Todessommer: Thriller (Rebekka Holm-Reihe) (German Edition)
spähen, blieb immer wieder stehen und horchte, doch der laute Wind übertönte alles. Sie fror. Endlich war sie am Geräteschuppen, tastete mit den Händen das raue Holz ab, fand die Tür und schob sie langsam auf, wobei die Scharniere laut knirschten. Rebekka huschte hinein und sah sich um, doch der Schuppen war leer.
Sie trat wieder hinaus, schlich sich vorsichtig weiter zur Garage, als sie plötzlich ganz in ihrer Nähe Schritte im Gras zu hören meinte. Sie blieb stehen, kauerte sich schnell zusammen und merkte, wie ihre Hände so unkontrolliert zitterten, dass sie beinahe die Pistole fallen gelassen hätte. Ihr Puls hämmerte hart an der Außenseite ihres Halses und überdeckte für einige Sekunden alle anderen Laute. Da war nichts. Rebekka atmete tief durch, eilte weiter und war kurz darauf an der Garage, wo ihr und Ryans Auto wie zwei dunkle Kolosse standen. Sie durchsuchte alles, so lautlos wie möglich, Meter für Meter, doch die Dunkelheit war so dicht, dass es schwierig war, überhaupt etwas zu sehen, und sie verließ sich vor allem auf ihr Gefühl. Die Garage war leer.
Sie bewegte sich wieder zurück zum Haus und hatte es fast erreicht, als sie im nassen Gras ausrutschte und hart auf dem Bauch landete. Die Pistole flog ihr aus der Hand. Rebekka stöhnte, kam auf die Knie und suchte mit den Händen das nasse Gras ab, während der Wind ihr ins Gesicht peitschte. Ihre Finger fuhren durch Grasbüschel und schmierige Erde, doch die Pistole war weg. Sie fluchte laut und eilte ins Haus, das sie nicht abgeschlossen hatten. Einen Augenblick kämpfte sie gegen den Drang an, das Licht einzuschalten, sie fühlte sich plötzlich verletzlich, wie sie da in der Küche stand, unbewaffnet und allein. Wo Ryan wohl war?
Rebekka wartete eine gefühlte Ewigkeit, lehnte sich gegen die Wand, bereit sich zu verteidigen, während sie dem Wüten des Sturms draußen und ihrem klopfenden Herzen lauschte. Etwas bewegte sich im Dunkeln einige Meter von ihr entfernt, und ihre Kehle schnürte sich vor Angst zusammen.
»Rebekka?«
Sie atmete erleichtert auf. »Ich bin hier. Ich habe meine Pistole im Gras verloren. Sie ist weg.« Sie hörte, wie ihre Stimme vor Angst zitterte und ihr Atem in schweren, unregelmäßigen Stößen kam.
»Verdammt«, rief Ryan ärgerlich, und sie wand sich innerlich, kam sich unprofessionell und ungeschickt vor.
»Der Wind …«, begann sie, wurde jedoch vom Klingeln ihres Handys unterbrochen, das sie auf dem Küchentisch liegen gelassen hatte. Sie starrten es beide an, dann streckte sie die Hand danach aus. Die Nummer auf dem Display war unterdrückt.
»Ich bin’s. Reza.« Seine Stimme ging in einem heftigen Rauschen unter, dann verschwand sie kurz. Rebekkas Puls wurde schneller, und sie signalisierte Ryan, dass es Reza war.
»Rebekka«, wiederholte er, »ich muss mit dir reden …« Die Verbindung war plötzlich unterbrochen, dann war seine Stimme wieder da: »Rebekka, ich habe mir das Handy meines Vetters geliehen. Sie suchen nach mir. Wir müssen reden …«
Rezas Stimme verschwand erneut, und nach einer Weile begann das Telefon zu piepsen.
»Sag ihm, dass er herkommen soll.« Sie hörte Ryans Stimme dicht neben ihrem Ohr, roch sein maskulines Aftershave.
»Die Verbindung wurde unterbrochen.«
»Was hat er gesagt?«
»Er hat gesagt, dass wir reden müssen«, antwortete sie.
»Natürlich will er mit dir reden. Du bist seine einzige Chance.« Seine Stimme hatte einen höhnischen Unterton. »Hat er gesagt, wo er ist?«
»Nein, aber ich glaube nicht, dass er hier war. Das muss ein Tier gewesen sein oder nur der Wind.«
Sie sah Ryans Augen in der Dunkelheit glühen.
»Wahrscheinlich hast du recht. Lass uns das Haus durchsuchen und abschließen. Wir machen das besser zusammen, da du deine Waffe verloren hast«, sagte Ryan, und seine Hand schloss sich fester um den Schläger.
Sie brauchten nicht lange, um das kleine Haus durchzugehen, in dem es nur wenige Verstecke gab, alle Türen abzuschließen und ein paar Lampen im Wohnzimmer anzumachen. Rebekka warf einen schnellen Blick auf die gelbe Plastikuhr an der Wand. Es war 22:53. Draußen wütete der Sturm mit unverminderter Stärke, heftiger Regen peitschte jetzt gegen die Scheiben.
Sie setzten sich an den Esstisch. Ryan hatte die Whiskyflasche herausgeholt, schenkte ihnen großzügig ein und reichte ihr ein Glas. Rebekka nahm den Alkohol zögernd an. Sie sollte das nicht, dachte sie, sah aber gleichzeitig ein, dass sie etwas zur Stärkung
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