Todesschrei
Brauen hoch. Neben ihm versteifte sich seine Schwester, und Vito erkannte, dass genau das der Schlag war, auf den sie gewartet hatte.
»Warum sollte Ihr Vater das tun? Warum eine Beerdigung spielen?«, fragte Jen.
Daniel lächelte verbittert. »Mein Vater hat immer wieder ausgebügelt, was Simon angestellt hatte.« Vito wollte gerade nachhaken, als Thomas Scarborough sich räusperte.
»Sie sagten vorhin, Sie hätten sich innerhalb der Familie entfremdet. Was war der Grund dafür?« Daniel warf seiner Schwester einen Blick zu. Er wollte ihre Unterstützung, ihre Hilfe, dachte Vito. Vielleicht sogar ihre Erlaubnis.
Susannah nickte so leicht, dass es beinahe nicht zu sehen gewesen wäre.
»Sag es ihnen«, murmelte sie. »Herrgott, sag ihnen doch endlich alles. Wir haben lange genug in Simons Schatten gelebt.«
Donnerstag, 18. Januar, 20.15 Uhr
Van Zandt musste sich wirklich für ausgesprochen clever halten. Er hatte irgendeinen Kerl engagiert, der ihm vom Restaurant aus folgen sollte, aber er würde selbstverständlich nicht zulassen, dass Van Zandt seine Adresse herausfand. Glaubte dieser lächerliche Holländer tatsächlich, er würde ihm gestatten, noch etwas gegen ihn in der Hand zu haben?
Von mir heimlich Bilder zu machen ...
Der Mann hatte Nerven. Obwohl es in gewisser Hinsicht Ironie war. Van Zandts Mann saß im Auto in der Straße und starrte unablässig auf den Nebeneingang des Restaurants gegenüber, durch den er den Laden vorhin betreten hatte. Aber er war selbstverständlich nicht dort wieder herausgekommen. Nun näherte er sich dem Wagen von hinten und klopfte an die Fahrerscheibe. VZs Mann fuhr zusammen, starrte ihn an und entspannte sich wieder. »Was wollen Sie, Kumpel?«
Der Mann gab sich unfreundlich, aber er lächelte nur. »Entschuldigen Sie die Störung, Sir, aber meine Organisation verkauft Kalender an -«
»Nein. Kein Interesse.« Der Mann begann, das Fenster wieder hochzukurbeln, aber er war nicht schnell genug. Sein Messer hatte sein Ziel gefunden, und Jagers Handlanger blutete schon wie ein abgestochenes Schwein. Die Augen des Mannes weiteten sich, flackerten, dann war er tot. »Macht ja nichts«, murmelte er. »Der Kalender war ohnehin vom letzten Jahr.« Er ließ sein Messer stecken, verließ die Gasse und ging zu seinem Fahrzeug, das ganz ordnungsgemäß vor dem Haupteingang des Restaurants geparkt war.
Was für ein Stümper.
Er fädelte sich problemlos in den Verkehr ein und zog an all den armen Kraftfahrern vorbei, die gezwungen waren, sich ihren Parkplatz weiter weg zu suchen. Ein weiterer Vorteil seiner momentanen ... Fortbewegungsmethode.
Und schon war er weit entfernt von allen, die später vielleicht danach befragt wurden, ob sie irgendetwas Verdächtiges bemerkt hatten.
Falls jemand mich beschreiben kann, dann nur höchst vage.
Nicht dass er sich zu sorgen brauchte. Nur selten wagte es jemand, ihm in die Augen zu sehen, wenn er sich auf diese Weise fortbewegte. Unvollkommenheit war etwas, das die Leute nicht gern sahen. Wodurch er sich freier bewegen konnte als jeder andere.
Donnerstag, 18. Januar, 20.30 Uhr
Daniel starrte lange auf seine Hände, bevor er endlich zu sprechen begann. »Simon ist immer schon ein grausamer Mensch gewesen. Einmal konnte ich gerade noch verhindern, dass er eine Katze ertränkte, und er wurde furchtbar wütend. Er hat mich grün und blau geschlagen. Damals war er zehn.«
Katherine runzelte die Stirn. »Lieber Himmel, er hat
Sie
grün und blau geschlagen? Sie waren doch als Kind sicher auch schon ziemlich groß und kräftig, Agent Vartanian.« »Simon ist größer«, warf Susannah - viel zu schnell - ein. Daniel warf ihr einen Blick zu, fuhr aber dann fort. »Die Zeit verging, und mit Simon wurde es immer schlimmer. Mein Vater war Richter. Simons Taten schadeten seiner Karriere, also musste er immer wieder Fäden ziehen, um die Gemüter zu beruhigen. Es ist erstaunlich, was manche Menschen für ein paar Dollar zu übersehen bereit sind. Als Simon achtzehn war, lief er von zu Hause weg. Dann hörten wir von dem Autounfall.« »Und wir beerdigten ihn«, setzte Susannah hinzu. »Und wir beerdigten ihn«, wiederholte Daniel mit einem Seufzen. »Ich zog nach Atlanta und ließ mich zum Polizisten ausbilden, kam aber immer wieder nach Hause zurück. Es war Weihnachten, als ich meine Eltern zum letzten Mal sah.« Er machte eine lange Pause, dann fuhr er müde fort.
»Als ich das Haus betrat, fand ich meine Mutter weinend vor. Sie weinte
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