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Todesschrei

Todesschrei

Titel: Todesschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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schon von Kind an.« »Sie war mir die Mutter, die ich nie hatte«, sagte sie, dann korrigierte sie sich lächelnd. »Ist es noch.« Ihr Gesicht war schmutzig, und die Tränen hatten Spuren hinterlassen. Ihr Haar hatte sich zum Teil aus dem festen Knoten gelöst und hing ihr zerzaust in die Stirn. Und plötzlich wünschte er sich dringend, ihr genau wie Katherine die Strähnen aus dem Gesicht streichen zu dürfen. Allerdings nicht aus demselben Grund. Resolut schob er die Hände in die Taschen.
    Groß, goldblond, grünäugig - Sophie Johannsen war eine wunderschöne Frau mit einem wachen Verstand und einem aufbrausendem Temperament. Und einem weichen Herzen. Seit langem hatte ihn keine Frau mehr so fasziniert.
Zwei Wochen,
ermahnte er sich selbst.
Du wartest wenigstens zwei Wochen, Chick.
    Aber da sein Verstand die zwei Wochen bereits auf eine kürzen wollte, zwang er seine Gedanken in andere Bahnen. Der Anblick des Leichensacks hatte bei ihr eine starke Reaktion hervorgerufen. Man musste kein Detective sein, um zu erraten, dass sie schon einmal einen gesehen hatte.
    »Wann ist Ihre Mutter gestorben?«
    Ihre Hände hielten inne, und ihr Kiefer spannte sich an. Dann, plötzlich, setzte sie ihre Arbeit fort. »Sie ist nicht tot.«
    Das überraschte Vito. »Aber ... das verstehe ich nicht.« Sie lächelte, aber es war aufgesetzt. »Das macht nichts. Ich auch nicht.«
    Es war die freundliche Art, ihm zu sagen, er solle sich um seinen eigenen Kram kümmern. Er überlegte gerade, wie er weiterbohren sollte, als sie ihre Arbeit unterbrach, um ihre Jacke aufzuknöpfen. Sein Gedankengang endete abrupt, und er hielt den Atem an, gespannt, was sich unter dem unförmigen Kleidungsstück verbergen mochte. Er wurde nicht enttäuscht. Unter der Jacke trug sie einen weichen, engen Strickpulli, der sich an ihre sanften Rundungen schmiegte. Er stieß den Atem so geräuschlos wie möglich aus. Sophie Johannsen hatte eine Menge schöner, sanfter Rundungen.
    Sie hängte die Jacke an die Tür und wandte sich wieder dem Arbeitstisch zu, während sie die Schultern rollte, und er musste seine Hände tiefer in die Taschen schieben, um sich daran zu hindern, sie anzufassen. Sie schaute kurz auf. »Sie können wirklich gehen. Ich komme hier bestens allein zurecht.«
    Das holte ihn wieder in die Realität zurück, und sein Ärger erwachte. So würde er sich nicht abspeisen lassen. »Also - wo ist Ihre Mutter, wenn nicht tot?«
    Wieder hielten ihre Hände inne, und sie wandte den Kopf, um ihn mit einer Mischung aus amüsierter Distanz und Fassungslosigkeit anzusehen. »Katherine hatte recht. Cops sind wirklich schrecklich neugierig.« Mehr sagte sie nicht, sondern beschäftigte sich stattdessen so intensiv mit ihrer Reinigungsarbeit, als sei es eine Hirn-OP. Das machte ihn nur noch wütender. »Also? Was hat es damit auf sich?«
    Sie warf ihm einen warnenden Blick zu. »Erzählen Sie mir doch mal ein wenig über Ihren Schokolade inhalierenden Bruder. Für
ihn
empfinde ich Sympathie.« Er hatte es zu weit getrieben, und es war ihm selbst ein Rätsel, gewöhnlich war er nicht so extrem unhöflich. »Was übersetzt heißt: Lass mich in Friedens« Sie grinste. »Ihr Detectives seid wirklich nicht begriffsstutzig.« Sie zog eine Braue hoch, als sie den nächsten Koffer öffnete. »Sie und Ihr Bruder sind also eingefleischte Junggesellen, die sich primitiv ernähren, richtig?« »Sie sind auch extrem neugierig. Sie sind nur subtiler«, sagte er und freute sich über ihr leises, vergnügtes Lachen. Es war schon eine Weile her, dass er diesen Tango getanzt hatte, aber er kannte die Schritte noch ganz gut. »Tino ist momentan arbeitslos. Er hat in einer schicken PR-Agentur als Werbegrafiker gearbeitet, aber dann nahmen sie dort Aufträge an, die er moralisch nicht mehr vertreten konnte, daher hat er gekündigt. Wodurch er sich leider seine Eigentumswohnung in Center City nicht mehr leisten konnte ...«
    »Also haben Sie ihn aufgenommen«, beendete sie den Satz für ihn. »Sie scheinen ein netter Mensch zu sein, Vito.« Ihre Bemerkung löschte jeden Rest Verärgerung in ihm aus, als sei sie nie dagewesen. »Er ist mein Bruder. Und ein guter Freund.«
    Sie dachte einen Moment darüber nach und nickte dann. »Dann muss er ein glücklicher Mann sein.« Ihm wurde warm bei diesem Kompliment, das sie so schlicht und aufrichtig ausgesprochen hatte, und eine Woche kam ihm plötzlich zu lang vor. Die Sehnsucht nach ihr wuchs.
    Einen Tag, Chick. Schlaf wenigstens

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