Todesschrei
für total verrückt halten.« Vito schluckte seinen Zorn und seine Verachtung hinunter. »Sie hätten Simon jederzeit anzeigen und damit den Tod von mindestens zehn Menschen verhindern können. Diese Morde haben Sie mitverschuldet. Und deswegen werden Sie uns helfen. Sie werden Simon für uns aus seinem Versteck locken.«
»Und nur übers Telefon«, setzte Nick ruhig hinzu. »Sie müssen ihm nicht einmal gegenübertreten. Aber wenn Sie uns nicht helfen wollen ... tja, die Presse lässt sich leider schwer kontrollieren.«
Savard verzog die Mundwinkel. »Ich habe wohl keine große Wahl. Was soll ich ihm sagen?« Nicks Lächeln war nicht freundlich. »Man hat immer eine Wahl, Miss Savard. Und diese hier könnte ihre erste anständige sein. Sie haben in seiner Krankenakte vermerkt, dass Simon mehr von seinem Silikongleitmittel bestellt hat.«
»Vor zwei Tagen, ja. Normalerweise bekommt er es von einem Spezialhändler, aber sein Vorrat war fast aufgebraucht, also hat er es bei uns bestellt, weil wir es schneller bekommen. Na und?«
»Und«, fuhr Nick fort, »Sie werden mit uns in Pfeiffers Praxis gehen und ihn von dort aus anrufen, um ihn zu sagen, dass seine Bestellung angekommen ist.« »Aber die Praxis ist heute geschlossen«, sagte sie mit bebender Stimme.
»Dr. Pfeiffer wird uns schon aufmachen«, sagte Vito. »Er hilft uns ausgesprochen gerne. Die Idee mit dem Gleitmittel war sogar seine.« Zufrieden beobachtete er, wie ihr die Kinnlade herabfiel. »Was denken Sie denn, wie wir Sie so schnell gefunden haben, hm, Stacy? Wir haben bereits am Flughafen nach Ihnen Ausschau halten lassen, aber Sie hatten nichts gebucht und sind nicht einmal bis zum Schalter gekommen. Pfeiffer hat sich seine eigenen Gedanken gemacht und ist zu dem Schluss gekommen, dass Sie etwas damit zu tun haben könnten, also ist er Ihnen heute Morgen auf eigene Faust gefolgt und hat uns angerufen, sobald Sie am Flughafen waren.«
Die Tür ging auf, und Liz steckte den Kopf herein. Ihre Miene war ausdruckslos. »Detectives?« Vito und Nick standen auf, und Nick konnte nicht widerstehen. »Sie sollten unbedingt üben, ganz wie die Sprechstundenhilfe zu klingen, meine Liebe. Vartanian ist kein Dummkopf. Er nimmt jede Nervosität auch aus meilenweiter Entfernung wahr.«
Und dann standen sie im angrenzenden Raum. »Ist denn das zu fassen?«, fragte Vito.
Nick schüttelte nur den Kopf. »Das ist mir vielleicht eine. Die wird im Knast ihren Spaß kriegen.« »Vito«, flüsterte Jen heiser.
Vito wandte sich vom Einwegspiegel ab. Plötzlich war ihm eiskalt. Jen war weiß wie ein Laken, und Liz' Miene war nicht länger ausdruckslos, sondern voller Angst. »Sophie«, sagte sie leise. »Ihre Großmutter ist vorhin mit dem Notarztwagen ins Krankenhaus gebracht worden. Herzanfall.«
Vito zwang sich, ruhig zu bleiben. »Ich fahre zum Museum und bringe sie hin.«
Liz packte seinen Arm und hielt ihn fest, als er an ihr vorbeigehen wollte. »Nein, Vito. Hören Sie zu. Auch zum Museum ist eine Ambulanz gerufen worden. Man hat den Albright-Jungen gefunden. Bewusstlos auf der Straße vor dem Gebäude.« Sie straffte die Schultern und wappnete sich sichtlich. »Und Officer Lyons lag tot auf der Rückbank seines Streifenwagens.«
Vito klappte den Mund auf, aber kein Ton wollte herauskommen.
»Und Sophie?«, fragte Nick heiser.
Liz zitterte. »Zeugen haben gesehen, wie sie in einen weißen Van geschleppt wurde, der anschließend den jungen Albright überfahren hat und weggefahren ist. Sophie ist verschwunden.«
Vito hörte nur das Blut in seinen Ohren rauschen. »Dann hat er sie doch gekriegt«, flüsterte er. »Ja«, erwiderte Liz ebenso leise. »Es tut mir leid, Vito.« Betäubt sah er durch die Glasscheibe in den Verhörraum und musste gegen den Drang ankämpfen, dieser Frau die Hände um den Hals zu legen und zuzudrücken. »Sie hat gewusst, dass er ein Mörder ist, und nichts gesagt.« Er atmetet schwer, jedes Wort kostete ihn Mühe. »Jetzt ist es zu spät. Wir können sie nicht mehr dazu einsetzen, ihn hervorzulocken. Er hat, was er wollte. Er hat Sophie.« Nick packte seinen anderen Arm und drückte ihn, bis Vito sich zu ihm umwandte. »Vito, beruhig dich und denk nach. Trotzdem braucht Simon dieses Gleitmittel. Es kann funktionieren. Lass es uns probieren.«
Vito nickte, noch immer betäubt. Er hatte Simon in die Augen gesehen, kurz bevor Van Zandt gestorben war. Seine Augen waren kalt gewesen, berechnend. Die Augen einer Schlange.
Und diese
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