Todesschrei
Handschuhe getragen und dafür gesorgt, dass nichts von seinem Körper in Kontakt mit den Leichen kam. Also würde ihn nichts mit den Opfern verbinden, selbst wenn sie jedes einzelne davon identifizierten. Er hatte nichts zu befürchten. Er atmete. Und dachte nach. Zunächst musste er Gregory Sanders loswerden. Dann musste er herausfinden, was die Cops wussten und wie sie es herausgefunden hatten. Wenn sie ihm zu nahekamen, würde er untertauchen. Er wusste, wie man untertauchte. Das hatte er schon einmal getan.
Er fuhr ungefähr fünf Meilen weiter. Niemand verfolgte ihn. Er bog von der Straße ab, verbarg sich hinter ein paar Bäumen. Und wartete. Mit angehaltenem Atem. Kein Polizeiwagen fuhr vorbei. Überhaupt kein Wagen fuhr vorbei.
Er stieg aus und war zum ersten Mal froh über die Kälte des Winters, die seine erhitzte Haut kühlte. Am Straßenrand ging es steil bergab in eine kleine Schlucht. Ein guter Platz, um eine Leiche loszuwerden.
Er ließ die Heckklappe herunter, zog die Plane zur Seite und packte mit behandschuhten Fingern den Plastiksack.
Er zerrte den Sack in den Schnee und schob mit dem Fuß, bis die Leiche zu rutschen begann. Sie stieß gegen einen Baumstamm, rutschte aber weiter hinab bis ins Tal hinein. Eine Spur war sichtbar, doch wenn er Glück hatte, würde es in der Nacht wieder schneien, und die Cops würden Sanders nicht vor dem Frühling finden. Und bis dahin würde er weit fort sein. Er stieg wieder hinters Steuer und wendete den Wagen. Er war sich nicht sicher, ob er das Richtige getan hatte.
Bis er wieder an der Zugangsstraße vorbeifuhr. Zwei Streifenwagen standen dort, einer mit der Schnauze zum Feld, der andere zum Highway.
Schichtwechsel.
Er war nur um Haaresbreite entkommen. Ein Officer stieg aus dem Auto, als er sich näherte.
Sein erster Impuls war es, aufs Gas zu treten und den Cop umzufahren, aber das wäre dumm gewesen. Befriedigend, aber letztlich dumm. Er bremste ab und hielt. Setzte einen verwirrten Blick auf und ließ sein Fenster herab. »Wohin wollen Sie, Sir?«, fragte der Officer. »Zur Arbeit. Ich wohne hier in der Nähe.« Er blinzelte, tat, als wolle er an dem Streifenwagen vorbeisehen. »Was ist denn los? Ich habe heute so viele Wagen wie sonst nie gesehen.«
»Dieses Gebiet ist abgesperrt, Sir. Bitte nehmen Sie eine andere Straße, falls Ihnen das möglich ist.« »Leider nein. Es gibt keine andere«, antwortete er. Der Polizist holte einen Notizblock aus der Tasche. »Könnten Sie mir bitte Ihren Namen nennen, Sir?«
Nun zahlt sich sorgfältige Planung aus,
dachte er und ließ sich zufrieden in den Sitz zurücksinken. »Jason Kinney.« Auf diesen Namen hatte er sein Nummernschild registriert, und zwar höchstpersönlich vergangenes Jahr in der Datenbank des Kraftfahrzeugamts. Jason Kinneys Führerschein war nur einer von mehreren, die er in seiner Brieftasche mit sich führte. Es war immer sehr nützlich, gründlich zu sein.
Der Officer wanderte langsam um das Auto, um aufs Nummerschild zu sehen. Er sah unter die Plane, bevor er zurückkam und sich an die Krempe des Huts tippte. »Da wir nun wissen, dass Sie in dieser Gegend wohnen, müssen wir Sie nicht noch einmal anhalten.«
Er nickte. Als würde er jemals wieder hier vorbeifahren. »Vielen Dank, Officer. Einen schönen Tag noch.«
Mittwoch, 17. Januar, 8.05 Uhr
Jen McFain blickte ihm finster entgegen. »Wir haben ein Problem, Vito.«
Vito setzte sich auf seinen Platz am Kopf des Tisches, noch immer ein wenig atemlos von seinem morgendlichen Wettlauf. Nachdem er Sophie verlassen hatte, war er nach Hause gerast, hatte geduscht und sich mehrmals bei Tess entschuldigt, dass er die Nacht fortgeblieben war, ohne anzurufen. Dann war er zur Arbeit gefahren, nur um am Haupteingang von einem Rudel Reporter mit blitzenden Kameras abgefangen zu werden.
»Ich hatte heute Morgen schon jede Menge Probleme, Jen. Was ist deins?«
»Keine Krapfen, mein Herz. Was soll denn das für ein Meeting sein?«
»Genau, Vito«, stimmte Liz ein. »Was für ein Meeting, das nicht mit Krapfen beginnt?«
»Als hätten Sie schon mal was zu essen zum Meeting mitgebracht«, wandte Vito sich vorwurfsvoll an Liz, und sie grinste.
»Tja, aber Sie haben es beim ersten Mal getan - und damit eine Tatsache geschaffen. Oberste Regel für einen Teamleiter: Führe niemals eine Tradition ein, die du nicht durchzuhalten gedenkst.«
Vito sah sich am Tisch um. »Noch jemand mit einer unzulässigen Beschwerde?«
Liz wirkte amüsiert,
Weitere Kostenlose Bücher