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Todesschrei

Todesschrei

Titel: Todesschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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heraus.
    Sophie wich einen Schritt zurück, unfähig, das Elend in Annas Augen zu ertragen. Den Krug an die Brust gepresst, wandte sie sich hastig ab und ging.
    »Sophie?«, versuchte eine der Schwestern sie aufzuhalten. »Was ist? Braucht Anna Hilfe?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, nur Wasser. Ich hole es schon.« Hastig lief sie in die kleine Küche am Ende des Flurs und drehte mit bebenden Händen das Wasser auf. Sie füllte den Krug, drehte den Hahn wieder ab und versuchte sich zu beruhigen.
    Und erstarrte. Eine weitere Stimme erklang. Aber es war nicht Annas klarer Mezzosopran.
    Es war ein satter Bariton. Und er zog sie an wie ein Magnet.
    Mit pochendem Herzen kehrte sie zu Annas Tür zurück, wo sich sechs Schwestern versammelt hatten und mucksmäuschenstill lauschten. Sophie quetschte sich an ihnen vorbei und blieb wie angewurzelt im Zimmer stehen. Später dachte sie, dass es ein seltsamer Augenblick war, um sich Hals über Kopf zu verlieben.
    Sie hatte sich geirrt. Tante Freya hatte doch nicht den letzten guten Mann abgekommen. Dort saß noch einer, an der Seite ihrer Großmutter, und sang die Worte, die Anna nicht mehr intonieren konnte. Sein Gesichtsausdruck wirkte sanft, beinahe zärtlich, während Anna an seinen Lippen hing und jede Note mit einer Freude in sich aufnahm, die beinahe quälend anzusehen war.
    Aber wegsehen konnte Sophie auch nicht, und erst als Vito das letzte Wort gesungen hatte, spürte sie die Tränen auf ihrem Gesicht, obwohl sie lächelte.
    Hinter ihr hörte sie ein kollektives Seufzen, dann verzogen sich die Schwestern schniefend, um sich wieder an ihre Arbeit zu machen.
    Vito warf ihr einen Blick zu und zog die Augenbrauen hoch. »Wenn du den Krug mit Tränenwasser gefüllt hast, bringst du die Rosen um, Sophie«, neckte er sie. Dann senkte er den Kopf zu Anna. »Wir haben sie zum Weinen gebracht«, flüsterte er laut.
    »Sophie war schon immer eine Heulsuse. Sie hat sogar über Comics geweint.« Aber in den Worten lag unverkennbar eine tiefe Zuneigung.
    »Ich wusste nicht, dass du mich beim Comiclesen beobachtet hast, Gran.«
    »Ich habe dich unablässig beobachtet, Sophie.« Sie tätschelte linkisch die Hand ihrer Enkelin. »Es war so schön, dich aufwachsen zu sehen. Und ich mag deinen jungen Mann hier. Du solltest bei ihm bleiben.« Die eine Braue wanderte aufwärts. »Verstehst du, was ich damit sagen will?«
    Sophie begegnete Vitos Blick, als sie antwortete. »Ja, Ma'am. Sehr gut sogar.«
     
    Freitag, 19. Januar, 20.00 Uhr
    Etwas war anders, dachte Vito, etwas hatte sich verändert. Sie waren einander plötzlich nah. Die Art, wie sie sich gegen ihn lehnte, als sie zu seinem Wagen gingen. Und sie lächelte ihn an, was immer ein gutes Zeichen war. »Wenn ich gewusst hätte, dass mein Gesang dich umhaut, hätte ich schon am Sonntagabend gesungen.« Er öffnete die Wagentür, aber sie ging nicht auf seinen Scherz ein, sondern drehte sich in seinem Arm zu ihm und küsste ihn herzlich und innig.
    Er verfluchte die Tatsache, dass sie sich auf einem eiskalten Parkplatz befanden.
    »Es war nicht der Gesang. Es war alles - wie du ihre Hand gehalten hast, wie sie dich angesehen hat. Du bist ein verdammt guter Kerl, Vito Ciccotelli.« »Ich dachte, ich sei durch und durch verdorben.« Sie knabberte an seiner Lippe, und pures Verlangen schoss plötzlich durch seinen Körper. »Das eine muss das andere nicht ausschließen.« Sie stieg in den Wagen und wandte sich ihm zu. »Ich glaube, ich rufe die hiesige Operngesellschaft an. Vielleicht können sie jemanden herschicken. Ich hätte vorher schon an die Musik denken müssen, Vito, ich begreife einfach nicht, wieso ich es nicht getan habe. Musik war doch ihr Leben.«
    »Du hast dich vor allem darauf konzentriert, dass sie wieder gesund wird.« Vito klemmte sich hinters Steuer und zog schwungvoll seine Tür zu. »Jetzt mach dir keine Vorwürfe.« Er lenkte den Wagen auf die Straße. »Im Übrigen hat Tino das Band für mich aufgenommen.« »Aber du hast daran gedacht. Und an die Blumen. Auch das hätte mir eher einfallen müssen.«
    »Ich muss gestehen, dass es ein niederes Motiv dafür gab. Die Vase ist die Überwachungskamera.« Sophie blinzelte verdattert. »Was?«
    »Die hübschen, glänzenden Steinchen. Einer davon ist die Kamera. Jetzt wirst du bald wissen, ob Schwester Marco wirklich bösartig ist.«
    Sophie starrte ihn an. »Du bist unglaublich.« »Nein, nicht wirklich. Tino kam auf die Idee, nachdem uns mein Schwager Aidan ein

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