Todessommer: Thriller (Rebekka Holm-Reihe) (German Edition)
nicht so einfach, wie du es darstellst, Rebekka.« Ryan sah sie ernst an. »Reza kann durchaus pädophil sein und auf kleine Mädchen stehen, auf die Entführung, auf die Ohnmacht der Kinder, auf den Mord selbst oder die Tatsache, dass er sie auszieht – ohne dass wir sichtbare Beweise dafür gefunden haben. Wenn du wüsstest, was ich über die Jahre gesehen habe, worauf diverse Täter stehen. Für einige ist es allein das Machtgefühl, auch die psychische Macht über das oder die Opfer. Es kann sich um rituelle Morde handeln, das ganze Setting hat vermutlich die eine oder andere Bedeutung für ihn, die wir wohl nie bis ins Detail erfahren werden. Was das Hinterlassen von Spuren angeht, können viele Dinge zum Tragen kommen. Es kann reines Glück gewesen sein, dass er das erste Mal keine Spuren hinterlassen hat, während es ihm das zweite Mal eben nicht gelungen ist. Es kann auch ein Ausdruck von Größenwahn sein, dass er überzeugt ist, unfehlbar zu sein, und dass die Polizei nichts herausbekommen wird, weil es beim ersten Mal funktioniert hat. Es kann auch sein, dass er gestört worden ist und sich deshalb beeilen musste …«
»Du hast recht, trotzdem stimmt da irgendetwas nicht. Brodersen hat erzählt, dass die Kinderpornos auf Rezas Computer von der übelsten Art waren, sogar Babys werden darin misshandelt. Wenn Reza auf so etwas steht, warum vergewaltigt er dann seine Opfer nicht, wenn er die Möglichkeit dazu hat?«
»Ich kann dir durchaus folgen …«
Draußen vor dem Fenster war ein lautes Knacken zu hören, und beide zuckten zusammen. Ob das Reza war?, konnte Rebekka noch denken, bevor Ryan sie mit auf den Boden riss und ihr ein Zeichen machte, weiterhin geduckt zu bleiben.
»Mach das Licht aus«, flüsterte er. »Er braucht nicht zu sehen, was wir machen. Er ist möglicherweise bewaffnet …«
Rebekka gehorchte, stumm vor Angst, und kroch auf allen vieren an der Wand entlang, während sie das Licht an den verschiedenen Schaltern löschte. Kurz darauf lagen Küche und Wohnzimmer im Dunkeln. Ryan bewegte sich auf sie zu.
»Sind alle Türen abgeschlossen und die Fensterhaken zu?«
Rebekka murmelte ein Ja und hatte trotzdem ihre Zweifel. Hatte sie im Schlafzimmer die Tür zum Garten abgeschlossen?
»Wo ist deine Pistole?« Ryans Stimme war dicht neben ihrem Ohr.
»In meiner Tasche in der Küche …«
Ryan bewegte sich schnell dorthin, und kurz darauf hörte Rebekka das charakteristische Klicken von einer Pistole, die entsichert wurde. Nein, er durfte Reza nicht erschießen. Sie wollte es gerade laut sagen, hatte jedoch das Gefühl, dass jemand direkt draußen vor dem Haus war. Auf der anderen Seite des Fensters. Sie starrte mit wild aufgerissenen Augen in die Dunkelheit hinaus, konnte aber nichts sehen.
»Reza«, flüsterte sie und fuhr mit der Hand über das Glas.
In dem Augenblick kam Ryan mit der Pistole in den Händen zu ihr hingeschlichen.
»Nein, Ryan.« Rebekka griff tastend nach der Waffe, bekam den Lauf zu fassen und hielt ihn mit aller Kraft fest. »Du darfst ihn nicht erschießen. Das musst du mir versprechen.«
»Rebekka.« Ryan klang wütend. »Wir haben es mit einem pädophilen Mörder zu tun, der zwei kleine Mädchen umgebracht hat. Ich bitte dich. Reiß dich zusammen.«
»Ja, aber …« Sie biss sich fest auf die Lippe. Ryan hatte recht. Trotzdem kämpfte ihre ganze Intuition dagegen an, dass Reza etwas mit den Morden zu tun hatte.
»Hier, nimm deine Pistole, ich nehme den Baseballschläger, den ich in deinem Schrank gesehen habe. Wir teilen uns auf. Ich übernehme die Rückseite des Hauses, den Küchengarten und den Garten bis runter zum Waldweg, du übernimmst die Frontseite, den Schuppen und die Garage.«
Sie nickte unmerklich, während sie die Pistole fest an sich drückte. Stumm zogen sie sich ihre Jacken an, Ryan holte den Schläger aus dem Schrank, öffnete vorsichtig die Terrassentür und verschwand in der Dunkelheit. In dem Moment, in dem Rebekka nach draußen trat, schlug ihr ein kalter Wind entgegen, der ihr fast den Atem raubte. Sie konzentrierte sich und trat auf das regennasse Gras hinaus.
Der Wind heulte laut im Dunkeln, sie konnte die Bäume nur erahnen, die kräftig durchgeschüttelt wurden. Mehrmals fiel sie beinahe hin und musste aufpassen, das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Ein schwaches Knarren drang durch den Wind zu ihr. Rebekka wusste, dass sie an der Schaukel sein musste. Sie ging weiter zu den hohen Tannen, versuchte nach allen Seiten zu
Weitere Kostenlose Bücher