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Todesschrei

Todesschrei

Titel: Todesschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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nicht darin bestünde, die Ritterführung zu übernehmen, und wenn er nicht erschien, fiel diese ehrenvolle Aufgabe Sophie zu, die außer ihm als Einzige in das Ritterkostüm passte. Daria war gerade knapp über eins sechzig und ihre Tochter, Patty Ann, noch kleiner.
    Patty Ann kam gerade aus der Damentoilette. Sie trug ein sehr konservatives blaues Kostüm, was Sophie misstrauisch machte. »Nanu? Patty Ann sieht ja richtig hübsch aus heute. Wie kommt's?«
    Daria lächelte, ohne aufzuschauen. »Ich bin bloß froh, dass heute nicht Mittwoch ist.«
    Mittwoch war Patty Anns Gothic-Tag, dann trug sie das düstere Schwarz der Grufties. An anderen Tagen wusste man nie, wie sie zur Arbeit auftauchen würde. Patty Ann wollte Schauspielerin werden, hatte aber noch keine eigene Persönlichkeit herausgearbeitet, also imitierte sie, wen immer sie konnte. Und das meist nicht besonders gut. Sophie bezweifelte, dass es besonders klug war, das Mädchen hinter den Empfangstresen zu setzen. Wie viele Besucher würden wohl nur einen Blick auf Patty Ann werfen und dann - gerade mittwochs - auf dem Absatz kehrtmachen und schnurstracks zum Franklin Institute oder zu einem anderen echten Museum marschieren? Aber Sophie hielt den Mund, denn sosehr sie es verabscheute, im Kostüm Führungen zu veranstalten - fröhlich jeden Besucher begrüßen zu
müssen,
wäre noch schlimmer gewesen.
Ich will meinen Haufen Steine zurück.
Endlich sah Daria auf. »Theo ist erkältet.« Sophie verdrehte die Augen. »Und heute ist die Rittertour dran. Na, fantastisch. Verdammt, Daria ... oh, okay, es tut mir leid. Aber ich wollte heute wirklich richtige Arbeit erledigen.«
    Daria seufzte bekümmert. »Diese Führungen bringen uns viel Geld ein, Sophie.«
    »Ich weiß.« Aber manchmal fand sie, dass sie sich für dieses Geld prostituierte. Sie war bei einem Unternehmen angestellt, das die Geschichte ausverkaufte. Aber solange Anna noch lebte, brauchte sie das Geld. Und sie konnte nur hoffen, dass sie das Geld noch sehr, sehr lange brauchen würde.
    »Die Ritterführung beginnt um halb eins. Die Wikinger um drei.«
    O Freude, o Entzücken.
»Ich werde in voller Montur erscheinen.«
     
    Montag, 15. Januar, 8.45 Uhr
    »Ihr habt Glück, Jungs«, sagte Katherine, als sie die Leiche des Ritters aus seinem Kühlfach zog. »Der Typ hat eine Tätowierung. Dadurch können wir ihn vielleicht schneller identifizieren.«
    Sie zog das Tuch zur Seite und enthüllte die Schulter des Mannes. »Ihr wisst, was das ist?«
    Vito beugte sich vor und starrte auf die Tätowierung. »Ein Mann.«
    »Aber nicht irgendein Mann. Wenn du ihn so eingehend betrachten würdest, wie du es gestern bei Sophie getan hast, wüsstest du Bescheid.«
    Vitos Wangen wurden warm. Ihm war nicht bewusst gewesen, dass er Dr. Johannsen so offensichtlich angestarrt hatte. Als er sich verlegen wieder herabbeugte, fing er Nicks amüsiertes Grinsen auf. Das wäre alles erträglich gewesen, wenn Sophie ihn gestern Abend nicht so knallhart abgewiesen hätte. Es hing ihm noch immer nach. »Ein gelber Mann«, sagte er lahm.
    Nick sah Vito über die Schulter. »Der Oscar. Academy Award. «
    Vito blinzelte. »Nicht besonders gut getroffen, aber du könntest recht haben.« Er richtete sich wieder auf. »Vielleicht ist unser Ritter Schauspieler.«
    Nick zuckte die Achseln. »Immerhin ein Anfang. Das könnte unsere Suche zumindest einengen.« Vito zog das Notizbuch aus der Tasche. »Todesursache ist das Loch im Bauch?«
    »Höchstwahrscheinlich. Ich fange heute noch mit der Autopsie an. Bisher habe ich die drei Opfer von gestern vor allem äußerlich untersucht.« Sie warf einen Blick auf den Ritter und seufzte. »Dieser hat jedenfalls gelitten. Das steht leider fest.«
    »Ja, es tut sicher ein bisschen weh, ausgeweidet zu werden«, sagte Nick sarkastisch.
    »Ich kann nur hoffen, dass er wenigstens nicht bis zum Ende durchgehalten hat, aber ich fürchte schon. Ich bin ziemlich sicher, dass er noch gelebt hat, als ihm jeder größere Knochen im Körper ausgerenkt wurde.« Vito und Nick verzogen die Gesichter. »Mein Gott«, murmelte Vito. »Aber wie kann man ... Ich meine, er ist groß und kräftig.«
    »Eins neunundachtzig groß, dreiundneunzig Kilo schwer«, bestätigte Katherine. »Und er hat sich gewehrt wie der Teufel. Ich habe tiefe Schürfwunden an Hand- und Fußgelenken gefunden, wo er gefesselt war. Und, ja, ich habe bereits Fasern des Stricks ans Labor geschickt, aber erhofft euch nicht zu viel, Jungs.

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