Todesschuss - Ein Nathan-McBride-Thriller (German Edition)
Frank das Schweigen. »Warum wussten deine Leute nichts von dem Tunnel?«
Die Frage traf Stone völlig unvorbereitet und der vorwurfsvolle Ton schockierte ihn. Schließlich waren seine Leute nicht für die Operation verantwortlich gewesen, sondern allein das FBI. Vielleicht sollte er das Gespräch so schnell wie möglich beenden. »Hör zu, ich wollte mich nur erkundigen, wie’s dir geht. Wir reden ein anderes Mal.«
Auf einmal war die Leitung tot. Frank Ortega hatte aufgelegt, ohne sich zu verabschieden. Für Stone fühlte sich das wie ein Schlag ins Gesicht an. Frank Ortega, ein Mann, den er seit vierzig Jahren kannte, hatte soeben wie ein völlig Fremder geklungen. Das erste Mal in seinem Leben fühlte Stone sich ihm gegenüber wie ein Störenfried und nicht wie ein enger Freund. Vielleicht brauchte der Mann einfach mehr Zeit, dachte er. Schließlich war das bereits die zweite Tragödie in seiner Familie – erst die Tochter und jetzt auch noch der Enkel. Das musste ihn innerlich auffressen.
Stone wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem leise gestellten Fernseher zu und schüttelte den Kopf angesichts der vielen sogenannten »Experten«, die den Bombenanschlag aus jedem erdenklichen Blickwinkel analysierten. Dieser erste große Terroranschlag seit dem elften September 2001 ging ausnahmsweise nicht auf das Konto von Al Kaida. Vielmehr rückten jetzt heimische Terroristen in den Mittelpunkt. Stone würde sich mit den negativen politischen Auswirkungen herumschlagen müssen, vor allem, nachdem er bei der letzten Pressekonferenz großspurig verkündet hatte, dass ein riesiger Vorrat an illegalem Semtex sichergestellt worden war. Was das Ganze noch schlimmer machte, war die Tatsache, dass sein Committee on Domestic Terrorism dazu da war, um genau diese Art von Terror zu verhindern. Warum hatte er so etwas nicht kommen sehen? Zu seiner Verteidigung konnte er anführen, dassnichts von dem, was er in seinen Unterlagen über die Bridgestones gelesen hatte, darauf schließen ließ, dass sie zu so einer kaltblütigen Tat fähig waren. Warum hatten sie es dann getan?
Tief in seinem Innern hoffte ein Teil von ihm, dass sein Sohn die Kerle vor dem FBI finden würde. Sie hatten es verdient.
Nathan war nicht das erste Mal in seinem Leben an Bord eines Learjets und fühlte sich in seinen Jeans und dem weißen Polohemd ein bisschen unpassend gekleidet. Im Innern des zwanzig Meter langen Flugzeugs vom Typ 60R gab es jede Menge Platz und man konnte aufrecht stehen. Auf beiden Seiten des Rumpfes verlief je eine Reihe mit einzelnen braunen Ledersitzen, die Hälfte davon so angeordnet, dass man sich gegenübersaß. Im hinteren Teil befand sich ein kleines Büro mit einem Tisch und zwei sich gegenüberliegenden Sesseln. Und ganz am Ende gelangte man durch eine kleine Tür in ein für einen Mann von Nathans Größe sehr enges Toilettenabteil. Der Pilot und sein Kopilot stellten sich als Special Agent Jenkins und Special Agent Williamson vor. Jenkins hatte vier Streifen auf den Schulterstücken seiner Uniform, Williamson als Erster Offizier nur drei. Nathan vermutete, dass beide ursprünglich als Kampfpiloten bei Marine oder Luftwaffe gedient hatten. Beide wirkten überrascht, als sie das Gesicht ihres neuen Passagiers sahen.
»Ich habe eine Auseinandersetzung mit einer Kettensäge verloren«, sagte Nathan in dem Versuch, die gespannte Atmosphäre zu lockern.
»Das muss ja eine heftige Auseinandersetzung gewesen sein«, sagte Jenkins. »Wo soll es hingehen?«
»Zum Flugplatz von Fort Leavenworth in Kansas.«
Die beiden Piloten warfen sich einen schnellen Blick zu.
»Ich schau mal nach«, sagte Williamson und verschwand im Cockpit. Zwanzig Sekunden später kam er mit einer schwarzen Mappe zurück und blätterte darin herum. »Hier ist es … Sherman Army Airfield. Wie es aussieht, wird der Flugplatz vom Militärund der zivilen Luftfahrt gemeinsam genutzt. Die Landebahn ist achtzehnhundert Meter lang. Da bleiben uns hundertfünfzig Meter für unseren Startanlauf.« Er lächelte. »Das dürfte kein Problem sein.«
»Machen Sie es sich bequem.« Jenkins machte eine ausladende Handbewegung. »Wie Sie sehen, haben wir keine Flugbegleiter. Die Getränke müssen Sie sich also selbst holen. Ich gehe davon aus, dass Sie finden, was Sie brauchen.«
»Wir werden schon zurechtkommen«, sagte Nathan. »Wie lang ist unsere Flugzeit?«
»Ungefähr drei Stunden. Kommt auf die Windverhältnisse an.«
»Sie haben ja einen tollen Job«,
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