dem Zivilistinnen sehr viel lieber waren als Zivilisten, schätzte Murphy, nachdem er die knapp sitzende schwarze Uniform auf schwarzer Haut registriert hatte. Aber nur, wenn sie in einer Kneipe auf seinem Schoß oder auf der Rückbank eines Streifenwagens auf seinem Gesicht saßen.
Murphy setzte sich wieder in Bewegung. »Womit kann ich dienen?«, sagte er und betrat den Rasen.
Der Polizist sah keine Veranlassung, seine Schritte zu verlangsamen. »Sind Sie Daniel Murphy?«
»Ja.«
»Ich möchte mit Ihnen sprechen.«
Was für eine überraschende Mitteilung. Murphy wischte sich den Schweiß vom Gesicht und ging auf die Treppe zu,
als der Polizist unten angekommen war. »Also dann, kommen Sie mit rauf. Ich habe einen Kaffee aufgesetzt, Officer …«
»Adkins.« Nicht, dass er die Hand ausgestreckt oder seinen vorurteilsbeladenen Gesichtsausdruck irgendwie geändert hätte, als er und Murphy sich aneinander vorbeischoben. »Es wäre mir lieber, wenn Sie mit auf die Wache kämen.«
Das war keine Einladung. Das war ein direkter Befehl.
Versuchte Nötigung um sechs Uhr dreißig. In welches Wespennest hatte er da wohl gestochen? »Nein, danke«, erwiderte er und stieg die Treppe hinauf. »Wenn Sie keinen Haftbefehl dabeihaben, dann trinke ich jetzt eine Tasse Kaffee und gehe unter die Dusche. Und mit beidem habe ich auf Polizeiwachen keine guten Erfahrungen gemacht.«
Murphys Wohnung war nichts Besonderes. Er hatte dieser Tage kein gesteigertes Interesse am Besonderen. Sondern am Unbeteiligtsein. Am Uninteressanten. Am Unanstrengenden. Er besaß zwei Zimmer und ein Klo, alles weiß gestrichen und mit Vorhängen versehen, die wie alte Wischtücher aussahen. Die Möbel waren allesamt aus Sherilees Haushalt verbannt worden und bildeten ein Stilgemisch aus Chintz und Südweststaaten, das bei ihren diversen Umgestaltungsversuchen abgefallen war.
Murphy hatte lediglich die Kunstwerke beigesteuert: zwei Bleistift-Tinte-Zeichnungen, die er überallhin mit sich schleppte. Die eine zeigte die American Bar in Bangkok, die andere seine beiden Töchter, die bei ihrer Mutter in New York lebten. Außerdem besaß er eine gute Stereoanlage, einen schlechten Fernseher und einen hochmodernen Laptop, den er aber kaum mehr aufklappte.
»Ich kann ihnen schwarzen Kaffee oder schwarzen Kaffee anbieten«, sagte er, holte zwei Becher mit dem Emblem des New York Police Department aus dem weißen Metallschrank
und schenkte aus einer Soßenschale ein. »Das ist der Nachteil, wenn man allein lebt. Ich bin nicht auf Besuch eingerichtet.«
Adkins war immer noch verärgert. »Schwarz ist mir recht.«
»Setzen Sie sich. Ich jedenfalls muss mich unbedingt setzen. Ich bin einfach zu alt für eure verfluchten Hügel hier.«
Adkins, der in Rührt-Euch-Haltung an der Tür stand, konnte seinen Gürtel anscheinend nicht einmal lange genug loslassen, um einen Kaffeebecher in Empfang zu nehmen. Das war ein echtes Problem, dachte Murphy. Er hatte so viel überflüssiges Machozeug daran festgeklemmt, dass er bestimmt an die zehn Kilo wiegen musste. Wenn Adkins den losließ, dann rutschte ihm die Hose wahrscheinlich bis auf die Knöchel.
Er hatte einen großen, braunen Umschlag mitgebracht. Murphy lächelte ihn an wie eine Kellnerin, die den direkten Zusammenhang zwischen Freundlichkeit und Höhe des Trinkgeldes kennt, und hielt Adkins den Becher vor die Hand mit dem Umschlag, um ihm seine Entscheidung zu erleichtern.
»Sie waren bei der Pferdegala«, sagte Adkins, während er den Gürtel losließ und ohne erkennbar katastrophale Folgen nach dem Becher griff. »Sie haben die Schießerei beobachtet?«
Murphy stellte seine Tasse auf einem überdurchschnittlich zerkratzten und unterdurchschnittlich benutzten Küchentisch aus der Kolonialzeit ab, auf dem immer nur alte Rechnungen und neue Kataloge lagen, und nickte. »Live und in Farbe.«
Dann schälte er sich aus seinem alten Marine-Corps-Sweatshirt und warf es in Richtung Badezimmer, zog sich einen Stuhl heran und ließ sich darauffallen. Sein T-Shirt war klatschnass, und er
Weitere Kostenlose Bücher