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Todesschrei

Todesschrei

Titel: Todesschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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nach einem Mörder, der aufgehalten werden musste, bevor es noch mehr Tote oder trauernde Angehörige gab. Vito zog seine Kleider an und küsste Sophies Schläfe. Immerhin hatte er einen Kunden zufriedenstellen können.
    Er sah sich nach etwas um, auf das er schreiben konnte. Er würde nicht gehen, ohne sich zu verabschieden. Vermutlich waren ihr in den vergangenen Jahren zu oft Männer begegnet, die sich nahmen, was sie wollten, und dann aus ihrem Leben verschwanden. Irgendwann war sie anscheinend zu dem Schluss gekommen, mehr könne sie ohnehin nicht bekommen.
    Auf ihrem Nachttisch war kein Papier zu finden, außer Verpackungen von Süßigkeiten, aber die zählten wohl nicht. Doch ein gerahmtes Foto weckte seine Aufmerksamkeit. Er nahm es mit ans Fenster, um es im Licht der Straßenlaterne zu betrachten. Das Bild musste irgendwann in den fünfziger Jahren aufgenommen worden sein. Eine junge Frau mit langen, dunklen Haaren und großen Augen sah ihm entgegen. Sie saß seitlich auf einem Stuhl vor einer Spiegelkommode und blickte über die Stuhllehne. Vito dachte an Sophies Vater, einen französischen Filmstar, mit dem sie erst am Ende seines Lebens mehr Zeit hatte verbringen können. Er überlegte, ob es sich hier um ihre Mutter handelte, zweifelte jedoch daran, dass sie ein Bild von ihr neben ihr Bett gestellt hätte. »Meine Großmutter.« Er sah sich um und entdeckte, dass sie sich aufgesetzt und die Knie an die Brust gezogen hatte.
    »War sie auch Schauspielerin?«
    »Fast.« Sie zog eine Braue hoch. »Du kriegst einen Bonuspunkt, wenn du auch noch weißt, wer
sie
ist.« »Oh, der Bonus von vorhin hat mir gut gefallen. Gibst du mir einen Tipp?«
    »Nein. Aber ich mache dir Frühstück.« Sie grinste. »Das ist das Mindeste, was ich tun kann.«
    Er erwiderte das Grinsen und nahm dann ein anderes Foto, das er zum Licht drehte. Es war dieselbe Frau, diesmal in Begleitung eines Mannes, den er tatsächlich erkannte. »Deine Großmutter kannte Luis Albarossa?« Ihr Kopf tauchte aus der Halsöffnung ihres Pullis auf, und sie sah ihn verblüfft an. »Was bist du denn für einer? Du kennst französische Schauspieler und italienische Tenöre?«
    »Mein Großvater war Opernfan.« Er zögerte. »Ich bin's auch.«
    Sie bückte sich, um eine Jogginghose überzuziehen, und ihr Haar fiel wie ein Vorhang nach vorn. Sie teilte es mit einer Hand und spähte darunter hervor. »Wo liegt das Problem?«
    »Nirgendwo. Nur manche Leute finden das nicht sehr ... « »Männlich? Das ist nur der typische Macho-Schwachsinn, der sich in jeder patriarchalischen Gesellschaft findet.« Sie zog die Hose zurecht und warf das Haar nach hinten. »Ob Oper oder Guns-N-Roses - nichts davon ist mehr oder weniger männlich. Im Übrigen bin ich wohl der letzte Mensch, dem du jetzt noch deine Männlichkeit beweisen müsstest.«
    »Erzähl das mal meinen Brüdern und meinem Vater.« Sie sah ihn amüsiert an. »Was? Dass du klasse im Bett bist?«
    Er lachte. »Nein. Dass Opern zu mögen männlich ist.« »Aha. Man sollte sich immer präzise ausdrücken. Also war dein Großpapa ein Opernliebhaber?« »Jedes Mal, wenn er in die Stadt kam, kaufte er Karten, aber niemand wollte mit ihm gehen - bis auf mich. Mit zehn habe ich Albarossa in
Don Giovanni
gesehen. Es war fantastisch.« Er sah sie an. »Komm, gib mir einen kleinen Tipp. Wie hieß deine Großmutter mit Nachnamen?«
    »Johannsen«, sagte sie grinsend. »Lotte, Birgit! Zeit zum Rausgehen.« Die Hunde kamen kläffend aus einem der Zimmer. Sie ging die Treppe hinunter, und er folgte ihr. »Nur einen kleinen Hinweis.«
    Sie grinste wieder nur und ging in Begleitung der zwei albernen Regenbogenhunde durch die Hintertür hinaus. »Du weißt schon jetzt viel zu viel. Einen Doppelbonus musst du dir erarbeiten.«
    Leise lachend schlenderte Vito durch das Wohnzimmer und sah sich um. Ein Doppelbonus war nicht zu verachten. Außerdem, das musste er sich eingestehen, war er wirklich neugierig. Sophie Johannsen war selbst schon eine verflucht interessante Person, aber wie es schien, hatte ihr Stammbaum faszinierende Abzweigungen und Knotenpunkte.
    Er fand, wonach er gesucht hatte, und trug es in die Küche. Sie holte gerade Töpfe und Pfannen aus den Schränken. »Du kannst kochen?«, sagte er überrascht. »Na ja, wieso nicht? Eine Frau kann nicht allein von Beef Jerky und Schokoriegeln leben. Ich koche sogar gut.« Sie blickte auf das gerahmte Programm, das er in der Hand hielt, und seufzte theatralisch. »Also,

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