Todesschrei
nicht.«
Vito spürte einen Schub frischer Energie. »Nein, aber es gibt da ein Zeitungsfoto - Claire küsst eine andere Frau. Wenn wir dieses Foto auftreiben könnten ...« »Du weißt nicht zufällig, in welcher Zeitung es abgedruckt worden ist?«, fragte Jen.
»Nein, aber es stammt von einer Demo. Claire ist erst vor vier Jahren hergezogen und seit einem Jahr tot. Wie viele Demonstrationen oder Schwulen-Lesben-Paraden können in drei Jahren stattgefunden haben?« »Und Claire soll ganz zufällig hier in Philadelphia beim selben Arzt gelandet sein wie Simon?«, fragte Susannah. »Das ist wohl möglich, aber doch ziemlich unwahrscheinlich.«
»Pfeiffer warb um Patienten für eine Studie mit verbesserten Mikroprozessoren im künstlichen Knie«, sagte Vito. »Vielleicht hat sie das zusammengebracht.« Daniel nickte. »Könnte sein. Falls Claire Simon aus Atlanta kannte, musste sie gewusst haben, dass er angeblich tot war. Einige Beinamputierte kamen zu seiner Beerdigung.« »Sie muss auch Simon erpresst haben«, sagte Katherine. »Und deshalb hat er sie getötet.«
»Und die andere Frau hat da weitergemacht, wo Claire aufgehört hat.« Nick schüttelte den Kopf. »Eiskalt.« »Aber warum jetzt?«, fragte Thomas Scarborough. »Wer immer dieser zweite Erpresser oder die Erpresserin ist, sie hat noch ein Jahr nach Claires Tod weitergemacht. Wieso wartet Ihr Vater ein Jahr lang, bis er herkommt?« »Er wollte für ein Amt kandidieren«, antwortete Daniel auf eine Art, die Vito zu dem Schluss führte, dass der Mann sich dieselbe Frage bereits vor Tagen gestellt hatte. »Er hatte seine Kandidatur noch nicht öffentlich gemacht. Per E-Mail hat er den Mann, der ihn dazu gedrängt hat, immer wieder vertröstet. Ich nehme an, er glaubte, dass die Forderungen sich erhöhen würden, sobald er seinen Hut in den Ring geworfen hatte.«
»Aber wer hat den Computer Ihres Vaters vergangenen Sonntag aktiviert?«, fragte Jen. »Simon oder Erpresser Nummer zwei? Wir sollten uns den Rechner vornehmen.«
Daniel nickte. »Ich lasse ihn sofort anliefern. Was können wir noch tun, Detectives ?«
Vito ging in Gedanken noch einmal alle Informationen durch. Ein paar Dinge passten einfach nicht zusammen. »Ihr Vater kam nach Philly, um seine Erpresserin aufzusuchen. Aber warum ist Ihre Mutter mitgekommen?«
Katherine nickte. »Gute Frage. Ihre Mutter war schwerkrank. Kein Arzt hätte ihr das Reisen erlaubt.« »Ich weiß es nicht«, sagte Daniel. »Das habe ich mich auch schon gefragt.«
»Sie wollte Simon sehen«, sagte Susannah leise. »Es ging immer nur um Simon.« Ihre Worte klangen zynisch und verbittert. »Der arme, arme Simon.« »Wie hat Simon sein Bein verloren?«, fragte Katherine. Daniel schüttelte den Kopf. »Meine Eltern erzählten jedem, dass es ein Unfall gewesen war.« »Aber wir wussten es besser«, sagte Susannah. »Wir wohnten weit draußen, nicht in der Stadt. Etwa eine Meile von uns entfernt, noch weiter draußen, wohnte ein alter Mann. Er hatte eine Sammlung antiker Tierfallen. Eines Tages fehlte eine Bärenfalle. Jeder wusste, dass Simon sie gestohlen hatte, aber er konnte unglaublich überzeugend lügen.«
»Und er ist selbst hineingeraten«, schloss Vito. »Wer hat ihn gefunden?«
Daniel sah zur Seite. »Ich. Er war seit einem Tag verschwunden, und wir teilten uns auf, um ihn zu suchen. Als ich ihn fand, blutete er heftig und hatte schlimme Schmerzen. Er hatte auch keine Stimme mehr, weil er stundenlang geschrien hatte. Aber natürlich hat ihn niemand gehört.« Ein kalter Schauer lief Vito über den Rücken. Nun hatte er eine Verbindung.
»Und er gab mir die Schuld«, fuhr Daniel gepresst fort. »Bis zu dem Tag, an dem er fortlief, behauptete er, ich hätte gewusst, wo er war, und ihn absichtlich leiden lassen. Das ist nicht wahr, aber niemand schaffte es, ihn von dieser fixen Idee abzubringen. Simon war schon bösartig, bevor er sein Bein verlor, aber danach ... «
Susannah schloss die Augen. »Danach wurde er zu einem echten Ungeheuer. Er tyrannisierte uns alle. Meine Mutter kümmerte sich aber hingebungsvoll um ihn, was ich nie begreifen konnte. Falls sie erfahren hat, dass er noch lebt, hat sie meinem Vater bestimmt keine Ruhe gelassen. Sie hätte mit ihm nach Philadelphia fahren wollen, egal wie krank sie war.«
»Was bedeutet, dass Ihre Eltern entweder die ganze Zeit über gewusst haben, dass Simon noch lebt, oder sie erfuhren es vergangenes Jahr und machten sich auf den Weg.« Vito beobachtete die
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