Todesschrei
sichtbaren Anomalitäten.«
»Keine drapierten Gliedmaßen, fehlenden Eingeweide oder ausgekugelten Arme?«, fragte Liz sarkastisch. Vito schüttelte den Kopf. »Die vierte Leiche scheint ein gewöhnliches Opfer zu sein.«
Der Stuhl quietschte, als Liz sich zurücklehnte. »Wie gehen wir vor?«
»Zuerst erkundigen wir uns im Leichenschauhaus«, sagte Nick. »Katherine hat unseren Fällen Priorität eingeräumt, und wir müssen diese Leute identifizieren. Wenn wir Namen haben, finden wir vielleicht ein Muster.« »Im Labor wird der Boden analysiert«, fuhr Vito fort. »Jen hofft herauszufinden, woher die aufgeschüttete Erde stammt, und vielleicht deutet ja irgendetwas auf unseren Täter. Aber bisher sieht es leider nicht so aus, als habe er etwas hinterlassen.«
Liz blickte wieder auf die Skizze. »Warum die leeren Gräber? Ich meine, natürlich können wir davon ausgehen, dass er noch nicht beendet hat, wie immer sein Plan aussieht, aber wieso diese beiden Gräber hier frei lassen?« Sie zeigte auf die beiden hinteren der zweiten Reihe. »Er hat die ganze erste Reihe belegt, die ersten zwei der zweiten, und dann fängt er plötzlich wieder mit der dritten an.« »Er wird einen Grund dafür haben«, sagte Vito. »Ich bin sicher, er hat alles genauestens geplant. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er die zwei Gräber aus Jux auslässt, aber wir müssen erst alle Opfer herausholen, bevor wir irgendwelche Theorien formulieren.«
Liz deutete auf ihre Bürotür. »Halten Sie mich auf dem Laufenden. Ich sehe zu, dass ich ein weiteres Team für Sie abstellen kann, damit Sie Spuren nachgehen können. Ich brauche Ihnen wohl kaum zu sagen, dass der Bürgermeister mit den Hufen scharrt. Lassen Sie mich nicht dumm dastehen.«
Vito nahm die Skizze. »Ich mache Ihnen eine Kopie. Versuchen Sie, den Bürgermeister davon abzuhalten, sich zu früh an die Presse zu wenden, ja?«
»Bisher haben wir Glück gehabt«, sagte Liz. »Die Reporter wissen noch nichts von unserem geheimen Garten, aber es ist nur eine Frage der Zeit. Zu viele Leichen im Kühlhaus, zu viele CSU-Techniker mit Überstunden. Irgendein Reporter wird früher oder später etwas wittern. Geben Sie nur keine Kommentare ab und überlassen Sie den Rest mir.«
Vito lachte grimmig. »Den Befehl befolge ich nur allzu gern.«
Montag, 15. Januar, 8.15 Uhr
Das Albright Museum befand sich in einem Gebäude, das einmal eine Schokoladenfabrik gewesen war. Als Sophie vor einem halben Jahr über Teds Angebot nachgedacht hatte, war das ein Entscheidungsfaktor gewesen. Es konnte nur Schicksal sein: Das Museum konnte sich einer großartigen privaten Sammlung mittelalterlicher Ausstellungsstücke rühmen
und
befand sich in einer ehemaligen Schokoladenfabrik! Wie sollte man da noch nein sagen? Tja, gute Frage, dachte sie düster, als sie die Eingangstür aufschloss. Und eine saudumme dazu. Denn sie hatte sich gründlich geirrt. Das Angebot von Ted III. anzunehmen, war der Fehler des Jahrhunderts gewesen.
Und ich habe schon ein paar verdammt dumme Fehler begangen,
dachte sie mit verstärktem Ingrimm. Vito Ciccotellis attraktives Gesicht tauchte vor ihrem geistigen Auge auf, und sie schob es resolut beiseite. Wenigstens hatte sie herausfinden können, wie er es mit Freundinnen handhabte, bevor sie in dieser Hinsicht etwas richtig Dummes getan hatte - wie zum Beispiel mit ihm ins Bett zu steigen. »Hallo?«, rief sie.
»Ich bin im Büro.« Teds Frau Daria saß hinter dem großen, zugemüllten Schreibtisch, einen Bleistift in ihrem grauen Haar. Daria machte die Buchhaltung, was bedeutete, dass die wichtigste Funktion des Museums - nämlich Sophies Gehaltsscheck - in kompetenten Händen lag. »Wie war dein Wochenende, Liebes?«
Sophie schüttelte den Kopf. »Das willst du gar nicht wissen.«
Daria blickte leicht besorgt auf. »Ist etwas mit deiner Großmutter?«
Das war einer der Gründe, weshalb Sophie Daria so mochte: Sie war ein wirklich guter Mensch, der sich um andere kümmerte. Und sie wirkte ziemlich normal, was ein angenehmes Gegengewicht zu Albrights Spinnereien darstellte. Mit Ausnahme von Daria war Teds ganze Familie ... schlichtweg durchgeknallt.
Da war Ted selbst mit seiner höchst befremdlichen Vorstellung, wie man ein Museum leitete, und sein Sohn, den Sophie im Geist immer als Ted IV. bezeichnete. Theo war ein mürrischer, in sich gekehrter Neunzehnjähriger, der sich selten blicken ließ. Das wäre nicht unbedingt ein Problem gewesen, wenn Theos neuster Job
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