Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesschrei

Todesschrei

Titel: Todesschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
Vom Netzwerk:
war klar.
    Von diesem Moment an hatte er sie noch genauer beobachtet. Natürlich aus reiner Neugier, sagte er sich. Er wollte einfach wissen, was geschehen war - sowohl vorhin als auch an jenem Tag, an den sie sich offensichtlich erinnert hatte.
    Aber wahrscheinlich würde er es niemals herausfinden. Er würde sie zurückfahren, und das war's dann. Dennoch rührte ihn, wie sie dort mit angezogenen Knien in seinem Truck saß. Sie sah so jung und so einsam aus. »Brauchen wir sie noch?«, fragte Vito. Jen schüttelte den Kopf und sah auf den Ausdruck von Sophies Scan. »Sie hat verdammt gute Arbeit geleistet.« Mit militärischer Präzision waren Stäbe und Flaggen um vier mal vier Stellen in exakt demselben Abstand gesteckt worden. Es waren sechzehn Gräber. »Wir müssen nur noch graben.«
    Als Vito auf seinen Wagen zuging, sah er, dass sie die zwei großen Koffer bereits eingeladen und gesichert hatte. Er hatte sie vorhin getragen und wusste, wie schwer sie waren.
Unter der Tarnjacke muss ein ziemlich durchtrainierter Körper stecken,
dachte er und überlegte einen Moment, was wohl noch darunter sein mochte, aber wieder machte er sich klar, dass er das wohl niemals herausfinden würde. Er stand nun fast vor ihr, und sein Herz zog sich zusammen. Tränen rannen ihr über die Wangen, während sie über das Feld mit all den Markierungen blickte. Sie hatte heute Dinge gesehen, die selbst gestandene Cops erschütterten. Aber sie war geblieben und hatte ihre Arbeit beendet. Dafür zollte er ihr Respekt.
    Er räusperte sich, und sie wandte ihm den Kopf zu. Sie wischte sich mit dem Ärmel über die Wangen, versuchte aber nicht, ihre Tränen zu verstecken oder sie auch nur zu entschuldigen. Auch dafür gebührte ihr Respekt. »Alles in Ordnung?«, fragte er leise.
    Sie nickte und sog bebend die Luft ein.
    »Sie haben heute einiges geleistet.«
    Sie schniefte. »Hat Jen Ihnen den Scan gezeigt?«
    »Ja. Danke. Sie waren sehr gründlich. Aber das meinte ich nicht. Sie haben unter ziemlichem Stress gearbeitet. Das hätten viele andere nicht geschafft.«
    Ihre Lippen zitterten, und ihre Augen füllten sich erneut mit Tränen. Sie kämpfte sichtlich darum, nicht die Fassung zu verlieren. Als sie sprach, war ihre Stimme ein heiseres Flüstern. »Als Katherine mich vorhin anrief, wusste ich nicht, was auf mich zukommen würde. Neun Menschen. Mein Gott. Das kann doch nicht sein.« »Sieben Stellen sind als leer markiert. Sind Sie sicher?« Sie nickte, als die Tränen überquollen. »Die sieben leeren sind Lufteinschlüsse. Aber jeder einzelne ist mit etwas Dickem und Hartem abgedeckt. Wahrscheinlich Holz.« Sie sah ihn mit Entsetzen und Schmerz in den Augen an. »Er hat geplant, noch sieben weitere umzubringen.« »Ich weiß.« Der Scan hatte ihnen nicht nur etwas über das Land, sondern auch über den Verstand des Mörders verraten. Und wenn er erst einmal genug Schlaf gehabt hatte, würde er diesen Einblick in die Psyche des Täters vermutlich auch auswerten können. »Ich bin erledigt«, sagte er, »und Sie vermutlich auch. Ich fahre Sie nach Hause, okay?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich muss die Ausrüstung noch zur Uni zurückbringen und mein Bike holen. Im Übrigen haben Sie doch bestimmt noch etwas vor heute Abend. Oder eine Familie, die auf Sie wartet.« Er dachte an die Rosen, die inzwischen welk waren. Er würde einen frischen Strauß kaufen und nächste Woche zum Friedhof fahren. Es war ja nicht so, dass es Andrea etwas ausmachen würde. Die Blumen und die Besuche waren schließlich nur für ihn. »Ich habe nichts vor.« Er zögerte, dann sprach er es aus. »Und auch niemanden, der auf mich wartet.«
    Ihre Blicke hielten einander fest, und er erkannte, dass sie seine Worte so aufgenommen hatte, wie er sie gemeint hatte. Er sah, wie sie schluckte. »Also - wenn Sie loswollen, können wir.« Sie schnallte sich an, als er auf der anderen Seite einstieg, griff dann in ihre Tasche und holte etwas hervor, das im Dunkeln des Wagens wie eine Zigarre aussah. »Sie auch?«
    Er startete den Motor und runzelte die Stirn. »Ich rauche nicht.«
    »Ich auch nicht«, sagte sie missmutig. »Jedenfalls nicht mehr. Aber Sie hätten Schwierigkeiten, das Ding anzuzünden. Das ist Beef Jerky. Hervorragend bei der Feldarbeit. Belastet nicht und überlagert erstaunlicherweise den Geschmack, den ich den ganzen Tag schon auf der Zunge habe.«
    Er nahm ein Stück Trockenfleisch. »Danke.« Während sie kaute, wühlte sie wieder in ihrer

Weitere Kostenlose Bücher